StGB § 263 Abs. 5 Schadensberechnung beim sog. Schneeballsystem
BGH, Urt. v. 19.11.2015 – 4 StR 115/15 – NStZ 2016, 280
Das Prinzip der Gesamtsaldierung, wonach der Vermögenswert unmittelbar vor der Vermögensverfügung mit dem unmittelbar nach ihr zu vergleichen ist, gilt auch bei einem im sog. Schneeballsystem begangenen Betrug.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 24. September 2015 in der Sitzung am 19. November 2015, für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichtszurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten G. , To. , S. und T. jeweils wegen „gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges“ in 412 Fällen, den Angeklagten B. unter Freispruch im Übrigen wegen „gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges“ in 365 Fällen und die Angeklagte P. , ebenfalls unter Freispruch im Übrigen, wegen „Beihilfe zum gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrug“ in 334 Fällen verurteilt. Gegen den Angeklagten G. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, gegen die Angeklagten To. , S. und T. jeweils eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, gegen den Angeklagten B. eine solche von einem Jahr und sechs Monaten und gegen die Angeklagte P. eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Sämtliche Freiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es festgestellt, dass die Angeklagten durch die Taten mindestens 528.596 € erlangt haben und nur deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt wird, weil Ansprüche von Geschädigten entgegenstehen.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Mit Ausnahme des Angeklagten T. beanstanden sie darüber hinaus das Verfahren. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge insbesondere gegen die unterbliebene Verurteilung der Angeklagten wegen Betruges als Mitglieder einer Bande sowie gegen die Strafzumessung, ferner gegen den Teilfreispruch der Angeklagten P. .
A. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Im Januar 2007 veranlassten die Angeklagten G. , T. und B. die Gründung des Unternehmens „N. Ltd.“ mit Sitz in V., die als Zweigniederlassung eines in Großbritannien ansässigen Unternehmens firmierte. Die Angeklagten B. und S. – B. trat auch als Gründungsgesellschafter auf – wechselten sich in der Folgezeit in der Geschäftsführung dieses Unternehmens ab, dessen Gegenstand der Vertrieb von Getränken und Nahrungsergänzungsprodukten war. G. , B. und T. beabsichtigten, vor allem sogenannte Energy-Drinks mit dem Label einer ihnen bekannten Rockergruppe zu produzieren und über die N. Ltd. zu vertreiben. Da die Aufnahme der nachfolgend produzierten Engergy-Drinks in das Produktangebot u.a. in Verbrauchermärkten den Einsatz von Kapital erforderte, über das die N. Ltd. nicht verfügte, so dass der Absatz dieser Produkte äußerst schleppend verlief, betrieb die N. Ltd. neben dem eingetragenen Geschäftsgegenstand ab 2007 zum Zweck der Kapitalbeschaffung auch die Vermittlung des Verkaufs neuer Pkws unter gleichzeitigem Abschluss von Werbeverträgen. Pro vermitteltem Fahrzeug wurde aus der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis der Fahrzeuge jeweils ein Betrag von 4.000 € erzielt. Gleichzeitig wurden mit den Fahrzeugkäufern Werbeverträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren abgeschlossen, die man mit den aus den Verkaufserlösen gewonnenen Einnahmen zu bezahlen beabsichtigte. Für die ersten etwa fünf Fahrzeuge wurden die Werbeverträge auf diese Weise auch erfüllt. Obwohl die durch die Fahrzeugverkäufe eingenommenen Gelder auch dazu eingesetzt wurden, die von der N. Ltd. vertriebenen Produkte zu vermarkten, brachte der Verkauf von Energy-Drinks nicht den erhofften Erfolg, so dass er Anfang 2009 eingestellt wurde. Der anschließende Versuch der Vermarktung von Tattoo-Entfernungscremes scheiterte ebenso wie der Vertrieb von Wasserfiltern.
5 In der Zwischenzeit war der Angeklagte To. zu den Angeklagten G. , T. und S. hinzugestoßen; er realisierte bei Bedarf die Kreditfinanzierung des von den Kunden zu entrichtenden Kaufpreises für die Fahrzeuge über die Sa. Bank. Diese Angeklagten erkannten im Laufe der ersten Jahreshälfte 2008 die notleidende finanzielle Situation der Firma N. Ltd. und stellten fest, dass lediglich der Verkauf von Fahrzeugen bei gleichzeitigem Abschluss der Werbeverträge Geld einbrachte, allerdings nur dann, wenn man die gegenüber den Werbefahrern eingegangenen Verpflichtungen zur Zahlung der monatlichen Werbeprovisionen außer Ansatz ließ. In der Folgezeit intensivierten sie daher diesen Teil ihrer geschäftlichen Tätigkeit. Dabei gingen sie arbeitsteilig vor. Neben dem Angeklagten G. waren auch die Angeklagten S. und To. im Wesentlichen für die Fahrzeugbeschaffung verantwortlich. Über die Firma Sch. Automobile des Angeklagten S. – mit derselben Anschrift wie die Firma N. Ltd. – und das Unternehmen A. GmbH des Angeklagten To. Bezogen die Geschädigten ihre Fahrzeuge. S. war ferner für die finanziellen Belange und die Buchhaltung der N Ltd. Zuständig. B. verantwortete die monatlichen Kalkulationen der Firmenverbindlichkeiten und hatte die Befugnis, Arbeitsverträge zu unterschreiben sowie Kündigungen auszusprechen. Er stellte auch den Insolvenzantrag für die N. Ltd. Der Angeklagte T. war ebenfalls an Personalentscheidungen beteiligt und erstellte außerdem die Kauf- und Werbeverträge.
Die Angeklagte P. war als Sekretärin – ab dem 1. März 2009 als Vollzeitkraft – bei der N. Ltd. tätig und trug die Verantwortung für alle organisatorischen Belange im Zusammenhang mit den Kauf- und Werbeverträgen. Sie war gegenüber den anderen Büroangestellten weisungsbefugt und vertröstete die Geschädigten, die sich über ausbleibende Werbezahlungen beschwerten.
Zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl der abgeschlossenen Kauf- und Werbeverträge kam es infolge eines am 15. Oktober 2008 zwischen der N. Ltd., vertreten durch den Angeklagten S. , und der Firma Ad. abgeschlossenen sog. Kooperationsvertrages. Danach verpflichtete sich die Ad. , deren Geschäftsführer ein Bekannter des Angeklagten To. war und die unter derselben Anschrift wie die A. GmbH firmierte, das Geschäftsmodell der Angeklagten durch eine Werbeaktion unter dem Motto „Werbezuschuss für PKW-Werbung“ zu unterstützen. Obwohl den Angeklagten spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Kooperationsvertrages bewusst war, dass nennenswerte Umsätze mit den beworbenen Produkten der N. Ltd. nicht erzielt worden waren und sie auch damit rechneten und dies zumindest billigend in Kauf nahmen, dass dies auch in Zukunft nicht der Fall sein würde, verkauften sie jedenfalls ab dem 15. Oktober 2008 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken bis Anfang 2010 in den in den Urteilsgründen tabellarisch dargestellten Fällen
EU-Neufahr- zeuge des Typs F. zu deutlich über dem Marktpreis liegenden Preisen an die Geschädigten. Dabei versprachen die Angeklagten den Fahrzeugkäufern bei Abschluss der Kaufverträge jeweils, dass der Fahrzeugkauf- preis vollständig durch Werbeprovisionen von der Firma N. Ltd. in Höhe von monatlich rund 230 € pro Fahrzeug – bei einer Laufzeit der Werbeverträge von regelmäßig 72 Monaten – zurückerstattet würde. Das Landgericht hat dieses Vorgehen der Angeklagten als gewerbsmäßigen Betrug bzw. als Beihilfe dazu gewertet. Die Angeklagten hätten gewusst, dass die N. Ltd. finanziell nicht in der Lage war und auch in Zukunft nicht in der Lage sein würde, die zahlreichen abgeschlossenen Werbeverträge zu erfüllen, da weder aus dem eigentlichen Vertriebsgeschäft noch aus den Fahrzeugverkäufen erzielte Einnahmen die Zahlung der monatlichen Werbeprämien an die Fahrzeugkäufer auf Dauer ermöglicht hätten. Die geschädigten Fahrzeugkäufer seien auf Grund der erfolgten Täuschung bereit gewesen, die angebotenen Fahrzeuge zu erwerben und den geforderten, über dem üblichen Marktpreis liegenden Kaufpreis zu bezahlen. Da ihnen von den Angeklagten zugesagt worden sei, dass sie den bezahlten Kaufpreis über die monatlichen Werbeprämien zurückerhalten würden, sei ihnen der geforderte Kaufpreis gleichgültig gewesen, weshalb sie bereit gewesen seien, einen höheren Kaufpreis als bei einem „normalen“ Händler zu bezahlen, da sie sonst nicht in den Genuss der Werbeprämie gekommen wären.
Den Fahrzeugkäufern sei jeweils ein Schaden von mindestens 1.283 € entstanden. Der übliche Marktpreis für das in den ausgeurteilten Fällen jeweils verkaufte Fahrzeug habe im streitgegenständlichen Zeitraum bei höchstens 13.517 € gelegen, ein Betrag, der sich aus dem Listenpreis des Fahrzeugs zuzüglich Überführungskosten abzüglich des damals gewährten Herstellerrabattes der Firma F. errechne. Die Angeklagten hätten hingegen die Fahrzeuge für mindestens 14.800 € an die Geschädigten verkauft. Die Angeklagten G. , T . , S. und T o. hätten daher im gesamten Tatzeitraum in 412 Einzelfällen einen Mindestgesamtschaden von 528.596 € verursacht, der Angeklagte B. habe ab dem 1. Januar 2009 in 365 Fällen als Mittäter bei einem Gesamtschaden von 468.295 € mitgewirkt. Die Angeklagte P. habe die vorstehend aufgeführten Taten während ihrer Tätigkeit als Vollzeitsekretärin in mindestens 335 Fällen unterstützt und sei daher an einer Gesamtschadensverursachung von 428.522 € beteiligt.
B. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten führen ebenso wie die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, mit denen die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, und zur Zurückverweisung an das Landgericht.
I. Zu den Revisionen der Angeklagten:
Die Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Einer Erörterung der von ihnen erhobenen Verfahrensrügen bedarf es daher nicht. Die Verurteilung der Angeklagten wegen tatmehrheitlich begangenen Betruges bzw. Beihilfe dazu kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Landgericht es versäumt hat, in rechtlich nachprüfbarer Weise festzustellen, durch welche konkreten Einzelhandlungen die Angeklagten in den jeweiligen Fällen die gesetzlichen Merkmale des objektiven und des subjektiven Tatbestandes des § 263 StGB erfüllt haben.
1. Die Urteilsgründe müssen in einer geschlossenen, aus sich selbst heraus verständlichen Darstellung die für erwiesen erachteten konkreten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO). Werden mehrere Angeklagte wegen mehrerer selbständiger Straftaten (§ 53 StGB) verurteilt, müssen die Gründe für je- de Tat und in Bezug auf jeden deshalb verurteilten Angeklagten die erwiesenen Tatsachen so deutlich angeben, dass das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob das Strafgesetz ohne Rechtsirrtum angewandt ist. Die Sachdarstellung darf nicht durch eine Tabelle mit pauschalen Angaben über die einzelnen Taten ersetzt werden, wenn daraus bei der einzelnen Tat weder die Modalitäten der jeweiligen Tatausführung und die Art des Tatbeitrags der einzelnen Mittäter noch die für die Strafzumessung erforderlichen Einzelheiten entnommen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2009 – 5 StR 171/09, NStZ-RR 2010, 54; LR-StPO/Stuckenberg, 26. Aufl., § 267 Rn. 41 mwN).
2. Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht.
a) Das Landgericht hat lediglich die allgemeinen Umstände der zunächst erfolglosen unternehmerischen Betätigung der Angeklagten, die in diesem Zusammenhang erfolgte Gründung der Firma N. Ltd. und die Funktion der einzelnen Angeklagten im Rahmen des von ihnen entwickelten Geschäftsmodells dargestellt, ebenso die Beschaffung der für den Weiterverkauf an die Werbekunden bestimmten Kraftfahrzeuge, den Inhalt des am 15. Oktober 2008 abgeschlossenen Vertrages mit der Firma Ad. sowie die auf den Abschluss der Kauf- und Werbeverträge bezogene allgemeine Geschäftsentwicklung. Feststellungen zur Beteiligung der Angeklagten an den ihnen zur Last gelegten Einzelfällen des Betruges enthalten die Urteilsgründe hingegen nicht. Die Strafkammer beschränkt sich insoweit auf eine tabellarische Übersicht, in der die Daten der abgeschlossenen Werbeverträge, die Namen und die Anschriften der Kunden aufgeführt sind. Zum Tatgeschehen enthält das Urteil lediglich die Formulierung, den Angeklagten sei ab Oktober 2008 bewusst gewesen, nennenswerte Umsätze mit den zunächst beworbenen Produkten der Firma N. Ltd. nicht erzielen zu können, weshalb sie zumindest damit rechneten und auch billigend in Kauf nahmen, dass dies auch in Zukunft nicht der Fall sein werde. Vor diesem Hintergrund hätten sie in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken von Oktober 2008 bis Anfang 2010 in den in der Tabelle aufgeführten Fällen EU-Neufahrzeuge des genannten Typs zu deutlich über dem Marktpreis liegenden Preisen an die Geschädigten verkauft. Bei Abschluss der Verträge hätten „die Angeklagten“ den Kunden jeweils versprochen, der Kaufpreis für das Fahrzeug werde vollständig durch die Werbeprovisionen zurückerstattet, obwohl ihnen klar gewesen sei, dass die von ihnen betriebene Firma N. Ltd. dazu auf Dauer nicht in der Lage sein würde.
b) Diese Art der Sachdarstellung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil völlig unklar bleibt, welche Fahrzeugkäufer durch welchen Angeklagten, wann und durch welche tatbestandlich relevanten Verhaltensweisen geschädigt wurden. Zwar stellen die einzelnen Vertragsabschlüsse für sich genommen selbständige Handlungen dar, die sich die Angeklagten, sofern der Betrugstatbestand erfüllt ist, nach den Grundsätzen der Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) zurechnen lassen müssten. Für die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB kommt es aber auf die eigenen Tatbeiträge der Angeklagten zu den jeweiligen Vertragsabschlüssen an. Nur soweit sie selbst die Käufer getäuscht oder sonst einen konkreten Beitrag zu dem jeweiligen Abschluss geleistet hätten, läge Tatmehrheit vor. Bestand ihr Tatbeitrag zum Abschluss der Kauf- und Werbeverträge aber lediglich in der Leitung und Organisation einer der beteiligten Gesellschaften, läge nur eine Tathandlung vor (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2001 – 4 StR 65/01, wistra 2001, 378; Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2007 – 4 StR 481/07, NStZ 2008, 352, 353; zum sog. uneigentlichen Organisationsdelikt vgl. ferner BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177; Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, NStZ 2010, 103).
II. Zur Revision der Staatsanwaltschaft:
1. Dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Mai 2009 – 3 StR 122/09) entnimmt der Senat, auch im Hinblick auf Nr. 156 Abs. 2 RiStBV, dass der Teilfreispruch des Angeklagten B. nicht angefochten ist.
In der gegen den „gesamten Schuld- und Strafausspruch“ gerichteten Revisionsrechtfertigung legt die Staatsanwaltschaft zunächst im Einzelnen dar, aus welchen Gründen sie das angefochtene Urteil hinsichtlich der Angeklagten G. , To. , S. , T. , B. und P. für rechtsfehlerhaft hält, soweit diese verurteilt worden sind. Im Anschluss daran finden sich den Teilfreispruch der Angeklagten P. betreffende Ausführungen. Demgegenüber verhält sich die Revisionsbegründung zum Teilfreispruch des Angeklagten B. nicht.
2. Die Staatsanwaltschaft beanstandet, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, im Ergebnis zu Recht die Nichtanwendung der Qualifikationsnorm des § 263 Abs. 5 StGB. Die Verneinung eines Handelns der Angeklagten als Bande im Sinne des § 263 Abs. 5 StGB beruht auf einem durchgreifenden Erörterungsmangel zum Vorteil der Angeklagten. Insoweit wird das Rechtsmittel auch vom Generalbundesanwalt vertreten.
a) Seine rechtliche Bewertung begründet das Landgericht mit folgenden Erwägungen:
Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Angeklagten sich schon von Anfang an, also vom Zeitpunkt der Gründung der Firma N. Ltd. an, zu einer Bande zusammengeschlossen hätten, um Betrugsstraftaten zu begehen. Es könne vielmehr davon ausgegangen werden, dass jedenfalls zu Beginn der Firmentätigkeit auch durchaus ernsthafte Bemühungen stattgefunden hätten, die verschiedenen Produkte erfolgreich zu vermarkten, um unter anderem die zugesagten Werbeprovisionen zahlen zu können. Der Angeklagte G. habe im Übrigen ausgesagt, dass erst ab dem Zeitpunkt des mit der Ad. geschlossenen Kooperationsvertrages der Überblick über die Geschäfte verloren gegangen sei und das Ganze einen „gewissen Drive“ bekommen habe. Die Kammer sehe es deswegen erst ab dem 15. Oktober 2008 als erwiesen an, dass die Angeklagten zumindest damit rechneten, die zugesagten Werbeprovisionen nicht bezahlen zu können, und dass sie dennoch fortfuhren, den Fahrzeugkäufern und Werbefahrern zuzusagen, durch Zahlung der Werbeprovisionen den Fahrzeugpreis vollständig finanzieren zu können. So hätten diese veranlasst werden sollen, die Fahrzeuge zu einem, wie sie wussten, über dem Marktpreis liegenden Kaufpreis zu erwerben.
b) Damit hat sich das Landgericht den Blick dafür verstellt, dass die für die Qualifikationsnorm des § 263 Abs. 5 StGB erforderliche Bandenabrede auch noch in dem Zeitraum ab dem 15. Oktober 2008 getroffen worden sein könnte, dies nach den Feststellungen sogar naheliegt. Da eine solche Abrede nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits vorliegt, wenn die Bandenmitglieder mit dem Willen handeln, sich zur Begehung von Straftaten für die Zukunft und für eine gewisse Dauer zusammenzutun, und dies auch konkludent geschehen kann (BGH, Urteil vom 16. Juni 2005 – 3 StR 492/04, BGHSt 50, 160, 161 f.,164), drängten die Feststellungen zur Erörterung einer entsprechenden Abrede ab dem genannten Datum. Der Generalbundesanwalt weist zutreffend darauf hin, dass das Geschäftsmodell der Angeklagten und ihr arbeitsteiliges Zusammenwirken besonders nach dem Abschluss des Vertrages mit der Ad. am 15.Oktober 2008 eine neue Dimension erreichte, zumal die Aktivitäten zum Vertrieb von Produkten über die N. Ltd. im Niedergang begriffen waren und kurze Zeit später ganz eingestellt wurden. Die rechtlichen Anforderungen an den Nachweis einer Bandenabrede beim Übergang von einer zunächst legalen Tätigkeit zur Begehung von Straftaten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Mai 1998 – 1 StR 154/98, BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 3 Bande 3) schließen die Annahme einer derartigen Abrede hier nicht von vornherein aus.
c) Mit den weiteren, gegen den Schuldspruch gerichteten Einwänden, wonach dessen Reichweite unklar sei und das Landgericht die Höhe des Betrugsschadens fehlerhaft berechnet habe, zeigt die Beschwerdeführerin hingegen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf. Entsprechendes gilt, soweit sie den Teilfreispruch der Angeklagten P. angreift. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift vom 7. Mai 2015 Bezug.
III. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Für die Prüfung des objektiven Tatbestandes des Betruges dürfte nach den bisherigen Feststellungen von einem einheitlichen Geschäft, bestehend aus dem Kaufvertrag über das jeweilige Kraftfahrzeug und der zugehörigen Werbevereinbarung auszugehen sein. Denn in allen Fällen war das Zustandekommen des Kaufvertrages notwendig mit dem Abschluss der Werbevereinbarung verknüpft. Danach könnten sich die Fahrzeugkäufer jeweils auf Grund einer entsprechenden Täuschung in einem Irrtum darüber befunden haben, dass die in Aussicht gestellten Werbeprämien bis zum Ende der Laufzeit der vertraglichen Vereinbarung gezahlt werden würden. Der neue Tatrichter wird in diesem Zusammenhang Gelegenheit haben, auch den wesentlichen Inhalt der abgeschlossenen Verträge mitzuteilen.
Die Feststellungen zum täuschungsbedingten Vorstellungsbild der Fahrzeugkäufer bei Abschluss der verbundenen Verträge durfte das Landgericht auf die Bekundungen der vernommenen zwölf betroffenen Vertragspartner stützen. In Fällen, denen zahlreiche, im Wesentlichen gleich gelagerte Betrugshandlungen zu Grunde liegen, ist es dem Tatrichter gestattet, nur eine begrenzte Anzahl von Geschädigten als Zeugen zu vernehmen und gegebenenfalls auf eine entsprechende Irrtumserregung auch bei anderen Verfügenden zu schließen (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459, 460 mwN). Das ist im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei geschehen.
2. Für den Fall, dass sich die für die Annahme täuschungsbedingter Vermögensverfügungen erforderlichen Feststellungen in der neuen Verhandlung bestätigen sollten, werden bei der rechtlichen Bewertung des Vermögensschadens die vom Bundesgerichtshof zum sog. Schneeballsystem aufgestellten Grundsätze zu beachten sein.
Auch insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze, also das Prinzip der Gesamtsaldierung, wonach der Vermögenswert unmittelbar vor der Vermögensverfügung mit dem unmittelbar nach ihr zu vergleichen ist (BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201 f. mwN). Spätere Entwicklungen, etwa in Gestalt der Erbringung der versprochenen Gegenleistung durch den Täter vor allem im Anfangsstadium eines auf Täuschung aufgebauten Geschäftsmodells, können lediglich einen Ausgleich für einen bereits eingetretenen tatbestandlichen Schaden darstellen. Dem Schneeballsystem ist immanent, dass zunächst eine gewisse Chance auf Erhalt der versprochenen Gegenleistung besteht. Da jedoch alles vom weiteren Erfolg des Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder abhängt, ist die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Täter eingegangenen Verpflichtung nicht, auch nicht teilweise, die versprochene Gegenleistung, sondern stellt von vornherein keinen wirtschaftlichen Wert dar (vgl. nur BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 205 mwN).
3. Der vom insoweit sachverständig beratenen Landgericht zur Bestimmung des Vermögensschadens herangezogene Maßstab, wonach von dem (Markt-)Wert des jeweiligen Fahrzeugs auszugehen sei, der bei einem Verkauf erzielt werden würde, und nicht von dem Wert, für den das Fahrzeug gekauft wurde (UA 69 f.), ist entgegen der in den Revisionen der Angeklagten geäußerten Ansicht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (BGH, Beschluss vom 18. Juli 1961 – 1 StR 606/60, BGHSt 16, 220, 221; Urteil vom 20. Februar 1962 – 1 StR 496/61, BGHSt 17, 147, 148; Beschluss vom 12. Juni 1991 – 3 StR 155/91, NStZ 1991, 488; Beschluss vom 9. Juni 2004 – 5 StR 136/04, NJW 2004, 2603).
4. Hinsichtlich einer gegebenenfalls zu treffenden Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wird der neue Tatrichter Feststellungen zur wirtschaftlichen Mitverfügungsgewalt der jeweiligen Angeklagten an den aus der Tat erlangten Vermögenswerten zu treffen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2010 – 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 m. Anm. Spillecke; Urteil vom 19. Oktober 2011 – 1 StR 336/11, wistra 2012, 69, 70). Der neue Tatrichter wird zudem § 73c StGB zu erörtern haben, der auch bei einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO Geltung beansprucht (Senatsurteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 50).
5. Vor dem Hintergrund der zu Ungunsten der Angeklagten P. eingelegten Revision der Staatsanwaltschaft weist der Senat außerdem darauf hin, dass gegebenenfalls die Frage, ob diese Angeklagte als Gehilfin oder als Mittäterin anzusehen ist, eingehender als im angefochtenen Urteil zu prüfen sein wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn der neue Tatrichter wieder zu der Feststellung gelangen sollte, dass die Angeklagte, wie Zeugen ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils in der Hauptverhandlung bekundet haben, eine gegenüber den anderen Angestellten der N. Ltd. mit Weisungsbefug- nis ausgestattete, herausragende Stellung mit besonderem Näheverhältnis zu den anderen Angeklagten innehatte, die Werbeverträge ausfertigte, zum Teil mit einem falschen Namen unterschrieb und spätestens seit dem 1. März 2009 in das verfahrensgegenständliche Geschäftskonzept eingeweiht war. Der dem Tatrichter in Grenzfällen der Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme eingeräumte Beurteilungsspielraum verlangt insoweit eine vollständige Würdigung aller entscheidungserheblichen Umstände (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 – 1 StR 781/96, NJW 1997, 3385, 3387; Beschluss vom 17. Juni 2003 – 3 StR 183/03, NJW 2003, 2759, 2760).
6. Im Hinblick auf die bisher verstrichene Zeit könnte ferner zu erwägen sein, nur die Fälle als Grundlage für eine mögliche Verurteilung heranzuziehen, in denen keine oder nur geringe Beträge an die Geschädigten ausgezahlt wurden.