StGB § 46 Uneinsichtigkeit des Angeklagten als Strafzumessungstatsache

BGH, Urt. v. 27.01.2021 – 1 StR 396/20

1. Uneinsichtigkeit des Täters kann sich jedoch nur dann straferhöhend auswirken, wenn sein Verhalten auf Rechtsfeindschaft, seine Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche schließen lässt.

2. Es darf nicht zum Nachteil des Angeklagten gewertet werden, dass dieser die Tatbegehung im Rahmen zulässigen Verteidigungsverhaltens im Wesentlichen bestreitet.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 27. Januar 2021 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 30. Juni 2020 im Strafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat das Urteil mit Beschluss vom 22. April 2020 (1 StR 113/20) im Strafausspruch aufgehoben und das Rechtsmittel des Angeklagten im Übrigen als unbegründet verworfen. Die Feststellungen wurden aufrechterhalten.

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Zugrundelegung ergänzender Feststellungen zur Intensität der sexuellen Handlung sowie zu den Tatfolgen erneut zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, mit der Beanstandung formellen und materiellen Rechts geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

2. Der Strafausspruch hält wiederum rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat nach Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte ausgeführt, dass die erneut verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren mit Blick auf die zusätzlich festgestellten, länger andauernden Verletzungsfolgen tatund schuldangemessen, aber auch erforderlich und verhältnismäßig sei, „um auf den - immer noch uneinsichtigen - Angeklagten“ maßgeblich einzuwirken (UA S. 12).

Diese abschließende Erwägung lässt besorgen, dass das Landgericht bei der Straffindung rechtsfehlerhaft die Uneinsichtigkeit des Angeklagten strafschärfend berücksichtigt hat. Eine Uneinsichtigkeit des Täters kann sich jedoch nur dann straferhöhend auswirken, wenn sein Verhalten auf Rechtsfeindschaft, seine Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche schließen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2018 - 1 StR 401/18 Rn. 7 mwN). Solche Umstände hat die Strafkammer nicht dargetan. Hinzu kommt, dass der Angeklagte vorliegend die Tatbegehung im Rahmen zulässigen Verteidigungsverhaltens im Wesentlichen bestritten hat, so dass ihm hieraus kein Nachteil erwachsen darf (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 2 StR 283/09 mwN). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Tatgeschehen im zweiten Rechtsgang bereits rechtskräftig festgestellt war.

3. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die ergänzend getroffenen Feststellungen sind hiervon nicht betroffen und bleiben daher bestehen (§ 353 Abs. 2 StPO). Weitergehende Feststellungen können getroffen werden, sofern sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.