BtmG § 30 Änderung des Schuldspruchs durch das Revisionsgericht

BGH, Urt. v. 29.03.2021 – 2 Str 14/21

§ 265 StPO steht einer Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, wenn ausgeschlossen werden kann, dass sich der geständige Angeklagte anders als geschehen verteidigt hätte.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 2. auf dessen Antrag – am 29. März 2021 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten O. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 31. August 2020, soweit es ihn betrifft und er verurteilt worden ist, im Schuldspruch dahingehend geändert, dass er wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Erwerbs von Betäubungsmitteln, sowie wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt ist.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten O. und die Revision des Angeklagten S. werden als unbegründet verworfen.

3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe: 

Das Landgericht hat den Angeklagten S. unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten O. hat es ebenfalls unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Daneben hat die Strafkammer jeweils Einziehungsentscheidungen getroffen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie jeweils die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Das Rechtsmittel des Angeklagten O. führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen sind die Revisionen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. a) Soweit es den Angeklagten O. betrifft, bedarf lediglich der Schuldspruch der Änderung. Hinsichtlich der vier Fahrten, in denen der Angeklagte O. in zwei Fällen jeweils 1,5 kg und in zwei weiteren Fällen jeweils 1,0 kg Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland einführte, belegen die Feststellungen mit Blick auf die mittäterschaftliche Einfuhr der Gesamtmenge lediglich eine Beihilfe des Angeklagten zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. In den ersten drei Fällen treten zudem jeweils der An- und Verkauf von 120 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 15,3 % THC als täterschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der Ankauf von jeweils 30 g zum Eigenkonsum als Erwerb von Betäubungsmitteln tateinheitlich hinzu. Der Schuldspruch ist dementsprechend zu ändern; § 265 StPO steht nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, dass sich der geständige Angeklagte anders als geschehen verteidigt hätte. Das Verschlechterungsverbot nach § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO steht einer Verböserung des Schuldspruchs hinsichtlich der ersten drei Fälle nicht entgegen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 4. August 2020 – 3 StR 132/20, NJW 2021, 869, 871 mwN).

b) Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt, dass der Angeklagte am Handeltreiben des Mittäters mit der Gesamtmenge „mit einer untergeordneten Rolle beteiligt“ gewesen ist. Die Einzelstrafen von zweimal zehn Monaten und zweimal acht Monaten sind zudem angesichts der jeweils eingeführten Mengen als äußerst milde zu bezeichnen. Auch die Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe auf einem Jahr und sechs Monaten ist rechtsfehlerfrei. Eine weitere Herabsetzung allein unter dem Gesichtspunkt, dass der Senat die Straftaten rechtlich anderweitig eingeordnet hat, ist deshalb nicht geboten.

2. Die Revision des Angeklagten S. ist unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Es beschwert den Angeklagten nicht, dass er im ersten Fall angesichts der zum Eigenkonsum erworbenen Haschischplatte von 150 g nicht auch wegen tateinheitlichen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist.

3. Angesichts des geringfügigen Teilerfolgs der Revision des Angeklagten O. erscheint es nicht unbillig, diesen Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).