StPO § 110a – Ausländische Polizeibeamte als Verdeckte Ermittler im Inland sind V-Personen

StPO § 110a – Ausländische Polizeibeamte als Verdeckte Ermittler im Inland sind V-Personen

BGH, Beschl. vom 20.06.2007 – 1 StR 251/07

Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, die Polizeibeamte einer ausländischen Behörde aus­drücklich Beamten im Sinne der §§ 2, 35 ff. BRRG gleichstellt, richtet sich deren verdeckter Einsatz nicht nach den Vorschriften der §§ 110a ff. StPO. Verdeckt ermittelnde Beamte des ausländischen Polizeidienstes sind deshalb zu behandeln wie von der Polizei eingesetzte Vertrauenspersonen.

1. Auf die Revisionen der Angeklagten Dr. B. und D. V. wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30. No­vember 2006 - auch soweit es den Mitangeklagten Da. B. betrifft - im Ausspruch über die Einziehung von bei den Angeklagten sichergestellten Gegenständen dahin ergänzt und neu gefasst, dass 145,06 g Kokain, 4.603 g Streckmit­tel, die bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellten Mobiltelefone der Marken Samsung SGH-E 810, Nokia 2600, Motorola und Sagem, die bei dem Angeklagten D. V. sichergestellten Mobiltelefone der Marken Motorola E 1000, Panasonic EBGD 87, Nokia 7650 und Sony, die bei dem Angeklagten Da. B. sichergestellten Mobiltelefone der Marken Nokia 3100, Samsung SGH-X 48, Samsung E 700 IMEI, Nokia 8310, Motorola, Siemens C 60, Samsung SGH-A 800 sowie die bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellte Handgranate, Typ M75, eingezogen werden. 

2. Im Übrigen werden die Revisionen der Angeklagten Dr. B. und D. V. verworfen.

3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.  Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. B. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in einem Fall bandenmäßig, sowie wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffen­kontrollgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten D. V. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, davon in zwei Fällen ban­denmäßig, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren sowie den nicht revidierenden Angeklagten Da. B. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Des Weiteren hat es den Verfall von Wertersatz sowie die Einziehung der „sichergestellten Betäu­bungsmittel und Streckmittel“, der „sichergestellten Mobiltelefone der Angeklagten “sowie der sichergestellten Handgranate“ angeordnet. Der Angeklagte V. erhebt eine Verfahrensrüge. Zudem wenden sich beide Angeklagte mit der Sachrüge gegen das Urteil. Die Rechtsmittel haben im Wesentlichen keinen Erfolg.

I. Der Angeklagte V. macht in den Fällen II. 5 (Fall 3, 5. Unterfall der Anklageschrift vom 11. April 2006) und II. 7 (Fall 4, 2. Unterfall der Anklage) der Urteilsgründe ein Beweisverwertungsverbot geltend. Das Landgericht habe Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem unzulässigen Einsatz eines „vermeintlich Verdeckten Ermittlers“ zu seinenLasten verwertet. Die Rüge bleibt erfolglos. Nach den Urteilsgründen hat das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten V. in diesen beiden Fällen - ebenso wie in den anderen, in denen der Angeklagte V. verurteilt wurde - nicht auf Erkenntnisse des von den deutschen Behörden eingesetzten, verdeckt ermittelnden Beam­ten eines ausländischen Polizeidienstes gestützt. Vielmehr hat es seine Überzeugungsbildung in beiden Fällen in erster Linie auf die Angaben des Zeugen Vu. sowie im Fall II. 7 zusätzlich auf die des observierenden Zeugen L. gestützt (UA S. 49 f. und S. 54 ff.). Soweit in die Beweiswürdigung im Fall II. 7 des Urteils SMS und Wortprotokol­le von Telefonüberwachungsmaßnahmen eingeführt wurden, handelt es sich ausschließlich um solche, an denen der von den deutschen Behörden eingesetzte ausländische „Verdeckte Ermittler“ nicht beteiligt war. Die Taten, an denen der in Deutschland eingesetzte ausländische Polizeibeamte beteiligt war und die Gegenstand der Hauptverhandlung waren, betrafen Fälle 5, 3. Unterfall und 7, 1. und 2. Unterfall der Anklageschrift vom 11. April 2006, mithin die Fälle II. 12, 14 und 15 der Urteilsgründe, in denen der Anklagte V. nicht verurteilt wurde. Den in der Hauptverhand­lung gewonnenen Erkenntnissen im Zusammenhang mit dem von den deutschen Behörden eingesetzten ausländi­schen Polizeibeamten kam somit für die Verurteilung des Angeklagten V. - anders als für die des nicht revidierenden Da. B. -keine Bedeutung zu. Unabhängig davon hätte kein Beweisverwertungsverbot vorgelegen. Es beschwert den Angeklagten nicht, dass die Staatsanwaltschaft beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Konstanz die Zustimmung zum Einsatz von bis zu drei Verdeckten Ermittlern, unter denen auch bis zu zwei ausländische Polizeibeamte sein durften, eingeholt hat. Ohne Rechtsfehler hat es das Landgericht in seinem Beschluss vom 15. Oktober 2006 dahin­gestellt sein lassen, ob ein ausländischer Polizeibeamter überhaupt als Verdeckter Ermittler nach § 110a StPO einge­setzt werden konnte. Verdeckte Ermittler sind gemäß § 110a Abs. 2 StPO nur Beamte im Sinne der §§ 2, 35 ff. BRRG (vgl. Schäfer in Löwe/ Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 110a Rdn. 12; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 110a Rdn. 3). Dies verlangen nicht nur die besondere Ermittlungstätigkeit und die damit einhergehende Gefährdung, son­dern auch die erforderliche straffe Führung sowie die wirksame, auch disziplinarrechtliche Dienstaufsicht über den Verdeckten Ermittler (vgl. BTDrucks. 12/989 S. 42). Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, die Polizeibeamte einer ausländischen Behörde ausdrücklich Beamten im Sinne der §§ 2, 35 ff. BRRG gleichstellt, richtet sich deren verdeckter Einsatz nicht nach den Vorschriften der §§ 110a ff. StPO (vgl. Nack in KK 5. Aufl. § 110a Rdn. 5). Die hier erteilte richterliche Zustimmung zum Einsatz als „Verdeckter Ermittler“ war somit nicht erforderlich. Verdeckt ermittelnde Beamte des ausländischen Polizeidienstes sind deshalb zu behandeln wie von der Polizei eingesetzte Vertrauenspersonen. Wurde für ihren Einsatz dennoch eine richterliche Zustimmung - wie vorliegend -eingeholt, so kann die Verwertbarkeit der Angaben der Vertrauensperson oder sonstiger daraus resultierender Beweismittel nicht durch einen möglichen Fehler des Zustimmungsbeschlusses des Ermittlungsrichters beeinträchtigt sein. 

II. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge der beiden Angeklagten hat weder im Schuldspruch noch im Strafausspruch einen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben. 

III. Der Senat vermag dem Antrag des Generalbundesanwalts nicht zu folgen, im Wege der Berichtigung des Tenors einen höheren Verfall von Wertersatz anzuordnen, weil sich aus den Urteilsgründen möglicherweise ein Rechenfeh­ler ergibt. Es muss bei der aus dem Urteilstenor ersichtlichen und verkündeten Höhe verbleiben (vgl. BGH, Beschl. vom 17. Dezember 1999 -1 StR 630/99).

IV. Über die Einziehung der im Tenor des angefochtenen Urteils nicht ausreichend bezeichneten Gegenstände hatte der Senat - wie im Einzelnen aus dem Tenor ersichtlich - neu zu entscheiden. Sind Gegenstände einzuziehen, ist es grundsätzlich tunlich, die Gegenstände in der Urteilsformel oder, sofern es sich um eine Vielzahl von Gegenständen handelt, jedenfalls in einer Anlage hierzu (vgl. BGHSt 9, 88, 90) so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung geschaffen ist. Bei der Einziehung von Betäubungsmitteln gehört dazu auch die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor ergeben muss. Diesen Anforderungen wird die Kennzeichnung der einzuziehenden Gegenstände in der Urteilsformel nicht vollständig gerecht. Dem Antrag des Generalbundesanwalts, das Urteil deshalb im Ausspruch über die Einziehung aufzuheben, brauchte der Senat jedoch nicht zu folgen. Der Senat kann gemäß § 354 Abs. 1 StPO die Entscheidung selbst treffen, wenn die Urteilsgründe die erforderlichen Angaben enthalten (vgl. BGHSt 26, 258, 266; BGH, Beschl. vom 5. Dezember 1991 -1 StR 719/91; BGH, Beschl. vom 13. Februar 2004 - 3 StR 501/03; BGH, Beschl. vom 28. November 2006 - 4 StR 404/06; BGH, Beschl. vom 25. April 2007 -2 StR 86/07). Soweit die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ angeordnet worden ist, die das Landgericht zutreffend auf § 33 Abs. 2 BtMG gestützt hat, enthalten die Urteilsgründe die bei Betäubungsmitteln erforderlichen Angaben über deren Art und Menge, so dass der Senat die konkrete Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände insoweit nachholen kann. Gleiches gilt für die nach den insoweit getroffenen Feststellungen ebenfalls rechtlich nicht zu beanstandende Einziehung der bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellten Handgranate gemäß § 24 Abs. 1 Kriegswaffenkontroll­gesetz. Auch in Bezug auf die Anordnung der Einziehung der "sichergestellten Streckmittel und der zu den Taten benutzten sichergestellten Mobiltelefone der Angeklagten“ enthalten die Urteilsgründe unter Berücksichtigung der Verzeichnisse der Beweisstücke noch die erforderlichen Angaben, damit der Senat selbst Klarheit über den Umfang der Einziehung schaffen kann. Hinsichtlich der Streckmittel konnte die Einziehung unabhängig von der Eigentümer­stellung erfolgen, da die konkrete Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden, § 74 Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB. Die Einziehungsentscheidung war gemäß § 357 StPO auch auf den nicht revidierenden Angeklagten Da. B. zu erstrecken.

Ihr Anwalt Hamburg - Kanzlei Rechtsanwälte Lauenburg & Kopietz