StGB § 353b Abs. 1 Kein Verlust des durch Kenntniserlangung auch eines Journalisten Geheimnischarakters dienstlich bekannt gewordener Tatsachen
BGH, Urteil v. 16. März 2017 – 4 StR 545/16 Eine Tatsache, deren Kenntnis einem bestimmten Kreis von Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden vorbehalten ist, verliert ihre Eigenschaft als Dienstgeheimnis nicht schon dadurch, dass auch ein Journalist von ihr erfährt, solange dieser über den Vorgang nicht öffentlich berichtet.
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 15. März 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.
Von Rechts wegen Gründe:
Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang wegen vorsätzlicher Verletzung des Dienstgeheimnisses zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 150 Euro verurteilt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob der Senat dieses Urteil mit den Feststellungen auf, weil die Strafkammer die Annahme einer (tateinheitlich begangenen) versuchten Strafvereitelung im Amt mit rechtsfehlerhaften Erwägungen abgelehnt hatte. Im zweiten Rechtsgang hat das Landgericht den Angeklagten nunmehr freigesprochen. Die gegen dieses Urteil gerichtete und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
I.
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage wirft dem Angeklagten vor, er habe als Leitender Polizeidirektor der Kreispolizeibehörde P. am 9. oder 10. Januar 2014 den zu dieser Zeit als Leiter des polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums B. tätigen Dr. K. telefonisch über den Eingang eines ihm vorgelegten anonymen Schreibens unterrichtet. In diesem Schreiben sei Dr. K. vorgeworfen worden, im Rahmen der freien Heilfürsorge vorgehaltene Medikamente unrechtmäßig an den Zeugen W. abgegeben zu haben. Aufgrund dieser Mitteilung sei der ungestörte Ablauf des gegen Dr. K. aufgrund dieser anonymen Anzeige eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gefährdet gewesen. Der Angeklagte habe in der Absicht gehandelt, eine Bestrafung von Dr. K. ganz oder teilweise zu vereiteln.
2. Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
a) Der Angeklagte pflegte zu Dr. K. eine gute Arbeitsbeziehung. Im Dezember 2013 waren einzelne Untersuchungsmethoden von Dr. K. Gegenstand einer von ihm als verunglimpfend empfundenen Berichterstattung in der regionalen Presse. Der Angeklagte wertete diese Berichterstattung als „Schmierenaktion“ und machte Dr. K. Mut. Am 9. Januar 2014 wurde dem Angeklagten ein undatiertes anonymes Schreiben vorgelegt, das an die von ihm geleitete Kreispolizeibehörde P. gerichtet war. Darin wurde der Vorwurf erhoben, Dr. K. habe im Rahmen seiner Tätigkeit als Leiter des polizeiärztlichen Dienstes über Jahre vorgehaltene Medikamente kostenlos an den Zeugen W. abgegeben, der als Verwaltungsleiter der Polizei hierauf keinen Anspruch gehabt habe. Der Angeklagte erklärte, sich selbst um die Angelegenheit kümmern zu wollen. Nachdem er das Schreiben durchgelesen hatte, machte sich der Angeklagte Sorgen um Dr. K. , weil er eine erneute negative Berichterstattung in der Presse befürchtete. Am 10. Januar 2014 kam es zwischen dem Angeklagten und Dr. K. zu einer E-Mail-Korrespondenz. Dabei informierte Dr. K. den Angeklagten zunächst über die Untersuchung eines seiner Mitarbeiter, für den sich der Angeklagte zuvor verwandt hatte, und bedankte sich danach bei ihm für dessen „sehr fürsorgliche Unterstützung“. Der Angeklagte bedankte sich im Gegenzug bei Dr. K. in einer als vertraulich gekennzeichneten E-Mail für diese Information und fügte hinzu, dass er sich sicher sei, „dass sich auch alles Andere zur Zufriedenheit aller Betroffenen regeln werde“. Dr. K. schrieb daraufhin an den Angeklagten: „Danke lieber Freund, ich habe mir nichts vorzuwerfen und sehe gelassen in die Zukunft, aber gesundheitlich durch die Schmierenaktion deutlich angeschlagen“. Ebenfalls noch am 10. Januar 2014 benachrichtigte der Angeklagte den Leitenden Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Paderborn, den Zeugen S. , über den wesentlichen Inhalt des anonymen Schreibens und händigte es ihm am 15. Januar 2014 persönlich aus. Dieser leitete das Schreiben am Folgetag zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Detmold weiter. Am 23. Januar 2014 sprach ein Redakteur der Zeitung den Zeugen S. bei einer Veranstaltung in P. in Anwesenheit des Angeklagten auf das anonyme Schreiben an, nachdem kurz zuvor eine leicht veränderte Abschrift bei der Zeitung eingegangen war. Auf die Bitte nach einer Bewertung des Schreibens verwies der Zeuge S. unter anderem darauf, dass er die Angelegenheit bereits an die Staatsanwaltschaft Detmold weitergeleitet habe und diese zudem prüfen müsse, ob die Straftaten, die den Zeugen Dr. K. und W. vorgeworfen worden seien, nicht bereits verjährt seien. Über dieses Gespräch informierte der Angeklagte den Zeugen Dr. K. zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 23. Januar 2014 und dem 4. Februar 2014. Am 24. Januar 2014 leitete die Staatsanwaltschaft Detmold ein Ermittlungsverfahren gegen Dr. K. und den Zeugen W. ein. Am 28. Januar 2014 oder kurz danach fragte ein Journalist der Landeszeitung bei der Pressestelle der Kreispolizeibehörde P. nach, ob es richtig sei, dass dort ein anonymes Schreiben vom Januar 2014 vorliege. Bei einem am 4. Februar 2014 wegen der negativen Presseberichterstattung im Dezember 2013 mit der Polizeipräsidentin in B. geführten Gespräch teilte Dr. K. mit, von dem Angeklagten darüber informiert worden zu sein, dass es bereits ein weiteres anonymes Schreiben gebe, in dem ihm die unrechtmäßige Abgabe von Medikamenten an den Zeugen W. vorgeworfen werde. Gegen den Angeklagten wurde daraufhin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Presse berichtete erstmals nach den Durchsuchungen bei dem Angeklagten sowie den Zeugen Dr. K. und W. , die jeweils am 18. März 2014 stattfanden, von den Vorwürfen aus dem anonymen Schreiben.
b) Die Strafkammer hat nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen vermocht, dass der Angeklagte den Zeugen Dr. K. – wie angeklagt – bereits am 9. oder 10. Januar 2014 von dem anonymen Schreiben in Kenntnis gesetzt hat. Dass die Existenz und der Inhalt des anonymen Schreibens nach dem 23. Januar 2014 noch ein Geheimnis im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB gewesen sei, habe sich nicht feststellen lassen, da zu diesem Zeitpunkt auch schon Pressevertreter hiervon Kenntnis gehabt hätten. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass der Angeklagte im Zeitpunkt der Offenbarung gegenüber dem Zeugen Dr. K. nach dem von ihm angehörten Gespräch vom 23. Januar 2014 nicht mehr die Vorstellung gehabt habe, dass es sich bei der Existenz oder dem Inhalt des anonymen Schreibens von Anfang Januar 2014 noch um ein Geheimnis handele oder er dies zumindest billigend in Kauf genommen habe. Auch der für die Annahme einer versuchten Strafvereitelung (im Amt) erforderliche Tatentschluss sei nicht gegeben, weil es das vorrangige Ziel des Angeklagten gewesen sei, den Zeugen Dr. K. vor weiterer negativer Presseberichterstattung zu bewahren oder zumindest vor damit einhergehenden emotionalen Rückschlägen zu schützen. Zudem sei davon auszugehen, dass es sich bei der Weitergabe der Informationen nach dem 23. Januar 2014 und der angeklagten Unterrichtung von Dr. K. am 9. oder 10. Januar 2014 wegen der unterschiedlichen Tatzeiten und dem dazwischen liegenden Gespräch zwischen dem Zeugen S. und dem Redakteur der Zeitung um verschiedene prozessuale Taten handele und dieser Vorgang deshalb von der zugelassenen Anklage nicht erfasst sei.
II. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
1. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen einer Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b Abs. 1 Nr. 1 StGB verneint hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil es von einem zu engen Verständnis des Tatbestandsmerkmals Geheimnis ausgegangen ist.
a) Dienstgeheimnisse im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB sind tatsächliche Gegebenheiten, die nur einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und die der Geheimhaltung bedürfen. Sie müssen dem betreffenden Amtsträger im inneren Zusammenhang mit seiner Diensttätigkeit bekannt geworden sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126, 129; Urteil vom 23. März 2001 – 2 StR 488/00, BGHSt 46, 339, 340 f. mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. November 2012 – 2 StR 388/12, NStZ-RR 2013, 110, 111). Werden Tatsachen, deren Kenntnis nur einem bestimmten geschlossenen Personenkreis vorbehalten ist, weiteren Personen bekannt, so geht deren Geheimnischarakter dadurch noch nicht verloren (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342, 383; RG, Urteil vom 4. März 1940 – 2 D 31/40, RGSt 74, 110, 111; Vormbaum in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 353b Rn. 7; Graf in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 353b Rn. 22 mwN). Auch kommt es nicht darauf an, ob die Zahl der Mitwisser bestimmbar ist (vgl. RG, Urteil vom 4. März 1940 – 2 D 31/40, RGSt 74, 110, 111). Selbst ein noch ungesichertes und daher der Bestätigung bedürfendes „Bekanntsein“ einer Tatsache hebt deren Geheimnischarakter noch nicht auf (vgl. RG, Urteil vom 4. März 1940 – 2 D 31/40, RGSt 74, 110, 111; Vormbaum, aaO, § 353b Rn. 7; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 353b Rn. 4; Graf, aaO, § 353b Rn. 23 mwN). Erst wenn eine geheimhaltungsbedürftige Tatsache einer ungewissen Vielzahl von Personen bekannt geworden ist und sich dadurch so verbreitet hat oder auf andere Weise so zugänglich geworden ist, dass ein verständiger und erfahrener Mensch ohne weiteres zuverlässig von ihr Kenntnis haben oder sich von ihr aus allgemein zugänglichen Quellen un- schwer überzeugen kann, hat sie ihren Geheimnischarakter verloren (vgl. BGH, Urteile vom 9. Dezember 2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126, 129 f. zu § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG u.a.; und vom 8. Oktober 2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28, 30 ff. zu § 203 StGB; Bosch in SSW-StGB, 3. Aufl., § 353b Rn. 4; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 353b Rn. 13 mwN).
b) Diesen Vorgaben werden die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es das Vorliegen eines Geheimnisses für den von ihm angenommenen Tatzeitraum verneint hat, nicht gerecht. Zwar hat der Zeuge S. als Leitender Oberstaatsanwalt am 23. Januar 2014 auf die Nachfrage eines Redakteurs der Zeitung die Existenz und – jedenfalls in groben Zügen – auch den Inhalt des anonymen Schreibens bestätigt und damit nicht nur den Kreis der Mitwisser erweitert, sondern auch die Grundlage für eine sich auf eine zuverlässige Quelle stützen könnende Presseveröffentlichung geschaffen. Dadurch hatte das anonyme Schreiben seinen Geheimnischarakter aber noch nicht verloren. Denn die Zeitung hat bis zum 4. Februar 2014 nicht über den Vorgang berichtet, sodass die Existenz und der Inhalt des anonymen Schreibens bis dahin weder einer ungewissen Vielzahl von Personen zuverlässig bekannt, noch in dem oben dargestellten Sinne zugänglich geworden sind. Auch die Anfrage des Journalisten der Landeszeitung bei der Pressestelle der Kreispolizeibehörde P. am 28. Januar 2014 stellt den Geheimnischarakter des anonymen Schreibens nicht in Frage. Sie deutet zwar darauf hin, dass auch dieser Journalist Kenntnis von dem Schreiben hatte und damit ein (weiterer) Mitwisser außerhalb der Ermittlungsbehörden war. Aber auch er hat im Tatzeitraum darüber nicht berichtet. Soweit das Landgericht nicht auszuschließen vermocht hat, dass es noch weitere Personen außerhalb der Ermittlungsorgane gab, die Kenntnis von dem anonymen Schreiben und seinem Inhalt hatten, handelt es sich um eine nicht auf Tatsachen gestützte Annahme. Es ist aber weder im Hinblick auf den Zweifelsgrundsatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Sachverhalte zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2016 – 4 StR 320/16, NStZ-RR 2016, 380, 381; Urteil vom 18. September 2009 – 5 StR 224/08, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 20).
2. Dieser Rechtsfehler entzieht auch den Erwägungen der Strafkammer zur inneren Tatseite die Grundlage. Soweit dazu ausgeführt wird, der Angeklagte habe nach dem von ihm angehörten Gespräch vom 23. Januar 2014 jedenfalls nicht mehr die Vorstellung gehabt, dass es sich bei der Existenz oder dem Inhalt des anonymen Schreibens von Anfang Januar 2014 noch um ein Geheimnis handelte oder er dies zumindest billigend in Kauf nahm, bleibt offen, was sich der Angeklagte in Abweichung von den festgestellten Umständen tatsächlich vorgestellt hat. Konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte im Zeitpunkt der Offenbarung des anonymen Schreibens gegenüber dem Zeugen Dr. K. irrig angenommen haben könnte, die Existenz dieses Schreibens und sein Inhalt seien nach der von ihm mitgehörten Antwort des Zeugen S. auf die an ihn gerichtete Presseanfrage – obgleich es bis zum 4. Februar 2014 zu keiner Presseberichterstattung kam – nunmehr einer ungewissen Vielzahl von Personen bekannt oder so zugänglich geworden, dass ein verständiger und erfahrener Mensch ohne weiteres zuverlässig davon Kenntnis haben konnte, sind auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen. Nur in diesem Fall käme ein zum Vorsatzausschluss führender Irrtum über Tatumstände im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB in Betracht.
3. Eine erst in der Zeit zwischen dem 23. Januar und dem 4. Februar 2014 erfolgte Bekanntgabe des anonymen Schreibens und seines Inhalts an den Zeugen Dr. K. ist noch Bestandteil der angeklagten Tat (§ 264 StPO) und hätte daher von der Strafkammer abgeurteilt werden dürfen.
a) Gemäß § 264 Abs. 1 StPO ist Gegenstand der Urteilsfindung die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. Zur Tat im Sinne dieser Vorschrift gehört das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Lebensauffassung einen einheitlichen Vorgang bildet. In diesem Rahmen muss das Tatgericht seine Untersuchung auch auf Teile der Tat erstrecken (Kognitionspflicht), die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2016 – 3 StR 186/16, StraFo 2017, 26; Urteil vom 3. November 1959 – 1 StR 425/59, BGHSt 13, 320, 321; weitere Nachweise bei Norouzi in Münchener Kommentar zur StPO, § 264 Rn. 10). Verändert sich im Laufe eines Verfahrens das Bild des Geschehens, auf das die Anklage hinweist, so ist entscheidend, ob die „Nämlichkeit der Tat“ trotz dieser Abweichung noch gewahrt ist. Dies ist der Fall, wenn – ungeachtet gewisser Differenzen – bestimmte Merkmale die Tat weiterhin als einmaliges, unverwechselbares Geschehen kennzeichnen und keine wesentliche Änderung des Tatbildes eingetreten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 – 2 StR 311/13, Rn. 4; Urteil vom 28. Mai 2002 – 5 StR 55/02, NStZ 2002, 659 [Ls]; Urteil vom 21. Dezember 1983 – 2 StR 578/83, BGHSt 32, 215, 216, 218 f.; weitere Nachweise bei Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 264 Rn. 95). Eine Veränderung oder Erweiterung des Tatzeitraums führt daher nicht zur Aufhebung der Identität zwischen Anklage und abgeurteilter Tat, wenn die in der Anklage beschriebene Tat unabhängig von der Tatzeit nach anderen Merkmalen hinreichend individualisiert ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2016 – 3 StR 454/15, NStZ-RR 2016, 223 [Ls]; Urteil vom 20. November 2014 – 4 StR 153/14, StraFo 2015, 68; Urteil vom 17. August 2000 – 4 StR 245/00, BGHSt 46, 130, 133 mwN).
b) Danach unterlag auch eine erst in der Zeit zwischen dem 23. Januar 2014 und dem 4. Februar 2014 erfolgte Unterrichtung des Zeugen Dr. K. von der Existenz und dem Inhalt des anonymen Schreibens der Kognitionspflicht der Strafkammer. Die dem Angeklagten in der unverändert zugelassenen Anklageschrift zur Last gelegte und die festgestellte Tat sind maßgeblich dadurch gekennzeichnet, dass der Angeklagte den Zeugen Dr. K. über die Existenz und den Inhalt eines bei der Kreispolizeibehörde in P. eingegangenen und ihm am 9. Januar 2014 vorgelegten anonymen Schreibens, in dem der Zeuge diverser Straftaten verdächtigt wurde, unterrichtete, bevor deswegen gegen den Zeugen offen ermittelt wurde. Diese beiden Sachverhalten gemeinsamen Aspekte reichen aus, um die den Verurteilungsgegenstand bildende Tat – auch unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung – so zu beschreiben, dass sie nach den allgemeinen Gesetzen der Logik und der Erfahrung eindeutig gekennzeichnet ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Dezember 1983 – 2 StR 578/83, BGHSt 32, 215, 216, 218 f.; Puppe, NStZ 1982, 230, 234 f.). Ob diese Mitteilung – wie angeklagt – am 9. oder 10. Januar 2014 oder erst in der Zeit zwischen dem 23. Januar 2014 und 4. Februar 2014 erfolgt ist, ist dafür nicht von wesentlicher Bedeutung. Das von der Strafkammer zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht herangezogene Gespräch zwischen dem Zeugen S. und dem Redakteur der Zeitung vom 23. Januar 2014 rechtfertigt keine abweichende Bewertung, da es auf der Grundlage der im Übrigen getroffenen Feststellungen nicht zu einer gänzlich abweichenden Einordnung des Täterverhaltens führt.
4. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
Auf die von der Revision gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts erhobenen Einwände kommt es nicht mehr an. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO Gebrauch und verweist die Sache an eine Strafkammer des Landgerichts Münster zurück.