StPO § 97; Art. 6 Abs. 3 MRK; Art. 2 Abs. 1 GG Verbot der Beschlagnahme und Verwertung von Verteidigungsunterlagen Beschluss des OLG München v. 30. 11. 2004 – 3 Ws 720-722/04 StV 2005, 118 = JR 2007, 336 mit Anm. Satzger.
Beschluss des OLG München v. 30. 11. 2004 – 3 Ws 720-722/04 StV 2005, 118 = JR 2007, 336 mit Anm. Satzger.
1. Das Verbot der Beschlagnahme und Verwertung von Verteidigungsunterlagen ergibt sich jedenfalls aus einer entsprechenden Anwendung von § 97 Abs. 1 StPO i. V. m. dem aus Art. 6 Abs. 3 MRK, Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Gebot, dem Besch. jederzeit die Möglichkeit einer geordneten und effektiven Verteidigung zu geben.
2. Dieses Beschlagnahme- und Verwertungsverbot können nach Abtrennung der Verfahren auch frühere Mitbeschuldigte jedenfalls solange geltend machen, als der durch die Verbote unmittelbar Geschützte weiterhin Beschuldigter ist. Offenbleiben kann, ob darüber hinausgehend Verteidigungsunterlagen weiter gehend geschützt sind. (LS der JR-Redaktion)
Aus den Gründen:
Die Staatsanwaltschaft Augsburg führte unter dem Aktenzeichen 501 Js 127139/95 ein Ermittlungsverfahren gegen S, K, St, P, Hundtwegen des Verdachts der Steuerhinterziehung u. a. Nach Verfahrenstrennungen richtete sich das Verfahren mit dem oben genannten Aktenzeichen nur mehr gegen S, H und M. Letztere wurden durch die 10, Strafkammer des Landgerichts Augsburg am 23. 7. 2002 wegen Steuerhinterziehung und Untreue jeweils zu Freiheitsstrafen verurteilt. Auf die Revision beider Angeklagter hob der Bundesgerichtshof am 11. 11. 2004 das Urteil teilweise auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Augsburg zurück.Am13. 7. 2004 erließ die 10. Strafkammer des Landgerichts Augsburg im Verfahren gegen einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss, der im Rechtshilfewege durch die französischen Behörden noch am selben Tage vollzogen wurde. In der vom anderweitig Verfolgten P genutzten Wohnung in Paris wurden dabei u. a. ein aus 22 Seiten bestehendes handgeschriebenes Schriftstück, datiert auf den 24. 6. 2004, mit der Überschrift »P, Komplex: R« im Original und in Kopie, letztere zusammen mit einem auf den 22. 6. 2004 datierten Schreiben an Herrn Rechtsanwalt Prof. Dr. L sowie einer Vollmacht für Rechtsanwalt Prof. Dr. L zur Vertretung des anderweitig Verfolgten P in der gegen ihn anhängigen Strafsache, sowie ein als »D22« bezeichnetes handgeschriebenes Schriftstück ohne Datum sichergestellt. Mit Schriftsatz vom 17. 8. 2004 legte der Verteidiger des anderweitig Verfolgten P Rechtsmittel gegen die Sicherstellung der bei der Durchsuchung der Pariser Wohnung aufgefundenen Unterlagen ein und beantragte deren Herausgabe. Mit weiterem Schriftsatz vom 24. 8. 2004 stützte er sein Rechtsmittel auf § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO, bezeichnete dies hilfsweise als Beschwerde gegen den Beschlagnahmebeschluss und begründete es. Die 10. Strafkammer des Landgerichts Augsburg ordnete mit Beschluss vom26. 8. 2004 im Verfahren gegen die Angeklagten H und M die Beschlagnahme des aus 22 Seiten bestehenden handgeschriebenen Schriftstücks mit dem Datum 24. 6. 2004 und der Überschrift »P, Komplex R(Ziffer l.) sowie des als »D22« bezeichneten handgeschriebenen Schriftstücks ohne Datum (Ziffer 2.) an. Mit weiterem Beschluss vom selben Tag half sie im Verfahren gegen den P dessen Beschwerde vom 17. 8. 2004 ab (Ziffer l,), ordnete unter Aufhebung der Beschlagnahme die Herausgabe des Schreibens an Rechtsanwalt Prof. Dr. L und der diesem erteilten Vollmacht, beide datiert auf den 22. 6. 2004, an den anderweitig Verfolgten P, zu Händen seines Verteidigers an (Ziffer 2., 3.) und hob die Beschlagnahme des oben bezeichneten 22seitigen Schriftstücks auf (Ziffer 4.),wobei es die Ausführung der Abhilfeentscheidung bis nach der Vollziehung der im Verfahren gegen die Angeklagten bzw. gegen die anderweitig Verfolgten S (10 KLs 501 Js 127135/95) und St (10 KLs 501 Js 109007/00) ergangenen Beschlagnahmebeschlüsse zurückstellte (Ziffer 5.). Gegen den ersten der beiden Beschlüsse vom 26. 8. 2004 legte der Verteidiger des anderweitig Verfolgten P mit Schriftsatz vom 26. 8. 2004 Beschwerde ein, die er mit weiterem Schriftsatz vom 30. 8. 2004 begründete. Mit Schriftsatz vom 31. 8. 2004 legte der Verteidiger des Angeklagten H, Rechtsanwalt Prof. Dr. H, ebenfalls Beschwerde gegen diesen Beschluss ein, die mit weiterem Schriftsatz vom 27. 9. 2004 begründet wurde. Am 2. 9. 2004 erhob auch der Verteidiger des Angeklagten M, Rechtsanwalt Prof. Dr. W, Beschwerde gegen den genannten Beschluss und begründete sein Rechtsmittel zugleich. Die 10. Strafkammer des LG Augsburg half den Beschwerden mit Beschl. v. 8. 10. 2004 nicht ab.
l. Die Beschwerden sind nach § 304 Abs. l StPO statthaft und in der durch § 306 Abs. 1 StPO vorgeschriebenen Form eingelegt. Ihrer Zulässigkeit steht auch die Vorschrift des § 305 Satz l StPO nicht entgegen. Für die Beschwerden der Angeklagten H und M ist diese Vorschrift von vorneherein nicht anwendbar, da das gegen sie vor der 10. Strafkammer des Landgerichts Augsburg anhängige Hauptverfahren durch das am 23. 7. 2002 gefällte Urteil abgeschlossen wurde, es sich mithin bei der angefochtenen Entscheidung nicht um eine solche des erkennenden Gerichts handelt (vgl. Meyer-Goßner 47. Aufl., § 305 Rdn. 2). Für die Beschwerde des anderweitig Verfolgten P, gegen den das Hauptverfahren vor der 10. Strafkammer des Landgerichts Augsburg anhängig ist, folgt die Beschwerdefähigkeit der angegriffenen Entscheidung aus § 305 Satz 2 StPO, wonach Entscheidungen über Beschlagnahmen anfechtbar sind; außerdem wird er als dritte Person betroffen, da die beschlagnahmten Unterlagen sich in seinem Gewahrsam befunden haben. Auch als letzter Gewahrsamsinhaber ist er somit beschwerdebefugt (vgl. Löwe/Rosenberg-Schäfer StPO, 25. Aufl., § 98 Rdn. 48, 65; Meyer-Goßner StPO, 47.Aufl., § 98, Rdn. 31).
2. Die Beschwerden haben auch in der Sache Erfolg. a) Sie richten sich nur gegen die in Ziffer 1.) des angegriffenen Beschlusses angeordnete Beschlagnahme des dort näher bezeichneten 22-seitigen Schriftstücks, nicht auch gegen die in Ziffer 2.) bestimmte Beschlagnahme des Schriftstücks »D22«. In der Beschwerdebegründung des anderweitig Verfolgten P vom 30. 8. 2004 ist diese Beschränkung der Beschwerde ausdrücklich erklärt worden, aus der Begründung der Beschwerden der Angeklagten H vom 27. 9. 2004 und M vom 2. 9. 2004, die sich ausschließlich mit dem 22-seitigen Schriftstück befassen, geht eine derartige Beschränkung aber ebenfalls zweifelsfrei hervor. b) Bei dem verfahrensgegenständlichen Schriftstück handelt es sich um Unterlagen, die der anderweitig Verfolgte P zum Zwecke seiner Verteidigung für sich selbst, oder zur Information seines Verteidigers gefertigt hat Die von der Staatsanwaltschaft Augsburg in der Stellungnahme vom 9. 9. 2004 und in dem im Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten P (10 KLs 501 Js 140930/01) ebenfalls am 26. 8. 2004 ergangenen Beschluss des LG Augsburg geschilderte Auffindesituation, wonach sich Kopien des 22-seitigen Schriftstücks vom 24. 6. 2004 zusammen mit dem Anschreiben an Rechtsanwalt Prof. Dr. L vom 22. 6. 2004 und einer auf denselben Tag datierten Vollmacht in einer Klarsichthülle befunden haben, deutet freilich daraufhin, dass das Schriftstück zur Übersendung an Rechtsanwalt Prof. Dr. W bestimmt war. Letztlich kommt es darauf jedoch ebenso wenig an wie auf das bei der Herstellung des Schriftstücks nicht bestehende (Wahl-) Verteidigungsverhältnis. Entscheidend ist vielmehr, dass das Schriftstück dazu bestimmt ist, die Verteidigung des anderweitig Verfolgten P gegen die ihm zur Last liegenden strafrechtlichen Vorwürfe vorzubereiten. Die hierzu im Beschluss vom 26. 8. 2004 im Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten P angeführten Umstände (Auffindesituation, Ankündigung von »Informationen zum Sachverhalt in einigen Tagen« im Anschreiben an Rechtsanwalt Prof. Dr. L, Inhalt des Schreibens) sind derart gewichtig, dass die von der Staatsanwaltschaft gegen die Qualifizierung des Schriftstücks als Verteidigungsunterlagen vorgebrachten Bedenken nicht durchgreifen. Soweit man eine beabsichtigte Übersendung des Schriftstücks an einen noch zu mandatierenden Verteidiger annimmt, sprechen Datierung und Signierung von vornherein nicht gegen eine Zweckbestimmung als Verteidigungsunterlagen. Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft lässt sich aber auch aus dem Inhalt des Schriftstücks nichts Entscheidendes gegen eine derartige Qualifizierung entnehmen. Der anderweitig Verfolgte P nimmt in der »Vorbemerkung« ausdrücklich Bezug auf die gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe, bezeichnet diese dort als »in jeder Hinsicht falsch« und setzt sich auch im Weiteren verschiedentlich (Seiten 4, 19–22) mit ihnen auseinander. Demgegenüber ist es ohne Belang, dass das Schreiben bei der Darstellung des Sachverhalts in Teilen »eher einer feuilletonistischen Abhandlung der Zeitgeschichte« gleicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt und die auch die Zustimmung des Bundesverfassungsgerichts gefunden hat (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. 1. 2002, NStZ 2002., 377), kommt es entscheidend darauf an, ob ein Beschuldigter Unterlagen erkennbar, also für einen Außenstehenden nachvollziehbar, zum Zwecke seiner Verteidigung angefertigt hat (vgl. BGHSt 44, 46). Diesen Anforderungen genügt das Schriftstück vom 24. 6. 2004, Sein Inhalt legt es auch für einen Außenstehenden nahe, dass es zur Vorbereitung der Verteidigung konzipiert war. Ohne Bedeutung ist dagegen, ob von einem Volljuristen wie dem anderweitig Verfolgten P zu erwarten ist, er werde sich zur Vorbereitung seiner Verteidigung auf die Schilderung von Fakten beschränken. Darüber hinausgehende Ausführungen vermögen am Charakter des Schriftstücks nichts zu ändern. Das 22-seitige Schriftstück vom24. 6. 2004 ist dam« – zunächst im Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten P – beschlagnahmefrei Soweit es sich bei ihm um eine schriftliche Mitteilung des anderweitig Verfolgten P an seinen in Aussicht genommenen künftigen Wahlverteidiger handelt, folgt dies bereits aus § 97 Abs. 1 Nr. I StPO i. V. m. § 53 Abs. 1 Nr. 2 StPO. Diese Vorschriften werden im Licht des aus § 148 StPO zu entnehmenden Grundsatzes des freien Verkehrs zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger weit ausgelegt und gehen auch für noch nicht abgesandte Mitteilungen des Beschuldigten (vgl. Löwe/ Rosenberg-Schäfer StPO, 24.Aufl., § 97, Rdn. 57; Karlsruher Kommentar-Nack StPO, 4. Aufl., § 97, Rdn. 24; Meyer-Goßner StPO, 47. Aufl., § 97, Rdn. 37) sowie auch für die bereits während eines Anbahnungsverhältnisses übergebenen Unterlagen (vgl. Karlsruher Kommentar-Nack StPO, 4. Aufl., § 97, Rdn. 11 m.w. N.). Jedenfalls ergibt sich das Verbot der Beschlagnahme und Verwertung des 22-seitigen
Schriftstücks aber aus einer entsprechenden Anwendung von § 97 Abs. 1 StPO i. V. m. dem aus Art. 6 Abs. 3 MRK, An. 2 Abs. l, 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Gebot, dem Beschuldigten jederzeit die Möglichkeit einer geordneten und effektiven Verteidigung zu geben. Diesem Gebot gebührt bei der Abwägung mit dem staatlichen Interesse an einer funktionieren Strafrechtspflege Vorrang (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH a. a.O.). Über den Wortlaut von § 97 Abs. 1 Nr. l StPO hinaus dürfen danach Unterlagen, die sich ein Beschuldigter erkennbar zu seiner Verteidigung in dem gegen ihn laufenden Strafverfahren anfertigt, weder beschlagnahmt noch gegen seinen Widersprach verwertet werden. Aufgrund dieses umfassenden Schutzes von Verteidigungsunterlagen spielt es keine Rolle, dass ein Verteidigungsverhältnis zu Rechtsanwalt Prof. Dr. L bei Anfertigung des Schriftstücks nicht bestanden hat und auch bislang nicht zustande gekommen ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Unterlagen tatsächlich für den Verteidiger bestimmt waren. Soweit die Staatsanwaltschaft meint, eine Beschlagnahmefreiheit von Verteidigungsunterlagen bestehe nur, wenn bei einer Einzelfallabwägung das Geheimhaltungsinteresse des Beschuldigten das staatliche Strafverfolgungsinteresse überwiege, was hier nicht der Fall sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Eine derartige Einzelfallabwägung findet nur bei anderen, vom Wortlaut des § 97 Abs. l StPO nicht erfassten Gegenständen, z. B. Tonbandaufzeichnungen und Tagebucheintragungen statt, nicht jedoch bei Verteidigungsunterlagen (vgl. BGH a. a.O.). c) Der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung, dass Beschlagnahme- und Verwertungsverbot zu Gunsten des anderweitig Verfolgten P hindere die Verwendung seiner Aufzeichnungen als Beweismittel gegen die Angeklagten H und M nicht, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es trifft zwar zu, dass der anderweitig Verfolgte P im Verfahren gegen die Angeklagten H und M nicht gemäß § 53 StPO zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt ist. doch kommt es darauf auch nicht an. Dahinstehen kann freilich, ob ein Beschlagnahme- und Verwertungsverbot bereits aus dem Umstand folgt, dass Strafkammer und Staatsanwaltschaft nur eine Grobsichtung der Unterlagen gestattet war, auf deren Grundlage sie die Beweiseignung für das Verfahren gegen die Angeklagten H und M nicht beurteilen konnten, wie die Verteidigung des anderweitig Verfolgten P vorträgt. Wesentlich sind vielmehr folgende Erwägungen: Die Staatsanwaltschaft Augsburg rührte ursprünglich gegen die Angeklagten H und M, den anderweitig Verfolgten P und weitere Beschuldigte ein einheitliches Ermittlungsverfahren (501 Js 127135/95) wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung u. a. Das Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten P wurde später abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 501 Js 140930/01 fortgeführt. Wie dem angefochtenen Beschluss zu entnehmen ist, werden den Angeklagten H und M auch Lebenssachverhalte zur Last gelegt, die den anderweitig Verfolgten P betreffen und zu denen das fragliche Schriftstück Ausführungen enthält. Die prozessuale Gemeinsamkeit, die vor der Verfahrenstrennung bestanden hat, nämlich die Führung eines einheitlichen Ermittlungsverfahrens wegen desselben Lebenssachverhalts gegen die Angeklagten H und M und den anderweitig Verfolgten P durch die Staatsanwaltschaft, führt dazu, dass das Beschlagnahme- und Verwertungsverbot nach der Verfahrenstrennung auch in dem Verfahren gegen die früheren Mitbeschuldigten H und M bestehen bleibt, soweit der hierdurch unmittelbar geschützte anderweitig Verfolgte P; weiterhin Beschuldigter ist. Andernfalls bestünde die Gefahr der Aushöhlung des zu seinen Gunsten bestehenden Beschlagnahme- und Verwertungsverbots, indem Beteiligte des Verfahrens gegen die Angeklagten H und M im Verfahren gegen ihn als Zeugen vernommen werden. Den Ausführungen des Bundesgerichtshofs, insbesondere in den Urteilen vom 4. 11. 1986 (BGHSt 34, 215) und 13. 11. 1997 (BGHSt 43, 300), Sassen sich über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Überlegungen entnehmen, die auf die hier vorliegende verfahrensrechtliche Situation übertragbar sind. Danach erstreckt sich das Zeugnisverweigerungsrecht des Angehörigen eines Beschuldigten auch nach Abtrennung des Verfahrens auf frühere Mitbeschuldigte, soweit diese an dem gleichen historischen Ereignis beteiligt sind. Die Unteilbarkeit des Zeugnisverweigerungsrechts entfällt in dieser Situation nur, soweit nicht jede Beziehung der die eine Tat betreffenden Aussage auf die andere ausgeschlossen ist (vgl. auch BGHSt 34, 215; Karlsruher Kommentar-Senge StPO, 4. Aufl., § 52, Rdn. 6 ff.; Meyer-Goßner StPO, 47.Aufl., § 52, Rdn. 11 ff., jeweils m.w. N.). Bei einer derartigen früheren prozessualen Gemeinsamkeit besteht darüber hinaus ein Beschlagnahme- und Verwertungsverbot nach § 97 Abs. l Nm. l, 2 StPO, wenn der Zeuge im abgetrennten Verfahren weiter Beschuldigter ist. Maßgebend war für den Bundesgerichtshof die Erwägung, die Umgehung des Beschlagnahmeverbots aus § 97 Abs. l StPO zu verhindern, nachdem es durch die Abtrennung des Verfahrens zu einer Rollenvertauschung gekommen war. Dieser Gedanke ist ohne weiteres auf das vorliegende Verfahren übertragbar, da es keinen entscheidenden Unterschied macht, dass es hier um ein Beschlagnahmeverbot für Verteidigungsunterlagen geht, das nicht unmittelbar aus dem Wortlaut von § 97 Abs. 1 StPO entnommen werden kann. Offen bleiben kann, ob darüber hinausgehend allgemein für den Bereich der Verteidigung im Strafverfahren auf Verteidigungsunterlagen weder im Hinblick auf das eigene Verfahren des Beschuldigten noch im Hinblick auf Verfahren gegen andere Personen zugegriffen werden darf, wie die Verteidiger der Angeklagten H, Rechtsanwalt Prof. Dr H, und des Angeklagten M, Rechtsanwalt Prof. Dr. W, fordern. Infolge der Aufhebung der durch den angefochtenen Beschluss des Landgerichts Augsburg angeordneten Beschlagnahme sind das sichergestellte Schriftstück an den anderweitig Verfolgten P (zu Händen seines Verteidigers) zurückzugeben und die von den Ermittlungsbehörden ohne dessen Zustimmung gefertigten Kopien zu vernichten (vgl. Löwe/Rosenberg-Schäfer StPO, 24. Aufl., § 98 Rdn. 55 a).
3. Eine Kosten- und Auslagenentscheidung ist hinsichtlich der Angeklagten H und M nicht veranlasst, da insoweit ein unselbständiges Beschwerdeverfahren vorliegt. Hinsichtlich des anderweitig Verfolgten P bedarf es keiner Kostenentscheidung, da die Staatskasse die Kosten zu tragen hat (vgl. Meyer-Goßner StPO, 47. Aufl., § 464 Rdn. 8); die wegen des für ihn als Dritten verfahrensabschließenden Charakters des Senatsbeschlusses erforderliche Auslagenentscheidung (vgl. Meyer-Goßner StPO, 47. Aufl., § 464 Rdn. 11) beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 465, 467 StPO (vgl. Karlsruher Kommentar-Franke StPO, 4. Aufl., § 473, Rdn. 5; Meyer-Goßner StPO, 47. Aufl., § 473 Rdn. 2).
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