StPO § 32d S 2: Übersendung der Revisionsbegründung per bea ohne Unterschrift

BGH, Beschluss vom 3. Mai 2022 – 3 StR 89/22 –, juris

Fundstellen

StraFo 2022, 276-277 (red. Leitsatz und Gründe)

Verfahrensgang

vorgehend OLG Frankfurt, 29. Oktober 2021, 5 - 2 OJs 29/20 1/21

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Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 4

● Radke, 2. Auflage 2022, § 32a StPO

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. Februar 2022, mit dem die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. Oktober 2021 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben.

2. Die Revision der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Angeklagte wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in neun Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum oder sonstige Rechte sowie in zwei weiteren Fällen in Tateinheit mit dem Erwerb der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe ohne Genehmigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Die hiergegen gerichtete und mit der Sachrüge begründete Revision der Angeklagten hat das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 15. Februar 2022 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Angeklagte mit einem Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 346 Abs. 2 StPO.

Der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts führt zur Aufhebung des Revisionsverwerfungsbeschlusses vom 15. Februar 2022 (I.). Die zulässige Revision ist unbegründet

(II.).

I.

1. Die Verteidiger der Angeklagten haben die fristgemäß eingelegte Revision innerhalb der Revisionsbegründungsfrist mit Schriftsätzen vom 10. Februar 2022 und vom 11. Februar 2022 begründet. Die Revisionsbegründungen sind, wie seit dem 1. Januar 2022 von § 32d Satz 2 StPO zwingend vorgeschrieben, bei dem Oberlandesgericht als elektronische Dokumente (im PDF-Dateiformat) eingereicht worden. Sie sind jeweils über das "besondere elektronische Anwaltspostfach" (beA) der Verteidiger übermittelt worden. Die elektronisch übermittelten Revisionsbegründungen sind allerdings nicht - mit handschriftlicher Unterschrift - unterzeichnet. Vielmehr sind am Ende der PDF-Dokumente lediglich maschinenschriftlich die Namen (Vor- und Familiennamen) der Verteidiger mit dem Zusatz "Rechtsanwalt" angebracht.

Das Oberlandesgericht hat die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen, weil die Revisionsbegründungen nicht in der von § 345 Abs. 2 StPO vorgeschriebenen Form angebracht worden seien. Es fehle jeweils an der nach § 345 Abs. 2 StPO erforderlichen Unterschrift.

2. Der Revisionsverwerfungsbeschluss unterliegt der Aufhebung. Denn die Revisionsbegründungsschriften

genügen den formalen gesetzlichen Anforderungen, so dass die Revision formgerecht begründet worden ist.

a) Eine Revisionsbegründungsschrift muss nicht handschriftlich unterzeichnet sein, wenn sie gemäß § 32d Satz 2 StPO elektronisch übersandt wird und die Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfolgt. Vielmehr genügt in diesem Fall, dass der Schriftsatz mit einer maschinenschriftlichen Wiedergabe des bürgerlichen Namens des die Revisionsbegründung verantwortenden Verteidigers oder Rechtsanwalts abgeschlossen wird.

Denn nach § 32a Abs. 3 StPO muss ein Dokument, das - wie gemäß § 345 Abs. 2 StPO die Revisionsbegründung - schriftlich abzufassen und zu unterzeichnen ist, bei einer Übermittlung als elektronisches Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person (vgl. hierzu BeckOK StPO/Valerius, 43. Ed., § 32a Rn. 9) versehen sein oder aber - alternativ (BT-Drucks. 18/9416 S. 45) - von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 32a Abs. 3 StPO ist gemäß § 32a Abs. 4 Nr. 2 StPO die Übersendung über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach nach § 31a BRAO. Bei der von § 32d Satz 2 StPO vorgeschriebenen Übermittlung der Revisionsbegründung als elektronisches Dokument ist das Unterzeichnungserfordernis des § 345 Abs. 2 StPO mithin erfüllt, wenn das Dokument von dem die Revisionsbegründung verantwortenden Verteidiger oder Rechtsanwalt zum einen signiert und zum anderen über das besondere elektronische Anwaltspostfach als ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 32a Abs. 4 StPO an die elektronische Poststelle des Gerichts (EGVP) übersandt worden ist. In diesem Fall genügt eine "einfache" Signatur des elektronischen Dokuments und bedarf es keiner qualifizierten elektronischen Signatur.

Eine "einfache" Signatur eines elektronischen Dokuments im Sinne des § 32a Abs. 3 StPO ist die maschinenschriftliche Anbringung des bürgerlichen Namens der Person, die den Schriftsatz verantwortet, unterhalb des Textes in dem betreffenden Dokument (BAG, Beschluss vom 14. September 2020 - 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 15; BSG, Beschluss vom 16. Februar 2022 - B 5 R 198/21 B, NJW 2022, 1334 Rn. 8; OLG Bamberg, Beschluss vom 17. Februar 2022 - 2 UF 8/22, NJW 2022, 1260 Rn. 12; OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. April 2019 - 11 U 146/18, NJW 2019, 2176 Rn. 26; MüKoZPO/ Fritsche, 6. Aufl., § 130a Rn. 14; Leuering, NJW 2019, 2739, 2741; Siegmund, NJW 2017, 3134, 3137). Daher ist eine Revisionsbegründung einfach signiert, wenn der Schriftsatz mit einer Wiedergabe des Namens des die Begründung verantwortenden Verteidigers oder Rechtsanwalts abgeschlossen wird.

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Die Einfügung einer eingescannten Unterschrift ist nicht erforderlich, allerdings bei Lesbarkeit des bürgerlichen Namens eine andere mögliche Form der einfachen Signatur (BAG, Beschluss vom 14. September 2020 - 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 15; BSG, Beschluss vom 16. Februar 2022 - B 5 R 198/21 B, NJW 2022, 1334 Rn. 9; BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2021 - 8 C 4/21, NVwZ 2022, 649 Rn. 4; Leuering, NJW 2019, 2739, 2741). Sofern sich der volle Name des Verteidigers oder Rechtsanwalts dem Schriftsatz an anderer Stelle entnehmen lässt, etwa einem Briefkopf, und Verwechselungen ausgeschlossen sind, genügt für eine einfache Signierung die Wiedergabe des Familiennamens (vgl. BAG, Beschluss vom 14. September 2020 - 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 15). Des üblichen und auch hier erfolgten Zusatzes "Rechtsanwalt" bedarf es von Gesetzes wegen nicht (BAG, Beschluss vom 14. September 2020 - 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 15).

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b) Nach der Konzeption des Gesetzes wird die Authentizität eines elektronischen Dokuments dadurch gewährleistet, dass die Person, die den elektronischen Schriftsatz verantwortet und signiert hat, diesen auf einem sicheren Übermittlungsweg, namentlich über das besondere elektronische Anwaltspostfach, dem Gericht übersendet. Erforderlich für eine formgerechte Revisionsbegründung ist deshalb, dass derjenige Verteidiger oder Rechtsanwalt, dessen Name als Signatur in der Begründungsschrift als verantwortende Person aufgeführt ist, selbst die Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg vornimmt. Bei einer Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach muss die Übertragung mithin über das Postfach dieses Verteidigers oder Rechtsanwalts erfolgen und zudem dieser - also nicht etwa ein Kanzleimitarbeiter - der tatsächliche Versender sein (vgl. BAG, Beschlüsse vom 14. September 2020 - 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 16; vom 5. Juni 2020 - 10 AZN 53/20, NJW 2020, 2351 Rn. 13 ff.; BSG, Beschluss vom 16. Februar 2022 - B 5 R 198/21 B, NJW 2022, 1334 Rn. 7, 10; BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2021 - 8 C 4/21, NVwZ 2022, 649 Rn. 4 f.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. April 2019 - 11 U 146/18, NJW 2019, 2176 Rn. 26, 29; Leuering, NJW 2019, 2739, 2741). 

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c) Schließlich muss die elektronisch übermittelte Revisionsbegründung gemäß § 32a Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1, § 14 Elektronische-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) ein Dokument im Dateiformat PDF sein (MüKoZPO/Fritsche, 6. Aufl., § 130a Rn. 4).

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d) Die vorgenannten Anforderungen sind bei beiden Revisionsbegründungen erfüllt. Dies ergibt sich aus den Schriftsätzen in einer Zusammenschau mit den zu den Akten zu nehmenden (vgl. BT-Drucks. 18/9416 S. 45 f.; BeckOK StPO/Valerius, 43. Ed., § 32a Rn. 14) EGVP-Prüfvermerken, die Angaben zur Einreichung über das besondere elektronische Anwaltspostfach durch den signierenden Verteidiger (vgl. hinsichtlich des Nachweises BAG, Beschluss vom 5. Juni 2020 - 10 AZN 53/20, NJW 2020, 2351 Rn. 24 ff.; BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2021 - 8 C 4/21, NVwZ 2022, 649 Rn. 6 f.) und zum Dateiformat des übermittelten Dokuments enthalten.

II.

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Die damit frist- und formgerecht eingelegte und begründete Revision ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die auf die Sachrüge hin veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils lässt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler erkennen.