GG Art 1 Abs. 1, GG Art 2 Abs. 1, GG Art 3 Abs. 1, GG Art 19 Abs. 4 Die Verurteilung im spanischen Schnellverfahren muss durch deutsche Gerichte bei entsprechendem Vortrag näher aufgeklärt werden
Mit Beschluss vom 23. Januar 2017, 2 BvR 2584/12, hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf, König am 23. Januar 2017 einstimmig beschlossen:
- Der Beschluss des Kammergerichts vom 12. Oktober 2012 - 4 VAs 49/12 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 19 Absatz 4 und Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.
- Der Beschluss wird aufgehoben.
- Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen.
- Das Land Berlin hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
G r ü n d e :
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Eintragung einer spanischen Schnellverurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung in das Bundeszentralregister.
I.
2
1. Der Beschwerdeführer wurde am 16. Dezember 2010 von einem Strafgericht in Sevilla (Spanien) wegen Beamtennötigung in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf einen Polizeibeamten zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu sechs Euro sowie zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Urteilsfeststellungen wurde der Beschwerdeführer anlässlich eines internationalen Fußballspiels am 15. Dezember 2010 bei Zusammenstößen von Dortmunder Fans und der spanischen Polizei mit 14 weiteren Beschuldigten festgenommen und am nächsten Tag mit diesen gemeinsam abgeurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde in Deutschland in das Bundeszentralregister eingetragen, worüber der Beschwerdeführer erst nach Beantragung eines Führungszeugnisses am 27. September 2011 informiert wurde. Gegen diese Eintragung machte der Beschwerdeführer am 29. September 2011 Einwendungen (vgl. § 55 Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz BZRG) beim Bundesamt für Justiz geltend, wobei er schwere rechtsstaatliche Mängel des zu seiner Verurteilung führenden spanischen Schnellverfahrens rügte.
2. Mit Bescheid vom 27. April 2012 lehnte das Bundesamt für Justiz die Streichung der Eintragung ab, da die Eintragungsvoraussetzungen der § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 BZRG erfüllt seien. Als Registerbehörde sei das Bundesamt für Justiz grundsätzlich nicht befugt, das Verfahren des spanischen Gerichts zu überprüfen. Zwar müssten elementare rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt bleiben, jedoch sei nicht erkennbar, dass diese bei der spanischen Verurteilung missachtet worden seien.
3. Die gegen diesen Bescheid am 7. Mai 2012 erhobene Beschwerde wies das Bundesministerium der Justiz mit Bescheid vom 22. August 2012 zurück. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Eintragung lägen vor. Selbst wenn ein Rechtsmittelverzicht wegen Drohung oder Gewaltanwendung unwirksam gewesen wäre, wäre die eingetragene Entscheidung inzwischen unanfechtbar, da der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel eingelegt habe. Eine Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte sei nicht zu erkennen. Insbesondere sei der Beschwerdeführer auch mit dem beschleunigten Verfahren, gegen das als solches keine Bedenken bestünden, einverstanden gewesen. Schließlich habe die zuständige spanische Ombudsstelle den Vorfall untersucht und kein Fehlverhalten von Polizei oder Justiz festgestellt.
4. Gegen diesen Bescheid beantragte der Beschwerdeführer die gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG. Zur Begründung führte er wie bereits im Verwaltungsverfahren aus, dass die Eintragung in das Bundeszentralregister zu löschen sei, weil seine Verurteilung unter Verstoß gegen den ordre-public-Vorbehalt (§ 53a BZRG) zustande gekommen sei. Er sei von der Polizei körperlich und seelisch äußerst grob behandelt und weder über seine Rechte noch über den Anlass der Festnahme belehrt worden. Eine auf dem Polizeirevier als Dolmetscherin aufgetretene Person habe nur gebrochen Deutsch gesprochen. Sie habe Druck auf die Festgenommenen ausgeübt und erklärt, dass sie im Falle einer Schnellverurteilung mit einer Geldstrafe von bis zu 6.000 Euro zu rechnen hätten, in einem regulären Strafverfahren hingegen mit einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Ein Telefonat sei verweigert worden. Die Festgenommenen seien über Nacht in Gewahrsam geblieben. Am nächsten Morgen sei ihnen von der Dolmetscherin ein Verteidiger vorgestellt worden, der kein Deutsch gesprochen habe. Zur Bestätigung der Wahl des Verteidigers hätten sie ein nur in spanischer Sprache verfasstes Schriftstück unterzeichnen müssen, dessen genauer Inhalt jedoch nicht mitgeteilt worden sei. Die Konsultation eines Verteidigers eigener Wahl sei nicht möglich gewesen. Am Nachmittag des 16. Dezember 2010 seien die Festgenommenen zu einem Gerichtsgebäude transportiert worden. Dort sei ein deutscher Dolmetscher erschienen, der die Fans zu einem Geständnis gedrängt und erklärt habe, in diesem Fall werde eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, sowie zu einer Geldstrafe von 120 Euro erfolgen. Die Beschuldigten müssten lediglich ein vorgefertigtes Geständnis unterzeichnen. Der Dolmetscher habe auch mitgeteilt, dass die Verurteilung in Deutschland keine Konsequenzen habe, insbesondere keine Eintragung in das Führungszeugnis erfolgen werde. Über den Tatvorwurf sei der Beschwerdeführer nicht aufgeklärt worden. Auch ein Anwalt sei in dem Gerichtsgebäude nicht anwesend gewesen. Zur Ablegung des Geständnisses hätte der Beschwerdeführer ein Schriftstück unterschreiben müssen, auf dem lediglich ein spanischer Satz geschrieben gewesen sei, dessen Inhalt weder mitgeteilt noch übersetzt worden sei. Zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung sei neben anderen spanisch sprechenden Personen ein Dolmetscher zugegen gewesen, der jedoch keine Übersetzungstätigkeit geleistet, sondern nur darauf hingewiesen habe, wo das Schriftstück unterzeichnet werden sollte. Es habe keine Möglichkeit bestanden, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Entgegen der Urteilsbegründung habe keine Gerichtsverhandlung stattgefunden, und der Beschwerdeführer habe weder einen Richter noch einen Staatsanwalt gesehen. Möglicherweise habe er unwissentlich einen „Deal“ einschließlich Rechtsmittelverzicht unterzeichnet. Eine Belehrung über Rechtsmittel sei nicht erfolgt. Bei Entlassung sei den Verurteilten das Strafurteil in der spanischen Fassung ohne Unterschrift oder Stempel ausgehändigt worden.
5. Mit Beschluss vom 12. Oktober 2012 hat das Kammergericht den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG als unbegründet verworfen. Die Löschung der Eintragung sei zu Recht abgelehnt worden. Eine inhaltliche Überprüfung des Urteils finde im Registerverfahren grundsätzlich nicht statt. Bei Strafgerichten in der Europäischen Union könne allgemein davon ausgegangen werden, dass das jeweilige Verfahrensrecht rechtsstaatlichen Anforderungen genüge. Es seien auch keine Verstöße gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung oder der Grundrechtecharta ersichtlich. Der ordre public sei erst verletzt, wenn das Verfahren rechtsstaatlichen Mindestanforderungen nicht genüge und der Verstoß ohne jede weitere Nachprüfung offensichtlich erkennbar sei. Die von dem Beschwerdeführer vorgebrachte Kritik an dem spanischen Schnellverfahren sei unbeachtlich, da sie sich nicht auf den konkreten Fall beziehe. Das beschleunigte Verfahren nach §§ 417 ff. StPO und Verständigungen nach § 257c StPO seien im Inland einer vergleichbaren Kritik ausgesetzt und enthielten ebenso wenig einen regelhaften Verstoß gegen elementare Verfahrensgrundsätze wie das spanische Strafverfahren. Dem Beschwerdeführer sei in Spanien hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Sein entsprechender Einwand beziehe sich nur auf das Ermittlungsverfahren. In der Hauptverhandlung seien ihm ein Dolmetscher und ein Verteidiger zur Seite gestellt worden. Der Vorwurf, die Verteidigung sei nicht effektiv oder angemessen gewesen, sei zu wenig konkret. Etwaiges anwaltliches Unvermögen verstieße jedenfalls nicht gegen elementare Verfahrensgrundsätze. Auch soweit sich die Vorwürfe im Übrigen auf den Polizeigewahrsam bezögen, verhülfen sie dem Antrag nicht zum Erfolg. Widersprüchlich sei der Vortrag insofern, als der Beschwerdeführer einerseits von dem deutschen Dolmetscher dazu gedrängt worden sein solle, einen „Deal“ zu unterschreiben, er andererseits aber vorgebe, nicht zu wissen, was er tatsächlich unterschrieben habe. Soweit er geltend mache, er habe vor der Unterzeichnung nicht mit einem Anwalt sprechen können, fehle der wesentliche Hinweis, ob er anwaltlichen Beistand gefordert habe. Zudem sei der Vortrag auch insoweit widersprüchlich, als der Beschwerdeführer an anderer Stelle angegeben habe, dass auf der Polizeistation ein Verteidiger anwesend gewesen sei. Es sei auch nicht erkennbar, warum der Beschwerdeführer in der Verhandlung den „Deal“ nicht widerrufen habe, da er nicht behaupte, dass der Druck der Polizeibehörden während der Verhandlung aufrechterhalten worden sei oder fortgewirkt habe, sondern selbst vortrage, dass er unmittelbar nach der Unterschriftsleistung aus der Haft entlassen worden sei. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer weder die Personen bezeichnet, die ihn unter Druck gesetzt hätten, noch Art und Ausmaß des behaupteten Zwangs beschrieben. Der Beschwerdeführer habe schließlich die Möglichkeit gehabt, Rechtsmittel gegen seine Verurteilung einzulegen.
II.
1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 25, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.
a) Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, weil es das Kammergericht unterlassen habe, die Eintragung dahingehend zu überprüfen, ob die Verurteilung mit allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts vereinbar sei. Zwar gestatte es Art. 19 Abs. 4 GG, dem Betroffenen gewisse Mitwirkungslasten aufzuerlegen, etwa die, alles Zumutbare zu unternehmen, um Verfahrensmängel vor dem zuständigen ausländischen Gericht im Rechtsmittelwege zu beseitigen, jedoch sei dem Beschwerdeführer die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung nicht zumutbar gewesen.
b) Ferner sei sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 25 GG verletzt, da einem gegen ihn ergangenen ausländischen Strafurteil, das unter Verstoß gegen völkerrechtliche Mindeststandards zustande gekommen sei, durch die Eintragung in das Bundeszentralregister innerstaatlich Wirksamkeit verschafft worden sei.
c) Schließlich sei durch die Eintragung besagter Verurteilung ungerechtfertigt in seine Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, insbesondere in seiner Ausprägung als Reisefreiheit, eingegriffen worden.
2. Dem Bundesverfassungsgericht lagen die Akten des Ausgangsverfahrens vor. Die Bundesregierung und das Land Berlin hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde ist durch die Kammer stattzugeben, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen vom Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 in Verbindung mit § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Der angegriffene Beschluss des Kammergerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 GG (1.) und Art. 3 Abs. 1 GG (2.).
1. Der Beschwerdeführer ist durch die Entscheidung des Kammergerichts in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, weil das Kammergericht den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und das Vorbringen des Beschwerdeführers, das in das Bundeszentralregister eingetragene ausländische Strafurteil sei unter Verstoß gegen verfahrensrechtliche Mindeststandards zustande gekommen, nicht ausreichend geprüft hat.
a) An einer dahingehenden Prüfung war das Kammergericht nicht aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehindert.
Zwar sieht der Rahmenbeschluss 2009/315/JI des Rates vom 26. Februar 2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (ABl EU Nr. L 93 vom 7. April 2009, S. 23; im Folgenden: Rahmenbeschluss 2009/315/JI), dessen Frist zur Umsetzung am 27. April 2012 abgelaufen ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 Rahmenbeschluss 2009/315/JI) und der eine Pflicht zur rahmenbeschlusskonformen Auslegung des nationalen Rechts begründet (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2005, Pupino, C-105/03, Slg. 2005, I-5285, Rn. 33 ff.), in seinem Art. 5 Abs. 1 ohne Einschränkung vor, dass die Zentralbehörde des jeweiligen Mitgliedstaats alle ihr übermittelten Informationen über im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates ergangene und in das dortige Strafregister eingetragene Verurteilungen eigener Staatsangehöriger für die Zwecke der Weiterleitung nach Art. 7 des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI speichert. Gemäß Art. 7 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI übermittelt die Zentralbehörde im Falle eines entsprechenden Ersuchens eines anderen Mitgliedstaats Informationen aus dem Strafregister, insbesondere Informationen über in anderen Mitgliedstaaten ergangene Verurteilungen eigener Staatsangehöriger, auch wenn diese vor dem 27. April 2012 übermittelt und im Strafregister eingetragen wurden (vgl. Buchstabe c).
Eine unionsrechtliche Determinierung besteht jedoch nicht im Hinblick auf die innerstaatliche Verwendung der gespeicherten Daten, da der Rahmenbeschluss insoweit keine Regelung trifft. Die Vorschriften des Rahmenbeschlusses bezwecken keine Harmonisierung der nationalen Strafregistersysteme der Mitgliedstaaten; insbesondere verpflichten sie die Mitgliedstaaten nicht, ihr internes Strafregistersystem im Hinblick auf die Verwendung der Informationen für innerstaatliche Zwecke zu ändern (Erwägungsgrund 16 des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI). Die Mitgliedstaaten können daher eigenverantwortlich regeln, ob und wie sie die von anderen Mitgliedstaaten übermittelten Informationen für innerstaatliche Zwecke nutzen (vgl. BTDrucks 17/5224, S. 11). Somit muss die in Art. 5 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI geregelte Speicherung nicht zwingend im Bundeszentralregister erfolgen (vgl. auch § 56b Abs. 1 Satz 1 BZRG).
Soweit der Rahmenbeschluss 2009/315/JI eine Speicherung zum Zweck der Beantwortung von Ersuchen anderer Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses vorschreibt, haben die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Unionsrechts die Grundsätze aus Art. 6 EUV und insbesondere die Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu beachten (vgl. Art. 51 Abs. 1 GRCh, siehe auch Erwägungsgrund 18 des Rahmenbeschlusses). Dementsprechend sieht § 53a Satz 2 BZRG vor, dass die Eintragung der Verurteilung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union unzulässig ist, wenn die Verurteilung im Widerspruch zu der Charta der Grundrechte der Europäischen Union steht. Im Übrigen findet der Anwendungsvorrang des Unionsrechts seine Grenze in den durch Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG für integrationsfest erklärten Grund-sätzen der Verfassung (vgl. BVerfGE 140, 317 <336 ff. Rn. 40 ff.>). Zwar ist einem Mitgliedstaat der Europäischen Union im Hinblick auf die Einhaltung der Grund-sätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich besonderes Vertrauen entgegenzubringen. Dieses Vertrauen wird jedoch erschüttert, wenn der Betroffene hinreichende Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen grundrechtliche Mindeststandards darlegt (vgl. BVerfGE 140, 317 <349 ff. Rn. 67 ff.>). Mit derartigen Darlegungen haben sich die Fachgerichte - sowohl mit Blick auf die grundrechtlichen Gewährleistungen des Unionsrechts als auch hinsichtlich der unabdingbaren Vorgaben des Grundgesetzes - auseinanderzusetzen. Auch hierauf erstreckt sich die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG.
b) Art. 19 Abs. 4 GG verleiht dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, einen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle, das heißt auf eine umfassende Prüfung des Verfahrensgegenstandes (vgl. BVerfGE 101, 106 <122 f.>; 103, 142 <156>; 129, 1 <20>). Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.>; BVerfGK 9, 390 <395>; 9, 460 <463>; 13, 472 <476>; 13, 487 <493>; 17, 429 <430 f.>; 19, 157 <164>; 20, 107 <112>). Um dem Gebot effektiven Rechtsschutzes zu genügen, darf das Fachgericht auf die Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten daher nur verzichten, wenn Beweismittel unzulässig, schlechterdings untauglich, unerreichbar oder für die Entscheidung unerheblich sind. Dagegen darf es von einer Beweisaufnahme nicht schon dann absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeits- oder zeitaufwendig erscheint (Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 224 <September 2016>). Art. 19 Abs. 4 GG ist verletzt, wenn ein Gericht die prozessrechtlichen Möglichkeiten zur Sachverhaltsfeststellung so eng auslegt, dass ihm eine sachliche Prüfung der ihm vorgelegten Fragen nicht möglich ist und das vom Gesetzgeber verfolgte Verfahrensziel deshalb nicht erreicht werden kann (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.> m.w.N.).
Zweck des Verfahrens nach §§ 23 ff. EGGVG ist die Abwehr rechtswidriger Eingriffe der öffentlichen Gewalt in jedenfalls von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Interessen der Antragsteller. Auslegung und Anwendung der §§ 23 ff. EGGVG durch die Oberlandesgerichte haben dem Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 211/12 -, NStZ-RR 2013, S. 187 <187>) und eine wirksame gerichtliche Kontrolle sicherzustellen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Juni 2014 - 2 BvR 517/13 -, juris, Rn. 12). Soweit ein Gericht daher im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG dazu aufgerufen ist, die Eintragungsentscheidung auf ihre Vereinbarkeit mit den einschlägigen grundrechtlichen Mindeststandards hin zu überprüfen, darf es seinen Prüfungsauftrag nicht dadurch verengen, dass es die Feststellungen des Urteils, dessen Verurteilung in das Bundeszentralregister eingetragen wurde, auch dann ohne Weiteres übernimmt, wenn der Vortrag des Antragstellers konkret Anlass zur Prüfung gegeben hätte (vgl. BVerfGE 101, 275 <295> - zum Rehabilitierungsverfahren).
Auf eine Verletzung seiner Verfahrensrechte durch den erkennenden Staat kann sich der Betroffene allerdings nicht berufen, wenn er nicht alles ihm nach den Umständen des jeweiligen Falles Zumutbare unternommen hat, um die behaupteten Verfahrensmängel vor dem zuständigen Gericht des erkennenden Staates, gegebenenfalls im Rechtsmittelweg, zu beseitigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Mai 1987 - 2 BvR 1170/83 -, NJW 1988, S. 1462 <1464>; siehe auch BTDrucks 17/5224, S. 21).
aa) Ein Verstoß gegen das Gebot zureichender Sachverhaltsermittlung und damit eine Verletzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG liegt zunächst darin, dass das Kammergericht die vom Beschwerdeführer beantragte Beweiserhebung mit Blick auf das zu der Verurteilung führende Verfahren unterlassen hat. Es stellt in seinem Beschluss fest, dass dem Beschwerdeführer in einer Hauptverhandlung „sowohl ein Dolmetscher für die deutsche Sprache, als auch ein Verteidiger zur Seite gestellt <wurde>, mit deren Hilfe er dem Verfahren folgen und sich äußern konnte.“ Soweit der Beschwerdeführer vortrage, er sei nicht verteidigt gewesen, in dem Verfahren seien kein Richter und kein Staatsanwalt zugegen gewesen und er habe auch keine Klageschrift erhalten, stehe dies im Widerspruch zur Beschlussformel und zum Inhalt des zu den Akten gereichten Urteils. Das spanische Urteil führt als Verteidigung der Angeklagten drei namentlich genannte Verteidiger an, wobei ein Dolmetscher nicht erwähnt wird. Es lässt jedoch nicht erkennen, ob die Angeklagten und damit auch der Beschwerdeführer tatsächlich zu den Tatvorwürfen gehört wurden, sondern teilt lediglich mit, dass der Beschwerdeführer sich „mit den Taten, worauf sie beruh<en>, mit den Strafen und ggf. mit der zivilrechtlichen Haftung ausdrücklich einverstanden“ erklärt habe. Ferner benennt das Urteil den die Hauptverhandlung führenden Richter und gibt wieder, dass die (nicht weiter individualisierte) Staatsanwaltschaft anwesend gewesen sei. Das Kammergericht führt weiter aus, dass der Beschwerdeführer keine Fälschung des Inhalts der öffentlichen (Urteils-)Urkunde behaupte, von dessen Richtigkeit das Kammergericht grundsätzlich auszugehen habe. Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG demgegenüber jedoch ausdrücklich (durch Unterstreichung) betont, dass er im Gerichtsgebäude mit keinem Anwalt gesprochen habe, da dort kein Verteidiger vor Ort gewesen sei. Auch sei weder ein Richter noch ein Staatsanwalt anwesend gewesen. Der Beschwerdeführer hat für diese Behauptung Beweis angeboten, nämlich damalige Mitangeklagte als Zeugen sowie die Beiziehung der Verfahrensakten des spanischen Gerichts. Zwar hat der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich eine Fälschung des Urteils behauptet; jedoch ergibt sich aus seinem Vortrag, dass das Urteil seiner Ansicht nach das damalige Geschehen nicht wiedergibt. Er hat in folgerichtiger, widerspruchsfreier, konkreter und detailreicher Schilderung dargelegt, inwiefern das Urteil von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht, und dafür auch Beweis angeboten. Vor diesem Hintergrund wäre eine Beweiserhebung veranlasst gewesen, weil die zu beweisenden Tatsachen für die Entscheidung von Bedeutung gewesen wären und die angegebenen Beweismittel geeignet und überdies auch erreichbar waren. Auch wenn das Kammergericht grundsätzlich von der Richtigkeit des spanischen Strafurteils ausgehen konnte, hätte es der substantiierte Vortrag erfordert, die angebotenen Beweise zu erheben. Aus der beschriebenen Erschütterung der Vermutungswirkung durch den Vortrag des Beschwerdeführers und seine Beweisangebote hätte das Kammergericht Konsequenzen ziehen und eine weitere Sachverhaltsaufklärung vornehmen müssen. Der pauschale Hinweis auf die Vermutung der Richtigkeit des spanischen Urteils genügt den aufgezeigten Anforderungen an eine zureichende Sachverhaltsaufklärung hingegen nicht.
bb) Das Kammergericht hat den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG auch dadurch verletzt, dass es der vom Beschwerdeführer durch einen von ihm angeführten deutschsprachigen Aufsatz untermauerten Kritik an der rechtlichen Ausgestaltung und praktischen Handhabung des spanischen Schnellverfahrens nicht nachgegangen ist und eine Aufklärung über die formal-rechtliche Konzeption sowie die tatsächliche Handhabung des Schnellverfahrens unterlassen hat. Der Beschwerdeführer hat bereits in seinem Schriftsatz vom 7. Mai 2012 die auch in Spanien bestehende Kritik an dieser Art von Schnellverfahren unter Angabe eines diese Kritik ausführenden deutschsprachigen Aufsatzes einer spanischen Professorin wiedergegeben, die folgende Einwände gegen das Verfahren erhebt: Ein faires Verfahren sei nicht gewährleistet, weil in der Kürze der Zeit kaum die Möglichkeit bestehe, sorgfältig zu ermitteln und auch entlastende Umstände beizutragen. Weiterhin sei durch den auf die Angeklagten ausgeübten Druck die Selbstbelastungs- sowie die Aussagefreiheit des Angeklagten gefährdet. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass sich unter spanischen Staatsanwälten „der Brauch verbreitet <habe>, eine höhere als die sonst angemessene Strafe zu beantragen, um dadurch dem Angeklagten einen wichtigen Anreiz zu verschaffen, die Conformidad zu erklären“ (Gonzáles Navarro, ZStW 123 <2011>, S. 163 <176>). Schließlich sei die Unbefangenheit beziehungsweise Neutralität des Richters durch die Zuständigkeit des Untersuchungsrichters im beschleunigten (Straf-)Verfahren beeinträchtigt (Gonzáles Navarro, ZStW 123 <2011>, S. 163 <170>). Diese Einwände waren dem Kammergericht bei seiner Entscheidung vor Augen geführt und durch die Angabe des deutschsprachigen Aufsatzes auch nachvollziehbar gemacht worden.
Das Kammergericht hat die Einwände des Beschwerdeführers, das spanische Schnellverfahren verstoße bereits in seiner rechtlichen Konzeption und allgemeinen praktischen Handhabung gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, mit dem pauschalen Hinweis zurückgewiesen, dass in Deutschland eine ähnliche Kritik am beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff. StPO) und an Verfahrensabsprachen (§ 257c StPO) geübt werde, diese aber „ebenso wenig wie der spanische Strafprozess einen regelhaften Verstoß gegen elementare Verfahrensgrundsätze“ enthielten. Angesichts dieser Begründung hat sich das Kammergericht mit der Rechtslage nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt. Die zutreffende Einschätzung, dass die deutschen Regelungen über das beschleunigte Verfahren und die Verständigung den völkerrechtlichen Mindeststandard nicht unterschreiten, sagt nichts über die Beurteilung des spanischen Schnellverfahrens aus, das mit dem deutschen erkennbar nicht identisch ist.
cc) Entgegen der Auffassung des Kammergerichts hat der Beschwerdeführer alles nach den Umständen des konkreten Falles Zumutbare unternommen, um die (vermeintlichen) Verfahrensmängel zu beseitigen. Der Beschwerdeführer musste nicht ausdrücklich vortragen, warum er nicht zu Protokoll der „Hauptverhandlung“ oder unverzüglich im Anschluss an die Sitzung Rechtsmittel eingelegt und die von ihm angeführten Verfahrensfehler vorgebracht hat. Zunächst ist bereits unklar, ob überhaupt die rechtliche Möglichkeit einer Rechtsmitteleinlegung bestand und, wenn ja, ob es darüber hinaus im spanischen Recht zulässig ist, Rechtsmittel zu Protokoll der Hauptverhandlung einzulegen. Selbst wenn diese Möglichkeit bestanden hätte, wäre dem Beschwerdeführer die Einlegung eines Rechtsmittels nicht zumutbar gewesen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass dem Urteil keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war und auch sonst keine Belehrung erfolgt sein soll. Ohne eine Rechtsbehelfsbelehrung ist es aber insbesondere dem juristischen Laien in der Regel nicht möglich, sich Kenntnis über die Rechtsbehelfsmöglichkeiten zu verschaffen, so dass dem Betroffenen die aufgezeigte Mitwirkungspflicht nicht in zumutbarer Weise auferlegt werden kann. Zudem wurde dem Beschwerdeführer das Urteil lediglich in einer spanischen Fassung ausgehändigt und vor Ort nicht übersetzt, das heißt, selbst wenn es eine Rechtsbehelfsbelehrung gegeben hätte, wäre es dem Beschwerdeführer, der keine spanischen Sprachkenntnisse besitzt, nicht zumutbar gewesen, Rechtsmittel einzulegen. Schließlich ergibt sich die Unzumutbarkeit einer Rechtsmitteleinlegung vor Ort auch daraus, dass dem Beschwerdeführer im Anschluss an eine Rechtsmitteleinlegung - so sie denn möglich gewesen sein sollte - mit gewisser Wahrscheinlichkeit die erneute Festnahme gedroht hätte, da das Geständnis (sowie ein möglicherweise vom Beschwerdeführer unwissentlich erklärter Rechtsmittelverzicht) die maßgebliche Bedingung für die Freilassung war. Die (Un-)Zumutbarkeit der Rechtsmitteleinlegung ist auch mit Blick auf die Zeit nach der Rückkehr des Beschwerdeführers aus Spanien nicht anders zu beurteilen. Zwar bestand die vom Beschwerdeführer angenommene bedrohliche Lage zu diesem Zeitpunkt nicht mehr; jedoch ist auch insoweit maßgeblich, dass ihm in Spanien keine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt und eine solche auch später nicht übermittelt worden war. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer nach eigenem Vortrag einen Antrag an die spanische Ombudsstelle in Madrid gestellt (der negativ beschieden wurde), Akteneinsicht begehrt (worauf keine Antwort durch die spanischen Behörden erfolgte) und mehrere vergebliche Versuche unternommen, spanische Anwälte für eine Anfechtung des Urteils zu finden. Diesbezüglich hat er auch Beweis angeboten, der vom Kammergericht jedoch nicht erhoben wurde.
2. Das Kammergericht hat zudem den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausformung als Willkürverbot verletzt.
a) Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt bei gerichtlichen Entscheidungen nicht schon dann vor, wenn die Rechtsanwendung Fehler enthält, sondern erst und nur dann, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 74, 102 <127>; 83, 82 <84>; 87, 273 <278 f.>). Dieser Maßstab gilt auch für die verfassungsrechtliche Überprüfung der von den Fachgerichten vorgenommenen Beweiswürdigung und der von ihnen getroffenen tatsächlichen Feststellungen (vgl. BVerfGE 4, 294 <297>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 21. August 1996 - 2 BvR 1304/96 -, NJW 1997, S. 999 <1000>).
b) Die Entscheidung verstößt gegen das Willkürverbot, da die Würdigung des Vortrags des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar ist.
aa) Die Auffassung des Kammergerichts, der Beschwerdeführer habe seinen Einwand, er sei zu den Tatvorwürfen nicht gehört worden, ausschließlich auf das Ermittlungsverfahren bezogen beziehungsweise habe unzureichendes oder fehlendes rechtliches Gehör in der spanischen Hauptverhandlung nicht vorgetragen, ist angesichts des gegenteiligen Vortrags des Beschwerdeführers nicht verständlich. Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG unter der Überschrift „Kein rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)“ ausdrücklich und durch Unterstreichung gesondert hervorgehoben, dass ihm „zu keinem Zeitpunkt das Recht eingeräumt <wurde>, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.“ Sein Vortrag bezieht sich sogar ausdrücklich auf die Begebenheiten im Gerichtsgebäude, das heißt auf die vermeintliche Hauptverhandlung. Auch in den vorherigen Schriftsätzen an das Bundesamt für und das Bundesministerium der Justiz ist nicht davon die Rede, er sei nur im Ermittlungsverfahren nicht zu den Vorwürfen gehört worden. Diese Würdigung des Vortrags des Beschwerdeführers verstößt aufgrund ihrer offensichtlichen Fehlerhaftigkeit gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
bb) Der Beschluss des Kammergerichts verstößt ferner gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit in der Begründung ausgeführt wird, dass der Vortrag des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner fehlenden Kenntnis vom Inhalt des von ihm unterschriebenen Geständnisses widersprüchlich sei, weil er einerseits vortrage, ein Dolmetscher habe ihm Inhalt und Auswirkungen der ihm angeratenen Verständigung erklärt, woraufhin er „den vorgefertigten ‚Deal’“ unterschrieben habe, er andererseits jedoch ausgeführt habe, den Inhalt des unterzeichneten Textes nicht gekannt zu haben. Diese Würdigung ist nicht mehr nachvollziehbar, da der vom Kammergericht angenommene Widerspruch im Vortrag des Beschwerdeführers offenkundig nicht besteht. Der Beschwerdeführer hat zwar vorgetragen, dass die Angeklagten in einer Vorführzelle im Gerichtsgebäude mit einem Dolmetscher gesprochen hätten, der ihnen einen „Deal“ vorgeschlagen habe, wonach gegen sie nach der Unterzeichnung eines Geständnisses eine Freiheitsstrafe zur Bewährung mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren sowie eine Geldstrafe in Höhe von 120 Euro verhängt würden. In der Folge musste es für den Beschwerdeführer daher naheliegend erscheinen, dass nach einer Unterschrift die skizzierte Strafe verhängt würde. Er hat jedoch nicht vorgetragen, dass ihm auch die Bedeutung des Satzes in dem von ihm zu unterzeichnenden Schriftstück erläutert worden sei. Was der Beschwerdeführer mit der Unterschrift gestehen würde, war ihm nach seiner Auskunft nicht bekannt, weil der Satz nicht ins Deutsche übersetzt worden sei. Insbesondere soll der Beschwerdeführer nach dem Inhalt des spanischen Urteils mit seiner Unterschrift auch einen Rechtsmittelverzicht erklärt haben. Über einen solchen Verzicht war er jedoch nach eigenem Vortrag zuvor von Seiten des Dolmetschers nicht aufgeklärt worden. Der Vortrag des Beschwerdeführers, er habe keine Kenntnis von diesem Verzicht gehabt, erscheint daher keineswegs widersprüchlich.
cc) Überdies verstößt die Annahme des Kammergerichts, wonach sich die Antragsbegründung nicht dazu verhalte, weshalb der Beschwerdeführer das in der Vorführzelle unter „Druck“ abgegebene Geständnis später - in der Hauptverhandlung - nicht widerrufen habe, gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
(1) Konkret stellt sich bereits die Feststellung des Kammergerichts als willkürlich dar, wonach der Beschwerdeführer die Person(en), die ihn unter Druck gesetzt hätten, ebenso wenig bezeichnet habe wie Art und Ausmaß des nur unbestimmt umschriebenen Zwangs. Insbesondere ist es vor dem Hintergrund des gegenteiligen Vortrags des Beschwerdeführers nicht mehr nachvollziehbar, wie das Kammergericht zu der Feststellung gelangt, der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, dass die körperliche Gewalt sein Verhalten in der vermeintlichen Hauptverhandlung beeinflusst habe. Art und Ausmaß des ausgeübten Drucks wurden durch den Beschwerdeführer entgegen den Ausführungen des Kammergerichts tatsächlich ausreichend umschrieben. Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, dass der Dolmetscher gesagt habe, „entweder ihr gesteht oder ihr bekommt ein richtiges Verfahren“ mit der Folge einer lang anhaltenden Inhaftierung. Zudem hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er eineinhalb bis zwei Stunden „in Eiseskälte“ an einer Stadionwand zubringen musste, wobei jede (Kopf-)Bewegung mit Schlägen und Tritten quittiert worden sei. Auf dem Polizeirevier seien die Fans von einem Polizeibeamten mit einem Keilriemen in der Hand empfangen worden und weiteren Schlägen und Tritten sowie „nationalsozialistischen Äußerungen“ ausgesetzt gewesen. Weiter hat der Beschwerdeführer vorgetragen, dass er die Nacht unter unmenschlichen Haftbedingungen zugebracht habe. Außerdem habe er von Fällen von Fans anderer Bundesligavereine und ausländischer Clubs gewusst, in denen die Betroffenen teilweise 46 Tage in Untersuchungshaft in einem spanischen Hochsicherheitstrakt verbracht hätten. Er sei wie die anderen „verängstigten, sich hilflos fühlenden und mittlerweile verzweifelten Fans <…> nach der fast eintägigen unmenschlichen Haftsituation auf das ‚Angebot‘ eingegangen um frei zu kommen.“ Schließlich hat der Beschwerdeführer - wie das Kammergericht später auch ausführt - mit dem Dolmetscher in dem Gerichtsgebäude die Person benannt, von der der Druck ausging, das Geständnis zu unterschreiben. Dass es sich bei dem Dolmetscher nicht um einen Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden oder des Gerichts handelt, ist demgegenüber nicht von maßgeblicher Bedeutung, da der Dolmetscher durch das Gericht in das Verfahren eingeschaltet wurde.
(2) Ferner stellt sich auch die Würdigung des Vortrags des Beschwerdeführers durch das Kammergericht als willkürlich dar, wonach der Beschwerdeführer „nach eigenem, insoweit mit den Urteilsgründen übereinstimmendem Vorbringen unmittelbar nach der Unterschriftsleistung aus der Haft entlassen worden <sei>, so dass der Druck, aus der Haft entlassen zu werden, jedenfalls keine Bedingung für das Verhalten des Antragsstellers in der Hauptverhandlung und seine Entscheidung, sich während des Termins damit einverstanden zu erklären, dass ein Urteil gemäß der Klageschrift gesprochen wird, gewesen sein kann.“ Eine zeitliche Divergenz zwischen dem Ablegen des Geständnisses und der Hauptverhandlung bestand nach dem Vortrag des Beschwerdeführers nämlich gerade nicht. Nach der Unterschriftsleistung schloss sich nach den Ausführungen des Beschwerdeführers keine Hauptverhandlung mehr an. In der Folge musste sich der Vortrag des Beschwerdeführers nicht dazu verhalten, warum er das Geständnis in der vermeintlichen Hauptverhandlung nicht widerrufen hat.
dd) Schließlich verstößt auch die Feststellung des Kammergerichts, der Vortrag des Beschwerdeführers, er habe vor der Unterzeichnung des Geständnisses nicht mit einem Verteidiger sprechen können, widerspreche seiner Darlegung an anderer Stelle, wonach ein Verteidiger „auf der Polizeistation“ anwesend gewesen sei, gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der vom Kammergericht aufgezeigte Widerspruch besteht offensichtlich nicht. Der Beschwerdeführer hat ausgeführt, dass er in dem Gerichtsgebäude nicht mit einem Verteidiger habe sprechen können, da der auf dem Polizeirevier präsente Verteidiger - entgegen dem Urteilsinhalt - im Gerichtsgebäude nicht anwesend gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Erläuterung des Inhalts der Verständigung durch den Dolmetscher war somit nach seinem Vortrag kein Verteidiger zugegen.
3. Da der angegriffene Beschluss schon wegen Verstößen gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG keinen Bestand hat, braucht nicht entschieden zu werden, ob der Beschluss weitere Grundrechte verletzt.
4. Der Beschluss des Kammergerichts ist hiernach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Kammergericht zurückzuverweisen.
Huber | Kessal-Wulf | König |