StGB § 13 Abs. 1 Garantenpflicht und Gefahrzusammenhang bei Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge

StGB § 13 Abs. 1 Garantenpflicht und Gefahrzusammenhang bei Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge
BGH, Urteil v. 22. November 2016 – 1 StR 354/16 (BGHSt)

1. Die tatsächliche Herrschaft über die in eine Wohnung mitgebrachte und dort für andere zugängliche Flasche mit dem hochgradig gesundheits- und lebensgefährlichen GBL begründet eine Garantenpflicht.

2. Bei einer Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge ist der erforderliche spezifische Gefahrzusammenhang regelmäßig – soweit nicht allgemeine Gründe für einen Ausschluss der Zurechenbarkeit der schweren Folge eingreifen – gegeben, wenn der Garant in einer ihm vorwerfbaren Weise den lebensgefährlichen Zustand herbeigeführt hat, aufgrund dessen der Tod der zu schützenden Person eintritt.

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 10. Dezember 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtmittels, an eine andere als Schwurgerichtskammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, vor allem gegen die Beweiswürdigung des Tatgerichts gerichteten Revision.

I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts traf der an einer Abhängigkeit von Opiaten, Benzodiazepinen, Amphetaminen und Gammabutyrolacton (letzteres nachfolgend: GBL) leidende Angeklagte in der Tatnacht in einem Bamberger „Club“ auf eine Gruppe, zu der auch die später Geschädigten G. und B. gehörten. G. lud die Gruppe und den Angeklagten dazu ein, in der Wohngemeinschaft des Geschädigten G. weiter zu feiern. Unmittelbar nach Eintreffen dort konsumierte der Ange klagte auf der Toilette GBL in einer Dosis von etwa 2 bis 2,5 ml. Die Konsummenge entnahm er mittels einer Spritze einer ½-Liter PET-Flasche, die mit unverdünntem und hochkonzentriertem GBL gefüllt war. Diese Flasche führte er in seiner Hosentasche mit sich. Im Wohnzimmer stellte der Angeklagte die Flasche auf dem Boden neben seinen Füßen ab. Zumindest gegenüber einigen der in der Wohnung Anwesenden äußerte er, dass sich in der Flasche GBL befinde und dieses nur in ganz kleinen Konsumeinheiten eingenommen werden dürfe. Zwischen 4.45 Uhr und 5.00 Uhr nahm der zu diesem Zeitpunkt stark alkoholisierte später verstorbene G. die PET-Flasche des Angeklagten an sich und trank daraus eine nicht näher bekannte Menge GBL. Anschließend reichte er die Flasche an den ebenfalls erheblich unter Alkoholeinfluss stehenden Zeugen B. weiter. Dieser trank wenige Schlucke des GBL. Beiden war bewusst, dass sich GBL in der Flasche befand. Sie gingen jedoch jeweils von einer konsumfähigen, keine Lebensgefahr hervorrufenden Dosierung aus. Der Angeklagte hatte die Einnahme des GBL durch den Zeugen B. gesehen. Über den Konsum seitens des später verstorbenen Geschädigten G. unterrichteten ihn andere in der Wohnung Anwesende. B. und G. hielten sich noch kurze Zeit im Wohnzimmer auf. Aufgrund der Wirkungen des GBL wurden sie jedoch müde und gingen in das Schlafzimmer von G., wo sie alsbald einschliefen. In der Folgezeit begab sich der Angeklagte wie andere in der Wohnung befindliche Personen auch in das Schlafzimmer, um nach beiden zu sehen. Dabei hatten diese Personen nicht den Eindruck, die schlafenden B. und G. befänden sich in Lebensgefahr. Während seines Aufenthalts im Schlafzimmer erhielt der Angeklagte keine Informationen, die auf eine Verschlechterung des Zustands der beiden hätten hindeuten können. Im weiteren Verlauf des Geschehens wurden die beiden Geschädigten von den Zeugen Bu. und Gr. auf dem Bett jeweils in eine stabile Seitenlage gebracht und beobachtet. Einige Zeit später kehrte der Zeuge W., ein weiteres Mitglied der Wohngemeinschaft, in die Wohnung zurück. Gemeinsam mit dem Angeklagten begab er sich in das Schlafzimmer des Geschädigten G.. Dort wurde der Zeuge über den GBL-Konsum der beiden unterrichtet. Der Zeuge W. erkannte keine gefährliche Situation für die Geschädigten. Veranlassung, Rettungskräfte zu verständigen, sah er daher nicht. Vielmehr ging er davon aus, dass die Zeugen Bu. und Gr., den er – ebenso wie der Angeklagte – fälschlich für einen Sanitäter hielt, sich weiter um die Geschädigten kümmerten. Der Zeuge W. forderte die noch anwesenden Gäste auf, die Wohnung zu verlassen. Nachdem der Angeklagte noch einmal mit W. gesprochen hatte, kam er dessen Verlangen nach und verließ die Wohnung. Als der Zeuge W. erneut in das Schlafzimmer des Geschädigten G. kam, sah W., dass dessen Gesundheitszustand sich erheblich verschlechtert hatte und der Geschädigte sich in lebensbedrohlichem Zustand befand. Der Zeuge setzte einen Notruf ab. Beide Geschädigten wurden in ein Krankenhaus eingeliefert. Der Geschädigte G. war vor dem Transport dorthin durch einen Notarzt reanimiert worden. G. verstarb vier Tage später infolge des durch das GBL verursachten Atemstillstands und einer dadurch hervorgerufenen hypoxischen Hirnschädigung. Der Zeuge B. wurde zwischenzeitlich maschinell beatmet und konnte bereits an dem auf die Tat folgenden Tag ohne überdauernde gesundheitliche Beeinträchtigungen aus stationärer Behandlung entlassen werden.

2. Das Landgericht hat das Geschehen als durch den Angeklagten im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit begangene fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) zum Nachteil des getöteten G. in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) zu Lasten des Zeugen B. gewertet. Die Überzeugung vom Vorliegen eines bedingten Tötungsvorsatzes bei dem Angeklagten hat es sich weder bezogen auf den Zeitpunkt des Abstellens der Flasche mit dem GBL auf dem Fußboden des Wohnzimmers noch für den der Wahrnehmung des Konsums durch B. und G. oder auf einen späteren Zeitpunkt, etwa dem der Kenntnis des Angeklagten davon, dass die Geschädigten schlafend auf dem Bett lagen, zu bilden vermocht (UA S. 28). Insbesondere ergaben sich nach der Wertung des Landgerichts keine Umstände, aus denen ausreichend tragfähig darauf hätte geschlossen werden können, dass der Angeklagte den Tod der beiden Geschädigten bzw. eines von ihnen billigend in Kauf genommen hatte (UA S. 29 ff.). II. Die vom Generalbundesanwalt teilweise vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine Verurteilung des Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) zum Nachteil des verstorbenen G. abgelehnt hat, weisen durchgreifende Rechtsfehler auf. Insbesondere ist vom Landgericht nicht erkennbar in den Blick genommen worden, dass nach den getroffenen Feststellungen als Grunddelikt der Erfolgsqualifikation des § 227 StGB eine Körperverletzung durch Unterlassen (§ 223 Abs. 1, § 13 Abs. 1 StGB) in Betracht kam. In Bezug auf Straftaten zum Nachteil des geschädigten Zeugen B. ist das Landgericht seiner Kognitionspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen, weil es die angeklagte Tat ausschließlich als durch positives Tun begangene fahrlässige Körperverletzung gemäß § 229 StGB, nicht aber unter dem Aspekt einer durch Unterlassen verwirklichten vorsätzlichen Körperverletzung gewürdigt hat.

1. Das Tatgericht hat eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 Abs. 1 StGB zu Lasten des Geschädigten G. mit der Begründung verneint, es habe sich nicht von der Begehung einer vorsätzlichen Körperverletzung durch den Angeklagten überzeugen können (UA S. 34). Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.

a) Ausdrückliche beweiswürdigende Erwägungen zu den Gründen, auf-grund derer das Landgericht eine solche Überzeugung nicht hat gewinnen können, enthält das angefochtene Urteil nicht. Aus dessen Gesamtzusammenhang lassen sich für das Revisionsgericht nachvollziehbar dargelegte Gründe dafür allenfalls insoweit entnehmen, als Körperverletzungsvorsatz für den Zeitpunkt bzw. Zeitraum vor dem Konsum des GBL durch die Geschädigten verneint wird. Nach den getroffenen Feststellungen und der zugrundeliegenden Beweiswürdigung hätte der Angeklagte zwar bei dem Abstellen der Flasche mit dem GBL im Wohnzimmer angesichts des Zustands der übrigen Gäste in der Wohnung damit rechnen müssen, dass die Kenntnis vom Vorhandensein des Stoffs „Neugierde und Begehrlichkeiten“ bei diesen wecken würde (UA S. 7). Das Tatgericht hat aber gerade nicht feststellen können, dass der Angeklagte bezogen auf das Abstellen der Flasche und die Mitteilung über ihren Inhalt, die Möglichkeit eines Konsums durch in der Wohnung Anwesende und dadurch bewirkter gesundheitlicher Beeinträchtigungen konkret erkannt hat. Diese Wertung wird durch die übrigen Feststellungen und die Beweiswürdigung insgesamt auch ohne nähere Ausführungen getragen.

b) Die tatrichterliche Beweiswürdigung lässt aber nicht erkennen, aus welchen Gründen es an einem jedenfalls auf das Merkmal der Gesundheitsschädigung i.S.v. § 223 Abs. 1 StGB bezogenen Vorsatz des Angeklagten für den Zeitraum nach dem von diesem beobachteten (bzgl. des geschädigten Zeugen B.) bzw. ihm bekannt gewordenen (bzgl. des Geschädigten G.) Konsum von GBL durch die Geschädigten fehlen soll. Das Landgericht hat – anders als bzgl. seiner Ausführungen zu einem durch Unterlassen (§ 13 Abs. 1 StGB) verwirklichten Totschlag (§ 212 StGB) oder Mord (§ 211 StGB) zum Nachteil von G. – die Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen Körperverletzung durch Unterlassen zu Lasten beider Geschädigter aufgrund des Verhaltens des Angeklagten nach Kenntnis der durch Trinken aus der Flasche erfolgten Aufnahme von GBL nicht erkennbar in Betracht gezogen. Es fehlt dementsprechend an einer Beweiswürdigung, die die Wertung des Landgerichts stützen könnte, vom Vorliegen eines Körperverletzungsvorsatzes nicht überzeugt zu sein. Einer solchen Beweiswürdigung hätte es aber bedurft. Nach den im Übrigen getroffenen Feststellungen kam eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Körperverletzung durch Unterlassen (§ 223 Abs. 1, § 13 Abs. 1 StGB) zu Lasten beider Geschädigter in Betracht.

aa) Vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB kann durch einen Garanten verwirklicht werden, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges trotz vorhandener Möglichkeit dazu pflichtwidrig nicht abwendet. Ein von § 223 Abs. 1 StGB erfasster Erfolg in Gestalt der Gesundheitsschädigung kann auch darin liegen, dass bei einem behandlungsbedürftigen Zustand einer Person die gebotene ärztliche Versorgung nicht bewirkt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 1995 – 4 StR 129/95, NStZ 1995, 589 mwN; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Januar 1989 – 2 Ss 302/88, NStZ 1989, 269 f.; BeckOK-StGB/Eschelbach, 32. Edition, § 223 Rn. 30 mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 23. Oktober 2007 – 1 StR 238/07 [insoweit in NStZ 2008, 150 f. nicht abgedruckt]).

(1) Eine solche Situation war auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen gegeben, nachdem die Geschädigten unverdünntes GBL in nicht genau bekannter Menge direkt aus der Flasche des Angeklagten getrunken hatten. Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, bewirkt GBL im Verlaufe der Zeit eine Atemdepression und im Weiteren eine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff, wenn nicht rechtzeitig – wie beim geschädigten Zeugen B. – eine künstliche Beatmung erfolgt. Unterbleibt die gebotene ärztliche Behandlung, erweist sich die Verschlechterung des durch die Wirkung des GBL ohnehin hervorgerufenen pathologischen Zustands als Gesundheitsschädigung i.S.v. § 223 Abs. 1 StGB. Diese hätte durch das Herbeirufen ärztlicher Hilfe abgewendet werden können.

(2) Für die Abwendung dieses Erfolges der Körperverletzung hatte der Angeklagte gemäß § 13 Abs. 1 StGB auch rechtlich einzustehen. Dies resultiert aus seiner tatsächlichen Herrschaft über die von ihm in die Wohnung mitgebrachte und dort für andere zugängliche Flasche mit dem hochgradig gesundheits- und lebensgefährlichen GBL (BGH, Beschluss vom 5. August 2015 – 1 StR 328/15, BGHSt 61, 21 Rn. 9).

(3) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen war seine aus der Herrschaft über die Gefahrenquelle resultierende Pflicht zur Abwendung der vorstehend dargestellten Gesundheitsschädigung auch nicht durch eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung der Geschädigten B. und G. ausgeschlossen. Denn es mangelt bereits an der Eigenverantwortlichkeit der Selbstgefährdung beider. Diese setzt voraus, dass der sich selbst Gefährdende (oder Verletzende) das eingegangene Risiko für das betroffene eigene Rechtsgut jedenfalls in seinem wesentlichen Grad zutreffend erkannt hat (BGH, Beschluss vom 5. August 2015 – 1 StR 328/15, BGHSt 61, 21 Rn. 17; in der Sache ebenso bereits BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – 1 StR 494/13, BGHSt 59, 150, 169 f. Rn. 80), wenn ihm auch nicht sämtliche rechtsgutbezogenen Risiken im Einzelnen bekannt zu sein brauchen (so BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 5 StR 491/10, NStZ 2011, 341, 342; siehe zudem BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – 1 StR 494/13, BGHSt 59, 150, 169 f. Rn. 80 f.; BGH, Beschluss vom 5. August 2015 – 1 StR 328/15, BGHSt 61, 21 Rn. 17). Nach den tatgerichtlichen Feststellungen haben beide Geschädigte das Ausmaß des mit dem Trinken des GBL aus der Flasche verbundenen Risikos grundlegend verkannt. Sie gingen nämlich beide von einer Konzentration des Wirkstoffs in einer konsumfähigen Dosis (UA S. 7), d.h. in einer verdünnten Form aus. Angesichts des tatsächlich unverdünnten und hochkonzentrierten GBL war ihnen damit der wesentliche Grad des mit dem Konsum für ihre jeweilige Gesundheit verbundenen Risikos nicht bewusst. Bereits dies schließt die Eigenverantwortlichkeit aus. Zudem standen beide Geschädigte im Zeitpunkt der Einnahme unter nicht unerheblichem Einfluss von Alkohol sowie THC, Amphetamin und (insoweit nur der Geschädigte G.) Methamphetamin (UA S. 10 f.). Das ist regelmäßig für die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung von nicht unerheblicher Bedeutung.

bb) Drängte sich daher das Vorliegen des äußeren Tatbestandes von Körperverletzungen durch Unterlassen zum Nachteil beider Geschädigter auf, hätte das Landgericht den jeweils darauf bezogenen, wenigstens bedingten Vorsatz des Angeklagten beweiswürdigend näher erörtern müssen. Daran fehlt es.

cc) Beweiswürdigende Darlegungen zum Vorsatz einer Körperverletzung zu Lasten beider Geschädigter durch Unterlassen waren nicht deshalb verzichtbar, weil das Landgericht mit einer für sich genommen rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung einen (wenigstens) bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten hinsichtlich beider Geschädigter für den Zeitraum nach der Einnahme des GBL durch B. und G. ausgeschlossen hat (UA S. 28 ff.). Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht zwar, insbesondere aus den Wahrnehmungen der übrigen Gäste in der Wohnung und vor allem des Zeugen W. über den Gesundheitszustand der beiden Geschädigten, den möglichen Schluss gezogen, dass auch der Angeklagte aufgrund der ihm bekannten konkreten Umstände nach dem Konsum nicht von einer konkret lebensbedrohlichen Lage ausgegangen und den Tod beider nicht billigend in Kauf genommen hat (UA S. 29 und 30). Diese Erwägungen schließen jedoch einen (bedingten) Körperverletzungsvorsatz, der auf eine – nicht notwendig lebens-bedrohliche – Verschlechterung des Gesundheitszustandes und der Möglichkeit von deren Abwendung gerichtet ist, nicht aus.

c) Hinsichtlich des Geschädigten G. kam darüber hinaus auch eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge (§ 227 Abs.1, § 13 Abs. 1 StGB) in Betracht.

aa) Die Möglichkeit, § 227 StGB durch einen Garanten aufgrund einer Körperverletzung durch Unterlassen zu verwirklichen, ist in der Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 30. März 1995 – 4 StR 768/94, BGHSt 41, 113, 118 und vom 20. Juli 1995 – 4 StR 129/95, NStZ 1995, 589 f.; Beschluss vom 20. Juli 2006 – 3 StR 244/06, StraFo 2006, 466 f.; vgl. auch Urteil vom 23. Oktober 2007 – 1 StR 238/07 Rn. 30 [insoweit in NStZ 2008, 150 f. nicht abgedruckt]) und der Strafrechtswissenschaft (siehe nur Ingelfinger GA 1997, 573 ff.; BeckOK-StGB/ Eschelbach aaO § 227 Rn. 3 und 11; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 227 Rn. 1 und 6a; Hardtung in Münchener Kommentar zum StGB, Band 1, 3. Aufl., § 18 Rn. 47; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 227 Rn. 1) anerkannt.

bb) Nach den bislang vom Landgericht getroffenen Feststellungen ist eine Strafbarkeit des Angeklagten gemäß § 227 Abs. 1, § 13 Abs. 1 StGB auch nicht aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Weder die sogenannte Modalitätenäquivalenz (§ 13 Abs. 1 StGB „das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht“) noch der bei erfolgsqualifizierten Delikten erforderliche spezifische Gefahrzusammenhang stünden entgegen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der in dem Urteil des 4. Strafsenats vom 20. Juli 1995 (4 StR 129/95, NStZ 1995, 589 f.) geäußerten Rechtsauffassung, in Fällen, in denen die Körperverletzung durch Unterlassen verwirklicht werde, komme eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung mit Todesfolge nur in Betracht, wenn erst durch das Unterbleiben der gebotenen Handlung eine Todesgefahr geschaffen wird, in dieser Allgemeinheit gefolgt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. Juli 2006 – 3 StR 244/06, StrafFo 2006, 466 f.). Denn der 4. Strafsenat hat in dem genannten Urteil entschieden, von den vorgenannten Voraussetzungen sei „ohne Weiteres in den Fällen auszugehen, in denen erst der Unterlassungstäter den zum Tode führenden Zustand verursacht hat“ (BGH aaO NStZ 1995, 589, 590). Dementsprechend hatte derselbe Senat in einer früheren Entscheidung die Verurteilungen der dortigen Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge in einer Fallgestaltung nicht beanstandet, in der diese ihr Kind unzureichend versorgt und der dadurch hervorgerufene atrophische Zustand die unmittelbare Ursache für den später – bei dem Bemühen, nunmehr das Kind mit Nahrung zu versorgen – eingetretenen Erstickungstod des Kindes bildete (BGH, Beschluss vom 18. März 1982 – 4 StR 12/82 bei Holtz MDR 1982, 624, zustimmend Wolter GA 1984, 443, 446). Soweit in der Strafrechtswissenschaft das Urteil des 4. Strafsenats vom 20. Juli 1995 (aaO) dahingehend gedeutet wird, der Senat habe sämtliche Fallgestaltungen aus dem Anwendungsbereich von § 227 StGB (§ 226 StGB aF) ausnehmen wollen, in denen das Unterlassen an eine erhebliche lebensgefährliche Vorschädigung des später zu Tode Gekommenen anknüpft (Ingelfinger GA 1997, 573, 582), findet dies in dem Urteil selbst so keine Stütze. Vielmehr hat der 4. Strafsenat unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, vom Vorliegen des spezifischen Gefahrzusammenhangs stets bei Verursachung des zum Tode führenden Zustands durch den Garanten auszugehen (BGH aaO NStZ 1995, 589, 590). In Übereinstimmung damit ist der Senat der Auffassung, dass der spezifische Gefahrzusammenhang bei einer Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge (§ 227 Abs. 1, § 13 Abs. 1 StGB) regelmäßig – soweit nicht allgemeine Gründe eines Ausschlusses der Zurechenbarkeit der schweren Folge eingreifen – dann gegeben ist, wenn der Garant bereits in einer ihm vorwerfbaren Weise den lebensgefährlichen Zustand herbeigeführt hat, aufgrund dessen der Tod der zu schützenden Person eintritt. In welchen Konstellationen darüber hinaus die Voraussetzungen einer Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge gegeben sein können, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe kam eine Strafbarkeit des Angeklagten aus § 227 StGB zu Lasten des Geschädigten G. in Betracht. Diese hat das Landgericht aus den dargelegten Gründen mit rechtsfehlerhafter Begründung verneint.

2. Im Hinblick auf nach den getroffenen Feststellungen ernsthaft in Betracht kommende Straftaten zum Nachteil des geschädigten Zeugen B. ist eine solche – wie dargelegt – wegen Körperverletzung durch Unterlassen vom Landgericht unter Verstoß gegen seine Pflicht zur erschöpfenden Aburteilung der angeklagten Tat (§ 264 StPO) nicht erörtert worden.

3. Die teils rechtsfehlerhafte, teils unterbliebene Erörterung vorsätzlicher Körperverletzungsdelikte zum Nachteil beider Geschädigter führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Da das Landgericht bezüglich vorsätzlicher Körperverletzungsdelikte zu Lasten des verstorbenen Geschädigten G. einen solchen Vorsatz rechtsfehlerhaft verneint hat, bedarf es auch der Aufhebung der zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu sämtlichen in Betracht kommenden Straftatbeständen zu Lasten der beiden Geschädigten zu ermöglichen, erfasst die Aufhebung sämtliche Feststellungen.

III.
1. Soweit die Staatsanwaltschaft sich dagegen wendet, dass das Tatgericht bedingten Tötungsvorsatz (auch) für den Zeitraum nach dem ihm bekannten Konsum des GBL durch die Geschädigten verneint hat, bliebe das Rechtsmittel ohne Erfolg. Wie in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts näher ausgeführt, enthält die zugrunde liegende Beweiswürdigung keine durchgreifenden Rechtsfehler (siehe auch bereits oben Rn. 17).

2. Dagegen hielte die Annahme durch den Konsum von Benzodiazepinen und GBL bei Tatbegehung bewirkter erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) des Angeklagten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat sich im Rahmen der Beweiswürdigung letztlich darauf beschränkt, dem Gutachten des gehörten psychiatrischen Sachverständigen zu folgen, der aufgrund der Mischintoxikation vom Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung und „im vorliegenden Fall“ von erheblich geminderter Steuerungsfähigkeit ausgegangen ist (UA S. 32 f.). Es wäre aber geboten gewesen, die wesentlichen Anknüpfungspunkte und Darlegungen des Sachverständigen im Urteil so wiederzugeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich gewesen wäre (st. Rspr.; etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2016 – 3 StR 521/15, NStZ-RR 2016, 135 f.; vom 27. Januar 2016 – 2 StR 314/15 und vom 20. April 2016 – 1 StR 62/16, NStZ-RR 2016, 239 f. mwN). 3. Sollte das neue Tatgericht sich bezüglich Taten zum Nachteil des verstorbenen Geschädigten G. weder vom Vorliegen der Voraussetzungen eines Tötungsdelikts durch Unterlassen noch einer Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge überzeugen können, werden diejenigen einer Strafbarkeit wegen Aussetzung mit Todesfolge gemäß § 221 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 StGB zu bedenken sein.