StGB § 244 "Falscher Schlüssel" und Verdeckungsabsicht bei Inbrandsetzen eines Wohnhauses
BGH, Urt. v. 18.11.2020 – 4 StR 35/20
Ein bei dem Berechtigten in Vergessenheit geratener Schlüssel ist kein falscher Schlüssel im
Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB (amtl. LS).
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 18. November 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 10. September 2019
a) imSchuldspruchimFallII.2.bderUrteilsgründedahingeändert, dass der Angeklagte der besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit Diebstahl schuldig ist,
b) im gesamten Strafausspruch und im Ausspruch über die Dauer des Vorwegvollzugs aufgehoben.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Wohnungseinbruchdiebstahl sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und einen Vorwegvollzug von einem Jahr und neun Monaten angeordnet sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
1. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte am 22. April 2018 etwa 25 Gramm Amphetamin, wovon er ungefähr die Hälfte selbst verbrauchen und den Rest gewinnbringend veräußern wollte, um seinen Eigenkonsum zu finanzieren. Nachdem der Angeklagte über den Tag verteilt etwa 2 Gramm des Amphetamins konsumiert hatte, wurden bei ihm 22,95 Gramm Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 5,92 Gramm Amphetamin-Base sichergestellt (Fall II.2.a der Urteilsgründe).
2. Am 17. August 2018 entnahm der Angeklagte aus dem Schlüsselkasten seiner Lebensgefährtin einen Schlüssel für die Wohnung der Eltern des früheren Ehemanns der Lebensgefährtin. Diesen Schlüssel hatte die Lebensgefährtin des Angeklagten entweder von den ehemaligen Schwiegereltern oder von ihrem geschiedenen Ehemann erhalten, von dem sie sich im Juni 2015 trennte. Die ehemaligen Schwiegereltern hatten vergessen, dass die ehemalige Schwiegertochter den Schlüssel noch besaß. Mit diesem Schlüssel fuhr der Angeklagte am Morgen des folgenden Tages gegen 4 Uhr zur Wohnung der früheren Schwiegereltern seiner Lebensgefährtin, die sich – wie der Angeklagte wusste ‒ im Urlaub befanden. Seinem Plan entsprechend öffnete er mit dem gefundenen Schlüssel die Haustür des Mehrfamilienhauses und die Wohnungstür. Aus der Wohnung entwendete er Gegenstände und Bargeld.
Einer spontanen Eingebung folgend beschloss der Angeklagte, in der Wohnung ein Feuer zu legen, um durch eine zumindest teilweise Zerstörung dieser Wohnung die von ihm beim Diebstahl hinterlassenen Spuren zu beseitigen. Der Angeklagte hoffte, dass der Brand entdeckt wird, bevor die Bewohner der anderen fünf Wohnungen in die Gefahr des Todes geraten oder eine schwere Gesundheitsschädigung erleiden würden. Zur Umsetzung seines Planes entzündete er u. a. Stoffe in einem an der Wand angedübelten Schrank im Wohnungsflur. Durch den Vollbrand des Schrankes war die Decke der Wohnung teilweise abgeplatzt. Aufgrund der starken Verrußung und Verräucherung mussten insbesondere Böden und Stromleitungen neu verlegt werden, so dass die Wohnung bis Februar 2019 unbewohnbar war (Fall II.2.b der Urteilsgründe).
II.
1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 StPO).
2. Auf die Sachrüge hin ist der Schuldspruch im Fall II.2.b der Urteilsgründe dahin zu ändern, dass der Angeklagte der besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit Diebstahl schuldig ist.
a) Die Verurteilung wegen besonders schwerer Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB i.V.m. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB hält rechtlicher Nachprüfung stand.
aa) Der Angeklagte hat den Tatbestand des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt, indem er ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, durch eine Brandlegung teilweise zerstörte.
Eine teilweise Zerstörung ist gegeben, wenn einzelne wesentliche Teile eines Objekts, die seiner tatbestandlich geschützten Zweckbestimmung entsprechen, unbrauchbar geworden sind oder eine von mehreren tatbestandlich geschützten Zweckbestimmungen brandbedingt aufgehoben ist (BGH, Urteil vom 12. September 2002 – 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14; Beschlüsse vom 20. Oktober 2011 ‒ 4 StR 344/11, BGHSt 57, 50, 51 f.; vom 14. Januar 2014 ‒ 1 StR 628/13, NJW 2014, 1123, 1124; vom 16. August 2017 – 4 StR 320/17). Bei einer Brandlegung in einem Mehrfamilienhaus bedeutet „teilweises Zerstören“, dass (zumindest) ein zum selbständigen Gebrauch bestimmter Teil des Wohngebäudes ‒ d.h. eine zum Wohnen bestimmte, abgeschlossene „Untereinheit“ ‒ durch die Brandlegung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist. Das ist dann der Fall, wenn für den „verständigen“ Wohnungsinhaber die Wohnung wegen der Brandlegungsfolgen für eine beträchtliche Zeit nicht mehr benutzbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 – 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14; Beschluss vom 6. Mai 2008 – 4 StR 20/08). Durch die festgestellte und rechtsfehlerfrei belegte monatelange Unbenutzbarkeit der Wohnung als Folge der Brandlegung durch den Angeklagten ist vorliegend der Tatbestand des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt.
bb) Auch die Voraussetzungen des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB sind rechtsfehlerfrei festgestellt. Wegen besonders schwerer Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 StGB wird bestraft, wer als Täter einer schweren Brandstiftung gemäß § 306a StGB in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu verdecken. Wie bei § 211 Abs. 2 StGB und § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b StGB kann die „andere“ Tat auch eine solche sein, die zu dem Brandstiftungsdelikt in Tateinheit steht (vgl. BGH, Urteile vom 23. September 1999 – 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211-219; vom 9. August 2000 – 3 StR 139/00).
Die (Verdeckungs-)Absicht im Sinne der Nr. 2 muss sich auf die Verknüpfung zwischen dem Handeln des Brandstifters und dem von ihm verfolgten Zweck beziehen (vgl. BGH, Urteile vom 23. September 1999 – 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211; vom 18. Juni 2008 – 2 StR 141/08 zur Ermöglichungsabsicht); im Hinblick auf das Grunddelikt genügt grundsätzlich dolus eventualis (vgl. BGH, aaO). Der Senat kann offenlassen, ob hinsichtlich der Brandstiftung auch dann bedingter Vorsatz ausreicht, wenn nach der Tätervorstellung die Verdeckung allein durch den Erfolg der schweren Brandstiftung erreichbar erscheint (vgl. zum Mord in Verdeckungsabsicht nur BGH, Urteile vom 15. Februar 2018 – 4 StR 361/17; vom 7. Juni 2017 – 2 StR 474/16, NStZ 2018, 93, 94; vom 23. November 1995 – 1 StR 475/95, BGHSt 41, 358, 359 ff.; vom 26. Juli 1967 – 2 StR 368/67, BGHSt 21, 283). Vorliegend hat das Landgericht festgestellt und auf der Grundlage des Geständnisses des Angeklagten auch belegt, dass dieser hinsichtlich der teilweisen Zerstörung der Wohnung mit direktem Vorsatz handelte. Sein Ziel bestand darin, die von ihm hinterlassenen Fingerspuren und sonstigen Spuren des Diebstahls in der Wohnung zu beseitigen, wozu eine teilweise Zerstörung der Wohnung erforderlich war.
b) Dagegen kann die tateinheitliche Verurteilung wegen Wohnungseinbruchdiebstahls keinen Bestand haben, da der vom Angeklagten verwendete Schlüssel nicht falsch im Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB war.
aa) Nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird bestraft, wer einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung mit einem falschen Schlüssel eindringt. Falsch ist ein Schlüssel im Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB – nicht anders als im Fall des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB –, wenn er zum Zeitpunkt der Tat vom Berechtigten nicht oder nicht mehr zur Öffnung bestimmt ist. Diese Voraussetzung ist nach der ständigen Rechtsprechung mit Blick auf die strafrechtlichen Folgen eines Wohnungseinbruch bzw. eines Nachschlüsseldiebstahls nicht bereits dann erfüllt, wenn der Täter sich eines zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Schlüssels lediglich unbefugt bedient und diesen zur Begehung eines (Wohnungseinbruch-) Diebstahls missbraucht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1967 – 4 StR 467/66, BGHSt 21, 189; Beschluss vom 11. Juli 1986 – 2 StR 352/86; Urteil vom 25. September 1997 – 1 StR 481/97).
Falsch im Sinne der genannten Vorschriften ist ein Schlüssel vielmehr nur dann, wenn ihm die Widmung des Berechtigten fehlt, dass er zur Öffnung des Schlosses dienen soll. Maßgeblich ist deshalb für die Frage, ob ein Schlüssel im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB falsch ist, allein der Wille des zur Verfügung über die Wohnung Berechtigten, ob er den Schlüssel nicht, noch nicht oder nicht mehr zur Öffnung des Wohnungsschlosses bestimmt sehen möchte (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1960 – 5 StR 129/60, BGHSt 14, 291; MüKoStGB/Schmitz, 3. Aufl., 2017, StGB § 243 Rn. 28). Diesen Willen kann der Berechtigte ausdrücklich kundtun. Der entsprechende Wille kann aber auch durch ein erkennbar auf eine Entwidmung gerichtetes Verhalten konkludent zum Ausdruck gebracht werden (so schon RGSt 4, 414; BGH, Urteil vom 24. Februar 1959 – 5 StR 668/58, BGHSt 13, 15). So hat der Bundesgerichtshof etwa eine Entwidmung eines ohne Wissen des Vermieters beim Mieter verbliebenen Schlüssels darin gesehen, dass der Vermieter den Mieter aus dem beendeten Mietverhältnis entlässt, die Räume wieder an sich bringt und damit konkludent kundtut, dass nur die in seinem Besitz befindlichen Schlüssel fortan zur Öffnung der Räumlichkeiten bestimmt sein sollen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1959 – 5 StR 668/58; siehe auch RGSt 11, 436 für die Überlassung einer Mietsache an den Mieter). In ähnlicher Weise wurde ein Entwidmungsakt in einem Fall der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bejaht, in welchem die frühere Haushaltshilfe ohne Wissen des Berechtigten einen Hausschlüssel für sich zurückbehielt, der später zu einem Diebstahl verwendet wurde (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1965 – 2 StR 64/65, BGHSt 20, 235). Von dem Erfordernis eines ausdrücklich erklärten oder durch äußere Umstände erkennbar gewordenen konkludenten Entwidmungswillen ist der Bundesgerichtshof für den Fall eines gestohlenen oder sonst abhanden gekommenen Schlüssels zwar abgerückt und hat es insoweit als ausreichend gesehen, dass der Berechtigte den Diebstahl bzw. das Abhandenkommen des Schlüssels bemerkt hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1967 ‒ 4 StR 467/66, BGHSt 21, 189; Urteil vom 7. Juni 1983 – 5 StR 290/83; Beschluss vom 20. April 2005 – 1 StR 123/05). An dem Grundsatz einer vom Willen des Berechtigten getragenen Entwidmung hat der Bundesgerichtshof gleichwohl auch in diesen Fällen festgehalten und darauf verwiesen, dass ein gestohlener oder auf andere Weise abhanden gekommener Schlüssel die Bestimmung zur rechtmäßigen Öffnung nicht von selbst verliert (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1967 ‒ 4 StR 467/66, BGHSt 21, 189; Beschluss vom 20. April 2005 – 1 StR 123/05). Jedoch sei mit dem Bemerken des Diebstahls davon auszugehen, dass der Berechtigte mit der Verwendung des Schlüssels seiner ursprünglichen Bestimmung gemäß nicht mehr einverstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1967 ‒ 4 StR 467/66, BGHSt 21, 189).
bb) Die Frage, ob allein das Vergessen der Existenz eines Schlüssels zur Entwidmung führt, ist – soweit ersichtlich – vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden. Ausgehend von der dargestellten Rechtsprechung vermag ein bloßes Vergessen die Annahme der Entwidmung eines Schlüssels indes nicht zu begründen. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Wohnungseinbruchdiebstahls bzw. des Nachschlüsseldiebstahls auf Fälle des bloßen Vergessens hätte zur Folge, dass die Qualifikation des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB bzw. die verschärfte Strafdrohung des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB entgegen der gefestigten Rechtsprechung gänzlich unabhängig vom Willen des Berechtigten zur Anwendung kommen würden. Denn dem Vergessen ist immanent, dass eine Willensbildung des Berechtigten in Bezug auf die Gebrauchsbestimmung eines Schlüssels gerade nicht stattfindet. Ihm kann daher kein Erklärungswert dahin beigemessen werden, der Berechtigte gehe von einem endgültigen Verlust eines Schlüssels aus (a. A. ‒ Entwidmung durch endgültiges Vergessen ‒ MüKoStGB/Schmitz, 3. Aufl., 2017, StGB § 243 Rn. 28; SSW-StGB/Kudlich, 4. Aufl., § 243 Rn. 14 ohne weitere Begründung). Ein vergessener Schlüssel kann daher erst dann die rechtlichen Anforderungen an einen falschen Schlüssel im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllen, wenn er wieder in das Bewusstsein des Berechtigten rückt und von diesem sodann ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten oder – vergleichbar mit einem abhanden gekommenen Schlüssel – zumindest subjektiv als endgültig verloren betrachtet und so seiner Bestimmung zur ordnungsgemäßen Öffnung der Haus bzw. Wohnungstür entzogen wird.
cc) Gemessen hieran war der Schlüssel, mit dem sich der Angeklagte Zutritt zu der Wohnung verschaffte, nicht falsch im Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Nach den Feststellungen überließen die früheren Schwiegereltern der spä- teren Lebensgefährtin des Angeklagten den Schlüssel und vergaßen ihn später. Der unterbliebenen Rückforderung des Schlüssels nach der Trennung des Sohnes der Tatopfer von der Lebensgefährtin des Angeklagten kann daher – anders als in den Fällen einer Vertragsbeendigung mit einer Rückgabeverpflichtung der überlassenen Schlüssel – kein konkludenter Erklärungswert mit Blick auf eine Entwidmung des einmal überlassenen Schlüssels beigemessen werden.
dd) Der Senat stellt den Schuldspruch im Fall II.2.b der Urteilsgründe auf besonders schwere Brandstiftung in Tateinheit mit Diebstahl um. Es ist auszuschließen, dass zur Frage der Nichtrückforderung des Schlüssels weitere Feststellungen getroffen werden können. § 265 StPO steht nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, dass sich der geständige Angeklagte anders als geschehen verteidigt hätte.
3. Die Strafaussprüche und der Ausspruch über den Vorwegvollzug haben keinen Bestand.
a) Die Umstellung des Schuldspruchs im Fall II.2.b der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der Einzelstrafe von sieben Jahren und drei Monaten. Der Senat kann nicht gänzlich ausschließen, dass sich das höhere Gewicht des Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 StGB im Vergleich zum Diebstahl nach § 242 Abs. 1 StGB auf die Strafzumessung ausgewirkt hat.
b) Der Strafausspruch im Fall II.2.a der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung in zweifacher Hinsicht nicht stand. Zum einen hat das Landgericht bei Bemessung der Strafe für das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte mehrfach und teilweise einschlägig vorbestraft sei. Diese Wertung wird von den Feststellungen nicht getragen. Danach wurde der Angeklagte zwar mehrfach, jedoch bislang noch nicht wegen eines Betäubungsmitteldelikts bestraft. Zum anderen hat das Landgericht bei der Strafzumessung nicht zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Betäubungsmittelmenge, die er zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben hatte, sichergestellt wurde und deshalb nicht in den Verkehr gelangte. Bei diesem Gesichtspunkt handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wegen des damit verbundenen Wegfalls der von Betäubungsmitteln üblicherweise ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit um einen bestimmenden Strafzumessungsgrund, der bei der Strafbemessung zu beachten ist (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2017 ‒ 3 StR 483/16, StraFo 2017, 117 mwN) und der demzufolge gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO in den Gründen des Strafurteils angeführt werden muss (BGH, Beschluss vom 5. Juni 2013 ‒ 4 StR 169/13, NStZ 2013, 662; Beschluss vom 5. Februar 2020 – 2 StR 517/19). Auch insoweit ist nicht auszuschließen, dass der Strafausspruch auf diesen Rechtsfehlern beruht.
c) Die der Strafzumessung zugrunde liegenden Feststellungen sind von den Wertungsfehlern nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Die Aufhebung der Einzelstrafen hat die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge.
d) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) angeordnet. Dagegen hat die Anordnung, ein Jahr und neun Monate der Gesamtstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen, keinen Bestand, weil mit der Aufhebung der Gesamtstrafe auch die Grundlage für die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs entfällt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1998 – 4 StR 395/98, BGHSt 44, 219, Rn. 22).
4. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Strafe für die Tat am 22./23. April 2018 (Fall II.2.a der Urteilsgründe) gesamtstrafenfähig ist mit der Strafe aus dem zäsurbildenden Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 23. Juli 2018. Nach den Ausführungen des Landgerichts ist die aus diesem Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen und einem weiteren Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 10. August 2018 gebildete Gesamtstrafe noch nicht vollständig vollstreckt, sodass die Judikate ihre Gesamtstrafenfähigkeit noch nicht verloren haben.
Dem neuen Tatrichter obliegt ferner, über eine Kompensation für die im Revisionsverfahren eingetretene Verfahrensverzögerung zu entscheiden.