StPO § 45 Frist für Wiedereinsetzungsgesuch

StPO § 45 Frist für Wiedereinsetzungsgesuch 

BGH, Beschl. v. 04.08.2010 – 2 StR 365/10 - BeckRS 2010, 21231

Jedenfalls in den Fällen, in denen die Wahrung der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags auch, dass der Antragsteller mitteilt, wann dieses Hindernis entfallen ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Ver­teidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Be­schwerdeführers am 4. August 2010 gemäß §§ 46, 349 Abs. 1 StPO beschlossen: Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. Januar 2010 wird als unzulässig verworfen. Die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. 

Gründe:

1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverlet­zung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat er rechtzeitig Revision eingelegt. Das schriftliche Urteil wurde seinem Verteidiger am 19. April 2010 zugestellt. Mit einem am 9. Juni 2010 beim Landgericht eingegangenen Ver­teidigerschriftsatz beantragt er unter Hinweis auf ein Büroversehen des Verteidigers die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Rechtsmittels und begründet seine Revision mit der allgemein erhobenen Sachrüge.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, da die Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht ein­gehalten wurden. Die Antragsbegründung äußert sich nicht dazu, wann das Hindernis, das einer rechtzeitigen Revisi­onsbegründung entgegenstand, weggefallen ist. Entscheidend für den Beginn der Frist für den Wiedereinsetzungsan­trag im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der Fristversäumung durch den Angeklagten. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Wahrung der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag nicht offen­sichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags auch, dass der Antragsteller mit­teilt, wann dieses Hindernis entfallen ist (vgl. BGH, NStZ 2006, 54 f.). Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 45 Rn. 5). Erforderlich war demnach die Mitteilung, wann der Angeklagte von der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Kenntnis erhalten hat. Daran fehlt es. Im Übrigen sind die Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO). Aus dem Hinweis auf ein "Büroversehen" ist nicht zu entnehmen, dass den Angeklagten auch kein mitwir­kendes Verschulden trifft. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, dem Angeklagten von Amts wegen Wieder­einsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages (vgl. BGHR StGB § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 9) zu gewähren.

3. Die Frist zur Begründung der Revision begann mit der Urteilszustellung (§ 345 Abs. 1 Satz 2 StPO) am 19. April 2010 und sie endete mit Ablauf des 19. Mai 2010. Die am 9. Juni 2010 eingegangene Revisionsbegründung wahrt diese Frist nicht. Das Rechtsmittel ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO). 

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. 

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