StGB § 46 Einzelstrafen im Verhältnis zu Mitangeklagten
StGB § 46 Einzelstrafen im Verhältnis zu Mitangeklagten
BGH, Beschluss v. 23. März 2017 – 2 StR 406/16
Bei Aburteilzng mehrerer Beteiligter an derselben Tat durch dasselbe Gericht in demselben Verfahren müssen die jeweiligen Strafmaße in einem sachgerechten, nachprüfbaren Verhältnis zur Strafe anderer Beteiligter stehen. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 23. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten G. gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 10. Juni 2016 wird mit der Maßgabe verworfen, dass in den Fällen II. 9 und 10 der Urteilsgründe Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und acht Monaten verhängt werden.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in 24 Fällen, wobei es in acht Fällen beim Versuch blieb, sowie wegen "Diebstahls in einem besonders schweren Fall" in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet. Die umfassende Überprüfung der angefochtenen Entscheidung hat Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten im Schuldspruch und in den Einzelstrafen II. 1 – 8 sowie II. 11, 13 – 28 der Urteilsgründe nicht aufgezeigt. Hingegen bestehen gegen die Strafaussprüche in den Fällen II. 9 – 10 der Urteilsgründe mit Blick auf die gegen den Mitangeklagten R. in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen rechtliche Bedenken. Zwar ist bei mehreren Tatbeteiligten einer Tat jeder Täter nach dem Maß der eigenen Schuld abzuurteilen, so dass die Revision grundsätzlich nicht auf einen Vergleich der Strafzumessung verschiedener Täter gestützt werden kann. Etwas anderes gilt jedoch, wenn offenkundige Widersprüche vorliegen oder es an einer nachvollziehbaren Begründung für eine abweichende Strafzumessung bei verschiedenen Tätern fehlt und eine solche auch nicht aus den sonstigen Urteilsfeststellungen geschlossen werden kann (BGH StV 2010, 677). Bei Aburteilung mehrerer Beteiligter an derselben Tat durch dasselbe Gericht in demselben Verfahren müssen die jeweiligen Strafmaße in einem sachgerechten, nachprüfbaren Verhältnis zur Strafe anderer Beteiligter stehen (vgl. etwa BGH StV 2011, 725; s. a. BGHSt 56, 262, 263; BGH NStZ-RR 2017, 40). Gemessen daran hält die Festsetzung der Einzelstrafen in den Fällen II. 9 – 10 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat in diesen Fällen gegen den Angeklagten jeweils Freiheitsstrafen von einem Jahr und zehn Monaten verhängt, gegen den Mitangeklagten R. dagegen jeweils nur Freiheitsstrafen von einem Jahr und acht Monaten. Weder aus den Feststellungen zur Tat noch sonst aus den Urteilsgründen ergibt sich jedoch ein nachvollziehbarer Grund für die Verhängung einer höheren Strafe gegen den Angeklagten. Die Angeklagten waren an den Taten mit gleichartigen Tatbeiträgen beteiligt. Die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer stimmen hinsichtlich beider Angeklagter wörtlich überein. Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb der Angeklagte trotz der geständigen Einlassung für diese Taten im Vergleich zu dem Mittäter härter bestraft worden ist und nicht – wie in den anderen Fällen – gleich hohe Strafen verhängt worden sind. Dieser Rechtsfehler führt hier zur Aufhebung des Strafausspruchs und führt entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zur Festsetzung von Einzelstrafen in der gegen den Mitangeklagten R. verhängten Höhe. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht, das in allen Fällen jeweils gleiche Strafen gegen beide Angeklagte verhängt hat, gegen den Angeklagten in den Fällen II. 9 – 10 eine noch niedrigere Einzelstrafe festgesetzt hätte. Die Reduzierung der Einzelstrafen in den genannten Fällen führt nicht zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer bei einer Einsatzstrafe von drei Jahren und angesichts der unverändert gebliebenen weiteren 24 Einzelstrafen eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.