StPO § 356a Rechtliches Gehör in der Revisionsinstanz

StPO § 356a Rechtliches Gehör in der Revisionsinstanz

BGH, Beschl. v.06.11.2006 – 1 StR 50/06 - NJW 2006, S. 3290

Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn der Angeklagte keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, nicht aber, wenn die Verteidigung infolge ihrer Einschätzung der Rechtslage mündliche Ausfüh­rungen in der Revisionshauptverhandlung zu einem Schreiben für entbehrlich hielt, das sie nicht nur selbst schriftlich vorgetragen hat, sondern das darüber hinaus auch noch durch den Detail genauen Vortrag seines Inhalts durch den Berichterstatter in einer an Offenkundigkeit nicht zu über­bietenden Weise als für die Entscheidung möglicherweise bedeutsam gekennzeichnet wurde.

Der Antrag des Verurteilten, das Verfahren wegen Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör in die Lage vor Erlass des Urteils vom 9. August 2006 zurückzuversetzen, wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Damit erledigt sich auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel des Aufschubs der Vollstreckung.  Gründe: Die Verteidigung hat im Rahmen ihrer schriftlichen Revisionsbegründung das Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Bo. vom 10. Januar 2005 (RB S. 134) selbst vorgetragen, um, so ihr eigener Vortrag, „dem Einwand des unvollständigen Revisionsvorbringens zu begegnen“. In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat der Berichterstatter das Schreiben wörtlich referiert (§ 351 StPO). Der Vertreter der Bundesanwaltschaft hat es in seinen Schlussausführungen gewür­digt. Das Vorbringen der Verteidigung, der Senat habe das Schreiben in seine Erwägungen einbezogen, ohne hierzu rechtliches Gehör zu gewähren, ist unter diesen Umständen unverständlich und im Übrigen unvereinbar mit Sinn und Zweck des § 356a StPO (vgl. BTDrucks. 15/3706 S. 17). Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn der Angeklagte keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, nicht aber, wenn die Verteidigung infolge ihrer Einschätzung der Rechtslage mündliche Ausführungen zu diesem Brief für entbehrlich hielt, den sie nicht nur selbst schriftlich vorge­tragen hat, sondern der darüber hinaus auch noch durch den detailgenauen Vortrag seines Inhalts durch den Bericht­erstatter in einer an Offenkundigkeit nicht zu überbietenden Weise als für die Entscheidung möglicherweise bedeut­sam gekennzeichnet wurde. Im Kern richten sich damit die neuerlichen Ausführungen der Verteidigung gegen die tragenden Gründe des Senatsurteils vom 9. August 2006. Die Anhörungsrüge dient jedoch nicht dazu, die angegrif­fene Entscheidung in der Sache in vollem Umfang nochmals zu überprüfen (vgl. auch BFH NJW 2005, 2639, 2640). Darauf, dass die Ausführungen auch unabhängig von der Gehörsfrage rechtlich offensichtlich unzutreffend sind, kommt es daher nicht mehr an. Maßgeblich für den Senat ist die Sachlage zur Zeit des Beschlusses der zur Entschei­dung über das Ablehnungsgesuch berufenen Strafkammer vom 11. Januar 2005. Das Revisionsgericht -das über die Befangenheit nach Beschwerdegrundsätzen zu entscheiden hatte - durfte eine andere rechtliche Beurteilung an die damals vorliegenden tatsächlichen Erkenntnisse knüpfen (vgl. BVerfG - Kammern - Beschl. vom 28. Oktober 2001 ­2 BvR 1452/01; Beschl. vom 20. April 2004 - 2 BvR 2043/03 und Beschl. vom 9. Februar 2005 -2 BvR 1108/03). Zu den damals vorliegenden Erkenntnissen gehörten auch die zum Zeitpunkt des Kammerbeschlusses bekannten und der Kammer zur Verfügung stehenden Beweismittel. Soweit die Verteidigung meint, der Senat habe es in einer ge­gen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßenden Weise auch versäumt, sich mit der von der Verteidigung vorgetragenen und einem renommierten Kommentator vertretenen Auffassung zum Verständnis des § 299 StGB auseinanderzusetzen, bezweckt die Verteidigung wiederum einen nicht von § 356a StPO gedeckten Angriff in der Sache selbst. Dabei übersieht sie sogar, dass der Senat auf die im Rechtsgutachten vertretene restriktive Auslegung des § 299 StGB schon deshalb nicht weiter einzugehen brauchte, weil der Mitverteidiger des Angeklagten, Prof. Dr. Wi. in seinem Schriftsatz vom 25. Juli 2006 selbst vorgetragen hat, dass der Begriff „Bevorzugung im Wettbewerb“ in BGHSt 49, 214,227 f. seine Klärung erfahren hat. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschl. vom 8. März 2006 -2 StR 387/91; OLG Köln NStZ 2006, 181). 

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