StGB § 242, 259 Postpendenz Diebstahl Hehlerei
StGB § 242, 259 Postpendenz Diebstahl Hehlerei
BGH, Beschl. v. 24.02.2011 - 4 StR 651/10 - BeckRS 2011, 07701
Auf die Postpendenzfeststellung finden die Grundsätze der Wahlfeststellung Anwendung.
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 23.April 2010, soweit es ihn betrifft,
a) in der Urteilsformel dahin ergänzt, dass der Angeklagte im Übrigen freigesprochen wird und dass die Staatskasse insoweit die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt; b) aufgehoben in den Aussprüchen über
aa) die in den Fällen II.1, II.2, II.5, II.7, II.8, II.18, II.29 und II.33 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen, bb) die Gesamtstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in 13 Fällen, wegen "gewerbsmäßigen Diebstahls" in einem weiteren Fall sowie wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in den Fällen II.1, II.2, II.5, II.7, II.8, II.18, II.29 und II.33 der Urteilsgründe ist frei von den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehlern.
a) Das Landgericht hat sich in diesen Fällen rechtsfehlerfrei davon überzeugt, dass der Angeklagte G. - was vom konkreten Anklagesatz der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 11. Mai 2009 umfasst ist - jeweils zuvor auf einem Gelände der V. AG gestohlenes Buntmetall im Interesse der Mitangeklagten an Schrotthändler veräußerte. Eine - ihm mit der Anklageschrift jeweils als mittäterschaftlich begangener schwerer Bandendiebstahl zur Last gelegte -"Beteiligung" (etwa UA 27) bzw. "Mitwirkung" (etwa UA 30) an den Diebstählen hat es dagegen nicht bzw. "nicht sicher" (etwa UA 30) feststellen können.
b) Bei einer derartigen Fallgestaltung der Nichterweislichkeit der Mittäterschaft bei der Vortat und der zweifelsfreien Feststellung einer Hehlereihandlung ist eine Verurteilung wegen der dem Diebstahl folgenden "Nachtat" der Hehlerei im Wege der Postpendenzfeststellung möglich und geboten (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 1989 - 4 StR 170/89, BGHR vor § 1/Wahlfeststellung Postpendenz 3). c) Da Gegenstand der Anklage in den Fällen II.1, II.2, II.5, II.7, II.8, II.18, II.29 und II.33 jeweils zwei Taten waren, nämlich das Diebstahlsgeschehen in der Nacht und der Verkauf der Beute am folgenden Tag, eine Beteiligung des Angeklagten G. an den Diebstahlstaten aber nicht nachgewiesen werden konnte, war er insoweit freizusprechen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1995 - 2 StR 157/95; Beschluss vom 14. Juli 1998 - 4 StR 214/98, NStZ 1998, 635, zur Erforderlichkeit eines Teilfreispruchs bei eindeutiger Verurteilung nach Anklage von Alternativtaten). Dies holt der Senat nach.
2. Die Einzelstrafen in den Fällen II.1, II.2, II.5, II.7, II.8, II.18, II.29 und II.33 haben jedoch keinen Bestand. Auf die Postpendenzfeststellung finden die Grundsätze der Wahlfeststellung Anwendung (vgl. LK-Dannecker, StGB, 12. Aufl. Anh. § 1, Rn. 104), bei der die Strafe dem Gesetz entnommen werden muss, das die -aufgrund konkreter Betrachtung zu ermittelnde -mildeste Strafe zulässt (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2000 - 3 StR 500/99, NStZ 2000, 473, 474). Da das Landgericht für die genannten Taten rechtsfehlerfrei eine bandenmäßige Verbindung zwischen dem Angeklagten G. und den Mitangeklagten verneint hat, wäre bei erwiesener Mittäterschaft an den Diebstählen die Strafe aus § 243 Abs. 1 StGB zu schöpfen gewesen, der einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe eröffnet. Das Landgericht ist jedoch vom Strafrahmen des § 260 Abs. 1 StGB ausgegangen, der bei gleicher Strafobergrenze eine Mindeststrafe von sechs Monaten vorsieht. Es hat sich bei der Strafzumessung auch an dieser Mindeststrafe orientiert. Der Senat kann daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass die Einzelstrafen in den Fällen II.1, II.2, II.5, II.7, II.8, II.18, II.29 und II.33 noch niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht den zutreffenden Strafrahmen zugrunde gelegt hätte.
3. Wegen der Aufhebung der genannten Einzelstrafen hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand.
4. Die der Strafbemessung zugrunde liegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler unberührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt nicht aus, dass der neue Tatrichter ergänzende Feststellungen trifft; diese dürfen den bisherigen nicht widersprechen.
5. Der Senat weist darauf hin, dass der den Angeklagten G. betreffende Fall 19 der Anklageschrift vom 11. Mai 2009 noch beim Landgericht anhängig ist. Er ist weder Gegenstand des angefochtenen Urteils noch des Beschlusses vom 14. April 2010 (PB 92) über die Einstellung des Verfahrens wegen einzelner Tatvorwürfe gemäß § 154 Abs. 2 StPO (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. November 1993 - 4 StR 629/93, BGHR StPO § 352 Abs. 1 Prüfungsumfang 4; vom 16. März 2010 - 4 StR 48/10, NStZ-RR 2010, 251).
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