StGB § 226a: Körperverletzung: Verstümmelung weiblicher Genitalien
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1. Rechtspolitischer Hintergrund des Tatbestandes des § 226 a StGB
Im Verhältnis zu einfachen vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 und der schweren Körperverletzung gemäß § 226 StGB handelt es sich beim Tatbestand der Verstümmelung weiblicher Genitalien um eine Qualifikation. Schutzzweck der Norm ist die körperliche und seelische Unversehrtheit des Opfers, sowie die sexuelle Selbstbestimmung, auf deren Unterdrückung ein solcher Eingriff hinauslaufen soll. Das Argument, dass der Gesetzgeber die Beschneidung von Jungen gemäß § 1631d BGB gestattet, ist hinsichtlich der Folgen und Intensität des Eingriffs mit den drastischeren Verstümmelungshandlungen an den weiblichen Genitalien, lebenslange Folgen wie dem Verlust des sexuellen Erlebens, Schmerzen, Entzündungen, Inkontinenz nicht mit der Beschneidung eines männlichen Kindes vergleichbar.
2. Tatbestand Verstümmelung weiblicher Genitalien
Die Tathandlung ursächlich bei einer weiblichen Person unabhängig vom Alter, also insbesondere auch junge Mädchen, objektiv zurechenbar herbeigeführte Verstümmelung des äußeren Genitals (große und kleine Schamlippen, Scheidenvorhof, Scheidenvorhofdrüsen, Klitoris samt Klitorisvorhaut). Dadurch scheiden medizinisch indizierte Eingriffe an den inneren Genitalien (z.B. eine tumorbedingte Entfernung der Gebärmutter) aus. Diese unterfallen, wie andere medizinische Eingriffe dem Schutz des § 223 StGB (vorsätzliche Köperverletzung) oder § 226 StGB (schwere Körperverletzung).
Die durch die Tathandlung herbeigeführte tatbestandliche Erfolg der Verstümmelung eine negative Veränderung von einigem Gewicht sein muss. Dies setzt nicht einen Funktionsverlust der weiblichen Genitalien voraus. Tatbestandlich werden Eingriffe wie eine Klitoridektomie (Entfernen der Klitoris), Exzision (Herausschneiden von Gewebe) Infibulation (vollständiges oder teilweise Verschließen der Vagina) sowie Einschnitte, Ausbrennungen oder Ätzungen erfasst sein. Kosmetische Eingriffe wie Intimpiercings werden nicht erfasst. Hier bleibt § 223 anwendbar.
3. Rechtswidrigkeit
Die Strafbarkeit kann jedoch durch eine wirksame Einwilligung der verletzten, einwilligungsfähigen Person von der Einwilligung des Stellvertreters, insbesondere der Eltern mangels Rechtswidrigkeit entfallen. Entscheidend ist die Einwilligungsfähigkeit der Verletzten. Grundsätzlich setzt die Einwilligungsfähigkeit Geschäftsfähigkeit voraus, so dass auch minderjährige Verletzte grundsätzlich einwilligungsfähig sein können. Auf Grund der Unumkehrbarkeit und der nicht abschätzbaren Folgen ist Volljährigkeit Voraussetzung für eine Einwilligung. Diese Einwilligung muss frei von religiösem, familiärem oder sozialem Druck erteilt wird. Eine stellvertretende Einwilligung ist ausgeschlossen.
4. Schuld
Bei der Schuld könnte ggfs. ein Verbotsirrtum gem. § 17 zu prüfen sein, wenn der Täter auf der Basis der eigenen Vorstellungen glaubt, Recht zu handeln. In Anbetracht der medienwirksamen Durchdringung dieses Themas kann im Regelfall aber eine Vermeidbarkeit dieses Irrtums angenommen werden.