StGB § 177 Abs. 5 Ausnutzen schutzloser Lage bei sexuellem Übergriff
BGH, Urt. 02.07.2020 – 4 StR 678/19
1. Der Begriff der schutzlosen Lage ist rein objektiv zu bestimmen; einer subjektiven Zwangswirkung der Schutzlosigkeit auf das Tatopfer bedarf es nicht.
2. Zum Begriff des „Ausnutzens“ im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB (amtl. Leitsätze).
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 4. Juni 2020 in der Sitzung am 2. Juli 2020 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 3. September 2019 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision der Nebenklägerin wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Fall III.1. der Urteilsgründe;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe sowie im Maßregelausspruch.
3. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Übergriff und in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
Mit ihren zuungunsten des Angeklagten eingelegten und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen beanstanden die Staatsanwaltschaft sowie die Nebenklägerin die unterbliebene Verurteilung des Angeklagten wegen tateinheitlichen sexuellen Übergriffs unter Ausnutzung einer schutzlosen Lage im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB im Fall III.1. der Urteilsgründe; die Staatsanwaltschaft wendet sich darüber hinaus gegen einen zu geringen Schuldumfang im Fall III.2. der Urteilsgründe. Der Angeklagte wendet sich mit seinem auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten und auf die Sachrüge gestützten Rechtsmittel insbesondere gegen die Strafzumessung.
Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die Revision der Nebenklägerin haben Erfolg. Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs (§ 64 StGB); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
A.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
I.
1. An einem Nachmittag Mitte April 2018 begab sich der Angeklagte gemeinsam mit der ihm bekannten sechs Jahre alten C. zu einem Einkaufsmarkt. Auf dem Weg dorthin lockte er das Kind unter dem Vorwand, seine Notdurft verrichten zu müssen, über eine steile, stark bewachsene Böschung hinweg auf ein im Abstand von wenigen Metern neben der Straße gelegenes, nicht einsehbares Abbruchgelände einer ehemaligen Molkerei. Er ging mit dem Mädchen in das leerstehende Gebäude hinein, zog Hose und Unterhose des Kindes herab und rieb mit seinen Fingern an dessen nackter Scheide. Als C. zu weinen begann und den Angeklagten bat, aufzuhören, forderte er sie zunächst auf, leise zu sein, und ließ schließlich von ihr ab. C. zog sich an und beide verließen den Tatort (Fall III.1. der Urteilsgründe).
2. Das Landgericht hat das Geschehen als Vergehen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Übergriff im Sinne der § 176 Abs. 1 und § 177 Abs. 1 StGB gewertet; die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB hat es mit der Begründung verneint, dass es an einer schutzlosen Lage und auf Seiten des Opfers an der Kenntnis der schutzlosen Lage fehle.
II.
1. Am 28. November 2018 gegen 13.30 Uhr beobachtete der Angeklagte, dass die ihm unbekannte acht Jahre alte T. vergeblich an ihrer Haustüre klingelte und sich, nachdem niemand öffnete, wartend auf die Treppenstufen vor dem Hauseingang setzte. Er grüßte das Kind, stellte sich plötzlich hinter es, hob es hoch und hielt ihm mit einer Hand den Mund zu. Anschließend führte er das vor Schreck erstarrte Kind zu einer leerstehenden Ruine; dabei hielt er es an Schulter oder Rucksack fest und drohte dem Mädchen, dass er es töte, wenn es nicht leise sei und schreie oder sich wehre. Durch diese Drohung verängstigt leistete das Kind keinen Widerstand. Der Angeklagte hob das Kind durch eine Fensteröffnung in das Gebäudeinnere, stellte sich vor es und zog ihm Hose und Unterhose herab; außerdem entblößte er sein eigenes Geschlechtsteil. Er zwang das Kind, sich auf den Boden zu legen und leckte an dessen Scheide. Anschließend „musste es aufstehen und sollte dem Angeklagten einen Kuss geben“. Das Mädchen weigerte sich; der Angeklagte gab ihm daraufhin einen Kuss, „wobei sie den Mund öffnen musste, damit er mit seiner Zunge ihre Zunge berühren konnte“. Auf Bitten des Kindes ließ der Angeklagte es schließlich gehen; dabei drohte er ihm erneut, es umzubringen, wenn es seinem Vater etwas erzähle. Das Kind kletterte aus der Fensteröffnung des Gebäudes und lief nach Hause (Fall III.2. der Urteilsgründe).
2. Das Landgericht hat die Tat des Angeklagten als sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit sexueller Nötigung im Sinne der § 176 Abs. 1, § 177 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 2 StGB (Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben) gewertet; die Verwirklichung der Begehungsvariante des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB hat es abgelehnt, weil es an einer schutzlosen Lage und einer darauf beruhenden Willensbeugung des Kindes fehle.
B.
Die unbeschränkt eingelegte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg und führt zuungunsten des Angeklagten zur Aufhebung beider Schuldsprüche; dies zieht die Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs nach sich.
I.
Das zuungunsten des Angeklagten eingelegte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist zulässig erhoben. Zwar hat die Beschwerdeführerin nicht in der durch § 344 Abs. 1 StPO geforderten Weise ausdrücklich erklärt, inwieweit sie das Urteil anfechte und seine Aufhebung beantrage. Das Fehlen
des Revisionsantrags ist jedoch unschädlich, weil der Senat der Revisionsbegründungsschrift das Anfechtungsziel im Wege der Auslegung zu entnehmen vermag. Die Staatsanwaltschaft beanstandet, dass das Tatgericht § 177 Abs. 5 StGB „auf die im Urteil festgestellten Sachverhalte unzutreffend angewandt“ und in beiden Fällen das Vorliegen einer schutzlosen Lage im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB ‒ im Fall III.2. zusätzlich die Anwendung von Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB – rechtsfehlerhaft verneint hat. Das Rechtsmittel richtet sich daher im Fall III.1. gegen den Schuldspruch und im Fall III.2. der Sache nach gegen den Strafausspruch. Die Rechtsmittelbeschränkung im Fall III.2. ist jedoch unwirksam, weil die den Schuldumfang betreffenden Umstände die Merkmale der Tat selbst betreffen und daher nicht losgelöst von ihr beurteilt werden können. Das Rechtsmittel ist daher als unbeschränkt eingelegt zu behandeln. Es hat Erfolg.
II.
Der Schuldspruch im Fall III.1. der Urteilsgründe unterliegt der Aufhebung, weil die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB verneint hat, einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Das Landgericht ist von einem zu engen Verständnis der durch das 50. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 – BGBl. I S. 2460 ff. – eingeführten Vorschrift des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB ausgegangen. Der Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB n.F. setzt voraus, dass der Täter bei einem sexuellen Übergriff im Sinne des § 177 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB eine Lage ausnutzt, in der das Opfer seiner Einwirkung schutzlos ausgeliefert ist. Wie diese Begehungsalternative der mit einer Mindeststrafe von einem Jahr als Verbrechen konzipierten Qualifikation nach der Neufassung des § 177 StGB auszulegen ist, ist höchstrichterlich bislang nicht entschieden.
1. Die Qualifikation des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB entspricht in objektiver Hinsicht inhaltlich der Begehungsalternative des Ausnutzens einer schutzlosen Lage in der durch das 33. Strafrechtsänderungsgesetz eingeführten Vorschrift des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F.
a) Die zur Auslegung dieser Tatalternative des § 177 Abs. 1 StGB a.F. ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ging zunächst dahin, das Vorliegen einer schutzlosen Lage rein objektiv zu bestimmen und eine schutzlose Lage zu bejahen, wenn die Schutz und Verteidigungsmöglichkeiten des Tatopfers in einem solchen Maße verringert sind, dass es dem „ungehemmten Einfluss des Täters preisgegeben ist“. Diese Voraussetzungen hat die Rechtsprechung regelmäßig als gegeben angesehen, wenn sich das Opfer dem überlegenen Täter allein gegenübersieht und auf fremde Hilfe nicht rechnen kann (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1998 – 1 StR 521/98, BGHSt 44, 228, 232; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 – 2 StR 248/99, BGHSt 45, 253, 255). Von dieser rein objektiven Bestimmung der schutzlosen Lage ist der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einer späteren Entscheidung jedoch abgerückt und hat entschieden, dass der objektive Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. erfordert, dass das Tatopfer selbst die Schutzlosigkeit seiner Lage erkennt und unter dem Eindruck seines schutzlosen Ausgeliefertseins aus Furcht vor möglichen Einwirkungen des Täters auf einen ihm grundsätzlich möglichen Widerstand verzichtet (BGH, Urteil vom 25. Januar 2006 – 2 StR 345/05, BGHSt 50, 359, 368). Dieses zusätzliche Erfordernis einer subjektiven Zwangswirkung der Schutzlosigkeit auf das Tatopfer war der früheren Gesetzeslage geschuldet. Zur Verwirklichung sämtlicher Tatbestandsalternativen des § 177 Abs. 1 StGB a.F. war tatbestandlich eine nötigende Einwirkung des Täters vorausgesetzt, die bei einem Ausnutzen der Schutzlosigkeit nur denkbar war, wenn das Opfer die tatsächlichen Umstände seiner spezifischen Zwangslage – die Schutzlosigkeit – erkennt und gerade deshalb von Widerstand absieht (BGH, Urteil vom 25. Januar 2006 – 2 StR 345/05, BGHSt 50, 359, 368).
b) Nach der neuen Gesetzeslage bedarf es dieser einschränkenden Auslegung auf der objektiven Tatbestandsebene nicht mehr, weil § 177 Abs. 5 StGB eine Nötigung des Tatopfers nicht mehr voraussetzt. Sowohl nach dem Wortlaut der Norm als auch nach der Intention des Gesetzgebers und der Gesetzessystematik ist deshalb für die Verwirklichung des objektiven Tatbestands des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB allein die objektive Schutzlosigkeit des Tatopfers ausreichend. Objektiv liegt – entsprechend der anfänglichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. - eine schutzlose Lage daher in der Regel vor, wenn sich das Opfer dem überlegenen Täter allein gegenübersieht und auf fremde Hilfe nicht rechnen kann. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn nach zusammenfassender Bewertung die Möglichkeiten des Täters, mit Gewalt auf das Opfer einzuwirken, größer sind als die Möglichkeiten des Tatopfers, sich solchen Einwirkungen des Täters mit Erfolg zu entziehen, ihnen erfolgreich körperlichen Widerstand entgegenzusetzen oder die Hilfe Dritter zu erlangen (zu § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – 2 StR 245/05, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Schutzlose Lage 10; Beschluss vom 20. Oktober 2011 – 4 StR 396/11, NStZ 2012, 209, 210). Eine gänzliche Beseitigung jeglicher Verteidigungsmöglichkeiten ist nicht vorausgesetzt (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1998 – 1 StR 521/98, BGHSt 44, 228, 232; Urteil vom 20. Oktober 1999 – 2 StR 248/99, BGHSt 45, 253, 255). Erforderlich ist schließlich auch nicht, dass der Täter die schutzlose Lage des Opfers herbeigeführt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, aaO, BGHSt 45, 253, 257).
Zur Ausfüllung des objektiven Tatbestands kann daher insoweit auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zurückgegriffen werden. Es bedarf zur Feststellung einer schutzlosen Lage weiterhin insbesondere einer Gesamtwürdigung aller tatbestandsspezifischen äußeren Umstände und persönlichen Voraussetzungen von Täter und Opfer im Einzelfall. Weder einzelne äußere Umstände als solche (wie etwa die Abgeschiedenheit des Tatortes oder die Tatzeit) noch einzelne Gegebenheiten in der Person des Täters oder des Tatopfers (wie etwa die körperliche Verfassung, Leistungsfähigkeit oder das Alter) erlauben für sich genommen die abschließende Beurteilung, ob die Lage des Opfers sich als schutzlos gegenüber möglichen Gewalteinwirkungen des Täters darstellt.
c) Dieses Tatbestandsverständnis ergibt sich aus Folgendem:
aa) Im Zentrum des durch das 50. Strafrechtsänderungsgesetz reformierten Sexualstrafrechts steht die sexuelle Selbstbestimmung. Sie soll nach dem Willen des Gesetzgebers umfassend mit den Mitteln des Strafrechts geschützt werden (vgl. BT-Drucks. 18/9097 S. 21). Zentrales Element der sexuellen Selbstbestimmung ist der Wille des Opfers, selbst über das „ob“, „wann“ und „wie“ eines sexuellen Kontakts zu bestimmen. Bezugspunkt des strafrechtlichen Vorwurfs ist deshalb nicht mehr die Beugung des Opferwillens im Sinne einer Nötigung (so ausdrücklich BT-Drucks 18/9097, S. 21), sondern die Missachtung des erkennbar entgegenstehenden Willens des Opfers durch den Täter (vgl. Högl/Neumann, R&P 2016, 155, 156, 158). Zur Erreichung des beabsichtigten „Paradigmenwechsels“ im Sexualstrafrecht ist gemäß § 177 Abs. 1 StGB n.F. die bloße Verletzung des Willens des Tatopfers nunmehr strafbewehrt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2020 – 5 StR 580/19 Rn. 5). Eine Nötigung ist daher – entgegen der früheren Rechtslage (vgl. § 177 Abs. 1 StGB a.F.) ‒ grundsätzlich nicht mehr vorausgesetzt. Dieser gesetzgeberische Wille hat im Gesetzeswortlaut eindeutigen Niederschlag gefunden. Lediglich der Grundtatbestand des § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB, der eine Nötigung des Opfers durch Drohung mit einem empfindlichen Übel voraussetzt, erfordert noch eine „Nötigung“ des Tatopfers im Sinne einer Willensbeugung.
In allen anderen Varianten der Grundtatbestände des § 177 Abs. 1 und Abs. 2 StGB genügt ein Handeln gegen den erkennbaren Willen des Opfers oder ein Handeln unter Ausnutzung bestimmter Umstände, die einer (freien) Willensbildung oder Willensäußerung des Opfers entgegenstehen. Auch im Rahmen des Qualifikationstatbestands des § 177 Abs. 5 StGB ist bei allen Begehungsalternativen eine Nötigung des Tatopfers – anders als nach § 177 Abs. 1 StGB a.F. – auch nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht mehr erforderlich. Eine einschränkende Auslegung des objektiven Tatbestandes des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB kann daher nicht mehr aus dem Erfordernis einer nötigenden Einwirkung des Täters auf das Tatopfer hergeleitet werden.
bb) Der Senat vermag auch anderweitige Gründe nicht zu erkennen, die einer rein objektiven Bestimmung der Lage schutzlosen Ausgeliefertseins iSd § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB entgegenstehen und eine einschränkende Auslegung dahin erfordern könnten, dass es weiterhin eines Nötigungszusammenhangs zwischen Schutzlosigkeit und Vornahme bzw. Duldung einer sexuellen Handlung bedarf oder sich das Tatopfer jedenfalls des Umstandes seiner Schutzlosigkeit gegenüber gewalttätigen Einwirkungen des Täters bewusst sein muss und diese Lage deshalb als Zwangswirkung wahrnimmt. Der in der Literatur vertretenen abweichenden Meinung folgt der Senat nicht.
(1) Zwar ist auch nach überwiegender Ansicht in der Literatur für § 177 Abs. 5 StGB eine Nötigung des Tatopfers nicht mehr erforderlich (vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl., Rn. 61, 74, 82; Eschelbach in Matt/Renzikowski StGB, 2. Aufl., § 177 Rn. 84; Eisele, in Schönke/Schröder StGB, 30. Aufl., Rn. 85, 93; ders. in RPsych 2017, 7, 22; Ziegler in von Heintschel-Heinegg StGB, 3. Aufl., § 177 Rn. 32, 36; Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 177 Rn. 16; BeckOK-StGB/Ziegler, 46.Edition, §177 Rn.42; Laue in Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl., § 177 Rn. 9, 11; El-Ghazi, ZIS 2017, 157, 160; wohl auch KNPStGB/Frommel, 5. Aufl., § 177 Rn. 119; AnwaltKommentar StGB/Lederer, 3. Aufl., § 177 Rn. 58); eine Verwirklichung der qualifizierenden Merkmale „gelegentlich“ einer Tat im Sinne des § 177 Abs. 1 oder 2 StGB genügt vielmehr (vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl., § 177 Rn. 61, 74, 82). Im Rahmen des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB wird dennoch eine subjektive Zwangswirkung der schutzlosen Lage auf das Tatopfer für erforderlich erachtet (vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl., § 177 Rn. 88, 99, 102; ders. in: Rettenberger/Dessecker, Sexuelle Gewalt als Herausforderung für Gesellschaft und Recht, 2017, S. 51, 63 zu § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB; Eschelbach in Matt/Renzikowski, StGB, 2. Aufl., § 177 Rn. 84; Eisele in Schönke/Schröder StGB, 30. Aufl., § 177 Rn. 89; ders. in RPsych 2017, 7, 22; Kühl/Heger StGB, 29. Aufl., § 177 Rn. 16; BeckOK StGB/Ziegler, 46. Edition, StGB § 177 Rn. 43; AnwaltKommentar StGB/Lederer, 3. Aufl. § 177 Rn. 58).
(2) Diese Auffassung findet weder im Wortlaut der Norm eine Stütze noch lässt sie sich aus den Gesetzesmaterialien herleiten. Zwar verweisen die Gesetzesmaterialien – ohne nähere Begründung – im Rahmen des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB darauf, dass das „Opfer davon ausgehen“ müsse, „dass es mit Körperverletzungsoder Tötungsdelikten zu rechnen hat, wenn es sich gegen die sexuelle Handlung wendet“. Teile der Literatur greifen diesen Hinweis auf und fordern unter Berufung auf den gesetzgeberischen Willen für die Verwirklichung der Begehungsweise des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB sogar – noch weiter gehend – eine Nötigung des Tatopfers bzw. einen Finalzusammenhang zwischen schutzloser Lage und sexuellem Übergriff (vgl. SKStGB/Wolters/ Noltenius, 9. Aufl., § 177 Rn. 68 [willensbeugende „Bedrohlichkeit“ der Tatumstände]; SSW/Wolters, 4. Aufl., § 177 Rn. 65 [„nötigungsähnlich“]; MünchKomm-StGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 n.F. Rn. 129).
Diese unter strafrechtsdogmatischen Gesichtspunkten tatsächlich auf das Erfordernis einer Beugung des Opferwillens im Rahmen einer Nötigung hindeutende Erwägung des Gesetzgebers vermag aber die Annahme nicht zu rechtfertigen, dass der Gesetzgeber entgegen seinem erklärten Willen, das Nö- tigungserfordernis aufzugeben, für die Begehungsvariante des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB am Erfordernis einer Nötigung festhalten wollte. Der Hinweis, das Opfer müsse davon ausgehen, dass es mit Körperverletzungs- oder gar Tötungsdelikten zu rechnen habe, wenn es sich gegen die sexuelle Handlung wende, und die erläuternd aufgeführten Beispiele sind ersichtlich den Gesetzesmaterialien zu der durch das 33. Strafrechtsänderungsgesetz eingeführten Vorschrift des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. entlehnt. Nach dem Willen des Gesetzgebers des 33. Strafrechtsänderungsgesetzes sollte die zur Schließung von Schutzlücken in § 177 Abs. 1 StGB a.F. konzipierte Begehungsvariante insbesondere Fälle erfassen, in denen das Tatopfer „starr vor Schreck oder aus Angst vor der Anwendung von Gewalt durch den Täter“ dessen sexuelle Handlungen über sich ergehen lässt und „nur deshalb auf Widerstand verzichtet, weil es sich in einer hilflosen Lage befindet und Widerstand gegen den überlegenen Täter aussichtslos erscheint“ (vgl. BT-Drucks. 13/7324 S. 6). Diese in das damalige Nötigungskonzept stimmig eingebetteten Erläuterungen fügen sich in das neue gesetzliche Schutzkonzept nicht widerspruchsfrei ein. Der Gesetzgeber des 50. Strafrechtsänderungsgesetzes hat bewusst darauf verzichtet, die Strafbarkeit an einen etwaigen Widerstand des Tatopfers anzuknüpfen (vgl. BT-Drucks. 18/8210 S. 1, 8; BTDrucks. 18/9097 S. 2, 26; siehe auch Högl/Neumann, R&P 2016, 155, 156). Der aus den Materialien ersichtliche Hinweis, der im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden hat, vermag daher keine Einschränkung des objektiven Tatbestands dahin zu rechtfertigen, dass zur Verwirklichung des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB weiterhin eine subjektive Zwangswirkung der schutzlosen Lage auf das Tatopfer erforderlich ist.
cc) Auch systematische Erwägungen streiten gegen das Erfordernis einer subjektiven Zwangswirkung der schutzlosen Lage auf das Tatopfer als Voraussetzung des objektiven Tatbestands des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB:
(1) Der Senat hat bereits entschieden, dass für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB – dem gesetzlichen Schutzkonzept entsprechend, jede Missachtung des entgegenstehenden erkennbaren Willens des Tatopfers zu pönalisieren – der nötigende Einsatz von Gewalt nicht erforderlich ist; es genügt, dass der Täter zwischen Versuchsbeginn und Beendigung des sexuellen Übergriffs Gewalt gegen das Tatopfer anwendet Eines Finalzusammenhangs zwischen Gewaltanwendung und Vornahme bzw. Duldung der sexuellen Handlung bedarf es nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2018 – 4 StR 311/18, BGHSt 63, 220, 225). Da die Begehungsvarianten des § 177 Abs. 5 StGB nach dem Gesetzeswortlaut und dem Willen des Gesetzgebers ersichtlich weiterhin als gleichwertig konzipiert sind, erscheint es aus systematischen Gründen folgerichtig, auch im Anwendungsbereich des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB auf das Erfordernis einer subjektiven Zwangswirkung der schutzlosen Lage auf das Opfer zu verzichten.
(2) Darüber hinaus würde eine einschränkende Auslegung dahin, dass der Tatbestand über seinen Wortlaut hinaus eine subjektive Zwangswirkung auf das Tatopfer erfordert, dazu führen, dass die vom Gesetzgeber ersichtlich für alle sexuellen Übergriffe des § 177 Abs. 1 und Abs. 2 StGB konzipierte Qualifikation (so ausdrücklich BT-Drucks. 18/9097 S. 28 unter Bezugnahme auf § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB n.F.; siehe auch AnwaltKommentar StGB/Lederle, 3. Aufl., § 177 Rn. 16) auf die Grundtatbestände des § 177 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 StGB, in denen das Opfer aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden, keine Anwendung fände.
dd) Einer rein objektiven Bestimmung der schutzlosen Lage im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Verzicht auf das Erfordernis einer subjektiven Zwangswirkung in Fällen, in denen Tatopfer ein Kind ist, regelmäßig dazu führen würde, dass auch eine schutzlose Lage im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB zu bejahen wäre und die Grenzen zu den Missbrauchstatbeständen der §§ 176, 176a StGB fließend würden. Die Straftatbestände der §§ 176, 176a StGB einerseits und der Straftatbestand des § 177 StGB andererseits schützen unterschiedliche Rechtsgüter. Während die §§ 176 ff. StGB dem Schutz der ungestörten sexuellen Entwicklung von Kindern dienen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 1991 – 5 StR 364/91, BGHSt 38, 68, 69), bezweckt § 177 StGB demgegenüber den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung; der Einzelne soll frei über das „ob“, „wann“ und „wie“ eines sexuellen Kontakts entscheiden können (vgl. Hoven/Weigend, JZ 2017, 182, 183). Schon diese unterschiedliche Schutzrichtung steht der Auffassung, es handele sich bei beiden Normenkomplexen um „Missbrauchstatbestände“, deren Anwendungsfelder sich voneinander abgrenzen lassen müssten, entgegen.
Darüber hinaus galt auch nach der bisherigen Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, dass die grundsätzlich bestehende körperliche Unterlegenheit eines Kindes gegenüber einem erwachsenen Täter für sich genommen zur Annahme einer schutzlosen Lage nicht genügt, es vielmehr einer Gesamtwürdigung aller Umstände bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2016 – 2 StR 405/15, NStZ-RR 2016, 202, 203 zu § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F.). Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB von den Ausnutzungsvarianten des § 177 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 StGB. Auch die in diesen Tatbeständen vorausgesetzten, zu einer Einschränkung der Willensbildung oder Willensäußerung führenden Umstände sind allein nicht geeignet, eine schutzlose Lage in objektiver Hinsicht zu begründen.
ee) Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck der Qualifikation des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB dafür, das schutzlose Ausgeliefertsein des Tatopfers objektiv zu bestimmen. Der umfassende Schutz der sexuellen Selbstbestimmung wird ausweislich des gesetzlichen Schutzkonzepts durch den Verzicht auf ein nötigendes Element verwirklicht. Der in der Strafdrohung mit einer Mindeststrafe von einem Jahr zum Ausdruck kommende erhöhte Unrechtsgehalt gegenüber den Grundtatbeständen findet seine Rechtfertigung in dem unrechtserhöhenden Umstand, dass sich der Täter die schutzlose Lage seines Tatopfers bewusst zunutze macht, und gerät weder in Konflikt mit dem verfassungsrechtlichen Schuldprinzip noch dem Übermaßverbot. Nach der gesetzgeberischen Wertentscheidung, die sich innerhalb des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums im Bereich des Strafrechts bewegt, wiegt dieser Eingriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung schwer und rechtfertigt (auch) die erhöhte Strafdrohung des § 177 Abs. 5 StGB.
2. Der Täter nutzt die schutzlose Lage im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB aus, wenn er diese erkennt und sich zur Begehung des sexuellen Übergriffs zunutze macht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2019 – 2 StR 301/18, BGHSt 64, 55 Rn. 28 zu § 177 Abs. 2 Nr. 3; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 6.Juli 2016, BT-Drucks. 18/9097, S. 23 zu § 177 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 StGB). Dabei genügt, dass der Täter die schutzlose Lage in dem Sinne zur Bedingung seines Handelns macht, dass er die (objektive) Schutzlosigkeit des Tatopfers in ihrer Bedeutung für sein Vorhaben erkennt, ihm also bewusst ist, dass die schutzlose Lage den sexuellen Übergriff ermöglicht oder jedenfalls erleichtert, und er sich dies bewusst zunutze macht. In subjektiver Hinsicht genügt insoweit bedingter Vorsatz (vgl. BGH, aaO, BGHSt 64, 55, Rn. 28; siehe auch BGH, Beschluss vom 18. November 2015 – 4 StR 410/15, NStZ-RR 2016, 78, 79 zu § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F.).
3. Gemessen hieran halten die Erwägungen, mit denen das Landgericht im Fall III.1 den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB abgelehnt hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts bedarf es keiner nötigenden Einwirkung oder einer subjektiven Zwangswirkung der schutzlosen Lage auf das Tatopfer.
b) Soweit das Landgericht zudem das objektive Bestehen einer schutzlosen Lage mit dem Hinweis darauf verneint hat, dass „keine Anhaltspunkte“ dafür bestünden, dass der Angeklagte das abgelegene Abbruchgelände aussuchte, „um die dadurch geschaffene [...] schutzlose Lage bewusst zur Begehung der Tat auszunutzen“, hat es zudem verkannt, dass der objektive Tatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB nicht voraussetzt, dass der Täter die Lage schutzlosen Ausgeliefertseins geschaffen hat. Die Qualifikation ist nicht auf Fälle der „Entführung“ des Tatopfers durch den Täter beschränkt. Darüber hinaus steht die im Rahmen der rechtlichen Würdigung angestellte Erwägung nicht in Einklang mit den Feststellungen; danach „lockte“ der Angeklagte das Kind unter dem – ersichtlich wahrheitswidrigen – Vorwand, seine Notdurft verrichten zu müssen, über eine Böschung hinweg, die es nicht ohne seine Hilfe zu überwinden vermochte, in das abgelegene Gebäude.
c) Soweit das Landgericht trotz der Abgelegenheit des Orts und des Umstands, dass das Opfer den Weg dorthin nicht ohne Hilfe des Angeklagten bewältigen konnte, auch deshalb Zweifel am Vorliegen einer schutzlosen Lage angemeldet hat, weil nicht habe festgestellt werden können, „ob jemand Rufe oder Schreie hätte hören und eingreifen können“, fehlt es an tragfähigen Feststellungen, dass Hilfe durch schutzbereite Dritte tatsächlich erreichbar gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2002 – 2 StR 153/02, NStZ-RR 2003, 42, 44).
III.
Zwar hält der Schuldspruch im Fall III.2. der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung stand, soweit das Landgericht angenommen hat, dass der Angeklagte das Opfer zur Duldung der sexuellen Handlungen nötigte, indem er ihm drohte, es zu töten, wenn es sich wehre (§ 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB). Die Feststellungen hätten jedoch zur Prüfung der Frage drängen müssen, ob der Angeklagte auch die Tatvarianten der § 177 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 3 StGB verwirklicht hat.
a) Soweit das Landgericht die Voraussetzungen des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB verneint hat, beruhen seine Erwägungen ebenfalls auf einem zu engen Verständnis des Qualifikationstatbestands. Das Landgericht hat auch hier lediglich darauf verwiesen, dass nicht habe festgestellt werden können, „ob zur Tatzeit am helllichten Tag jemand in Rufweite gewesen wäre“. Insoweit hat es ebenfalls verkannt, dass die bloße – hier nicht festgestellte - Anwesenheit eines Dritten die Schutzlosigkeit der Lage nicht beseitigt; erforderlich ist vielmehr, dass der Dritte auch schutzbereit ist.
b) Darüber hinaus hat das Landgericht nicht geprüft, ob der Angeklagte während der sexuellen Übergriffe auf das Kind Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB anwandte, obwohl hierzu nach den Feststellungen Anlass bestand. Der Angeklagte bemächtigte sich des Tatopfers, indem er es in die Höhe hob, ihm den Mund zuhielt und das Kind – an Schulter oder Rucksack festhaltend – zum Tatort führte. Dort „zwang“ er es, sich auf den Boden zu legen. Diese Feststellungen hätten zur Prüfung der Frage drängen müssen, ob hierin (auch) eine Gewaltanwendung im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB liegt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2018 – 4 StR 311/18, BGHSt 63, 220).
c) Das Urteil beruht auf diesen Rechtsfehlern. § 177 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 3 StGB treten nicht im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter § 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB zurück, sondern stehen gleichrangig nebeneinander (BGH, Urteil vom 9. Januar 2020 – 5 StR 333/19, Rn. 45; Beschlüsse vom 10. Oktober 2018 – 4 StR 311/18, NStZ 2019, 516, 518; vom 12. Januar 2011 – 1 StR 580/10, NStZ 2011, 274; Urteil vom 3. November 1998 – 1 StR 521/98, BGHSt 44, 228, 230).]
C.
Die zulässige Revision der Nebenklägerin, die den Schuldspruch im Fall III.1. der Urteilsgründe angreift und die unterlassene Verurteilung des Angeklagten wegen sexuellen Übergriffs unter Ausnutzung einer schutzlosen Lage beanstandet, hat Erfolg. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen. Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall III.1. der Urteilsgründe, sowie zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe und zieht die Aufhebung des Maßregelausspruchs nach sich.
D.
Die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) angeordnet worden ist. Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Der Maßregelausspruch hat keinen Bestand. Die Anordnungsvoraussetzungen sind nicht tragfähig belegt.
I.
Nach den Feststellungen konsumierte der 1995 geborene Angeklagte seit etwa drei Jahren in unregelmäßigen Abständen Cannabis und Crystal Meth; für den Erwerb der Drogen wandte er einen Teil seines Taschengelds auf. Seit Beginn der Untersuchungshaft besteht Abstinenz. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen, wonach der Drogenkonsum des Angeklagten im Tatzeitraum „alltagsbestimmend“ und die Drogenabhängigkeit „ursächlich für die Begehung der Taten gewesen“ sei, weil der Drogenkonsum „enthemmend und katalysierend auf den Angeklagten eingewirkt“ habe, die Anordnungsvoraussetzungen eines Hangs sowie eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen Hang und den Anlassdelikten bejaht.
II.
Auf der Grundlage dieser Urteilsausführungen ist weder ein Hang im Sinne des § 64 StGB noch ein symptomatischer Zusammenhang tragfähig belegt. Das Tatgericht hat sich dem Gutachten des Sachverständigen angeschlossen, ohne die wesentlichen Anknüpfungstatsachen des Gutachtens wiederzugeben, auf denen die sachverständige Wertung beruht, dass der Drogenkonsum im Tatzeitraum „alltagsbestimmend“ gewesen sei. Angesichts der Feststellungen, der Angeklagte habe „in unregelmäßigen Abständen“ Drogen konsumiert, versteht sich diese sachverständige Wertung nicht von selbst und hätte daher näherer Erläuterung bedurft. Gleiches gilt für die in den Urteilsgründen mitgeteilte sachverständige Wertung, der Drogenkonsum sei mitursächlich für die jeweilige Tatbegehung gewesen, weil der Konsum „enthemmend und katalysierend“ auf den Angeklagten gewirkt habe. Auch diese Wertung ist ohne Mitteilung der für die sachverständige Wertung maßgeblichen Anknüpfungstatsachen, die der Senat den Urteilsgründen auch unter Berücksichtigung ihres Gesamtzusammenhangs nicht zu entnehmen vermag, nicht nachvollziehbar.