StGB § 267 Urkundenfälschung Kurzbezeichnung Absender auf Telekopie
StGB § 267 Urkundenfälschung Kurzbezeichnung Absender auf Telekopie
BGH, Beschl. v. 27.01.2010 - 5 StR 488/09
1. Nicht anders als bei einer ("gewöhnlichen") Fotokopie enthält die beim Empfänger ankommende Telekopie eines existenten Schriftstücks - für den Adressaten und jeden Außenstehenden offensichtlich - nur die bildliche Wiedergabe der in jenem Schriftstück verkörperten Erklärung.
2. Der Aufdruck der Kurzbezeichnung des Absenders auf der Telekopie bestätigt allenfalls, dass die eingegangene Telekopie vom Absender gemäß Aufdruck in das Telekopiergerät eingelegt und versandt worden ist. Insofern gibt er aber das Geschehene zutreffend wieder.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2010 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 14. Juli 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO dahingehend abgeändert, dass der Angeklagten wegen Untreue zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt ist und im Übrigen freigesprochen wird. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Die Staatskasse trägt die Kosten, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist; im Übrigen trägt der Angeklagte die Kosten seiner Revision.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die hiergegen mit Verfahrensrügen und der allgemeinen Sachrüge gerichtete Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts sagte der Angeklagte dem Geschädigten zwischen Ende 2003 und Beginn 2004 zu, über ein von ihm in Thailand gehaltenes Bankkonto einen Zahlungsfluss des Geschädigten in Höhe von 571.000 € von Deutschland über Thailand in die Schweiz verschleiern zu helfen. Der Geschädigte wollte den Geldbetrag hierdurch dem Zugriff seiner damaligen Ehefrau im Rahmen eines bevorstehenden Scheidungsverfahrens entziehen. Da sich das Bankinstitut in Thailand mangels Herkunftsnachweises weigerte, die Weiterüberweisung in die Schweiz an eine andere Person als den Angeklagten durchzuführen, überwies der Angeklagte einen Teilbetrag von 520.000 € auf ein Schweizer Konto, dessen Inhaber er selbst war. Von dort aus wollte er den Betrag auf das Schweizer Konto des Geschädigten weiterleiten. Jedoch verlangte auch sein Schweizer Bankinstitut einen Beleg dafür, dass die Summe aus einer rechtmäßigen Quelle herrühre. Spätestens jetzt fasste der Angeklagte den Entschluss, die Geldmittel für sich selbst zu verwenden. Er täuschte den Geschädigten über den Verbleib des Geldes und brach dann den Kontakt ab. Um das Geld anlegen zu können, gebrauchte der Angeklagte gegenüber seiner Schweizer Bank eine manipulierte notarielle Urkunde über einen Grundstücksverkauf. Hierzu ging er wie folgt vor: Er verfügte über eine CD, auf der eine eingescannte Version des zwischen ihm und dem Geschädigten im September 2003 geschlossenen notariellen Kaufvertrages abgespeichert war. Die eingescannte Version war in mehreren Punkten verändert worden, wobei das Landgericht nicht festzustellen vermochte, dass der Angeklagte selbst die Manipulationen vorgenommen hatte. So war im Original die Wohnanschrift des Angeklagten in Deutschland aufgeführt. Diese war in eine Briefkastenanschrift in Thailand verändert. Der Kaufpreis von ehemals 80.000 € war auf 571.000 € erhöht, das Datum der Fälligkeit vom 1. November 2003 auf den 5. Februar 2004 verschoben. Darüber hinaus war in der verfälschten Version bestimmt, dass der Kaufpreis vom Geschädigten auf das Konto des Angeklagten in Thailand zu überweisen sei. Anfang April 2004 druckte der Angeklagte die veränderte Version des Kaufvertrags aus. Er übermittelte sie am 5. April 2004 per Telekopie an seine Schweizer Bank. Die Bank akzeptierte den Nachweis und legte den größten Teil des Geldes zu seinen Gunsten in verschiedenen Fonds an.
2. Die Verfahrensrügen versagen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Jedoch führt die revisionsrechtliche Nachprüfung auf die allgemeine Sachrüge hin zur Aufhebung des Schuldspruchs und zur Freisprechung wegen Urkundenfälschung, demzufolge zum Wegfall der verhängten Einzelgeldstrafe sowie der Gesamtfreiheitsstrafe.
a) Die Verurteilung wegen Untreue wird entgegen der Auffassung der Verteidigung von den Feststellungen getragen. Namentlich steht der Anwendbarkeit des § 266 Abs. 1 StGB nicht entgegen, dass der durch den Geschädigten an den Angeklagten erteilte Auftrag rechtlich und sittlich missbilligten Zwecken diente (BGHSt 8, 254, 256 ff.; BGH NJW 1984, 800; Fischer, StGB 57. Aufl. § 266 Rdn. 46).
b) Demgegenüber hält die Verurteilung wegen Urkundenfälschung rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Angeklagte hat weder durch das Ausdrucken des manipulierten Kaufvertrages eine unechte oder verfälschte Urkunde hergestellt noch hat er eine solche durch Versendung dieses Ausdrucks hergestellt oder gebraucht.
aa) Das ausgedruckte Exemplar des manipulierten Schriftstücks erfüllte den Urkundenbegriff nach § 267 Abs. 1 StGB nicht. Urkunden im Sinne des Strafrechts sind verkörperte Erklärungen, die ihrem gedanklichen Inhalt nach geeignet und bestimmt sind, für ein Rechtsverhältnis Beweis zu erbringen, und die ihren Aussteller erkennen lassen (st. Rspr.; vgl. etwa BGHSt 4, 60, 61; 24, 140, 141; Fischer aaO § 267 Rdn.2 m.w.N.). Zwar kann im Wege computertechnischer Maßnahmen wie der Veränderung eingescannter Dokumente grundsätzlich eine (unechte) Urkunde hergestellt werden (vgl. BGHR StGB § 267 Abs. 1 Urkunde 5). Dafür muss die Reproduktion jedoch den Anschein einer von einem bestimmten Aussteller herrührenden Gedankenäußerung vermitteln, also einer Originalurkunde so ähnlich sein, dass die Möglichkeit einer Verwechslung nicht ausgeschlossen werden kann (Bay-ObLG NJW 1989, 2553, 2554; Fischer aaO § 267 Rdn. 12d). Daran fehlt es hier. Der bloße Ausdruck der Computerdatei wies nicht die typischen Authentizitätsmerkmale auf, die einen notariellen Kaufvertrag bzw. die Ausfertigung eines solchen prägen. Er spiegelte für den Betrachter erkennbar lediglich ein Abbild eines anderen Schriftstücks wider. Damit stand er einer bloßen Fotokopie gleich, der, sofern als Reproduktion erscheinend, mangels Beweiseignung sowie Erkennbarkeit des Ausstellers ebenfalls kein Urkundencharakter beizumessen ist (vgl. BGHSt 20, 17,18 f.; 24, 140,141 f. m.w.N.; BGH wistra 1993, 225; 341).
bb) Mit der Übermittlung des Schriftstücks per Telekopie und dessen Ausdruck auf dem Empfängergerät hat der Angeklagte desgleichen keine Urkunde hergestellt. Nicht anders als bei einer („gewöhnlichen“) Fotokopie enthält die beim Empfänger ankommende Telekopie eines existenten Schriftstücks – für den Adressaten und jeden Außenstehenden offensichtlich – nur die bildliche Wiedergabe der in jenem Schriftstück verkörperten Erklärung (vgl. OLG Zweibrücken NJW 1998, 2918; OLG Oldenburg NStZ 2009, 391; Erb in MünchKomm-StGB § 267 Rdn. 89; Zieschang in LK 12. Aufl. § 267 Rdn. 125; Fischer aaO § 267 Rdn. 12d; Beckemper JuS 2000, 123). Eine Beweisbedeutung kann ihr demgemäß mangels Erkennbarkeit eines Ausstellers und damit verbundener eigener Garantiefunktion für die Richtigkeit des Inhalts (vgl. BGH wistra 1993, 341) jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen (zu den in Betracht kommenden Fallgestaltungen Beckemper aaO) nicht beigemessen werden. Anderes ergibt sich auch nicht dann, wenn – was das Landgericht nicht ausdrücklich festgestellt hat – durch das Gerät des Empfängers auf der Telekopie die übliche Kurzbezeichnung des Absenders aufgedruckt gewesen ist. Ein solcher Aufdruck ist entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Cramer/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 267 Rdn.43 m.w.N.) nicht etwa einer Beglaubigung gleichzusetzen. Der Rechtsverkehr misst ihm eine solche Bedeutung ersichtlich nicht zu. Ferner bestätigt der Empfängeraufdruck nicht die inhaltliche Richtigkeit des versandten Schriftstücks (zur Lage bei der Beglaubigung BGHR StGB § 267 Abs. 1 Gebrauchmachen 4), sondern allenfalls, dass die eingegangene Telekopie vom Absender gemäß Aufdruck in das Telekopiergerät eingelegt und versandt worden ist. Insofern gibt er aber das Geschehene zutreffend wieder.
cc) Da es dem übermittelten Schriftstück an der Qualität als Urkunde ermangelte (vgl. Buchstabe aa), liegt schließlich kein Gebrauchmachen von einem unechten oder verfälschten „originalen“ Falsifikat vor (vgl. dazu BGHSt 24, 140, 142; Fischer aaO Rdn. 24).
3. Andere Straftatbestände sind nicht erfüllt. Namentlich scheidet § 269 Abs. 1 StGB in der Form des Gebrauchmachens veränderter Daten aus. Denn das auf der CD gespeicherte und dann in den Arbeitsspeicher des Computers des Angeklagten eingelesene Abbild enthielt aus den Gründen zu Ziffer2 anicht die Merkmale einer Urkunde (vgl. BGHR StGB § 269 Verfälschen 1).
4. Die Einzelgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 5 € wegen Urkundenfälschung sowie die Gesamtfreiheitsstrafe müssen nach alledem entfallen. Hiervon nicht beeinflusst wird die wegen Untreue verhängte Freiheitsstrafe von neun Monaten. Sie kann deshalb bestehen bleiben.
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