Strafrechtlicher Haftbefehl

Unsere Empfehlung:

  • Gegebenfalls stellen Sie sich bei bestimmten Vorwürfen mit ihrem Anwalt dem Gericht, um den Haftgrund der Fluchtgefahr auszuräumen. Bei dem Haftgrund der Wiederholungsgefahr ist dies meist nicht möglich.

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  1. Der strafrechtliche Haftbefehl
  2. Die Entscheidung: Untersuchungshaft, Verschonung oder Freiheit 
  3. Der Haftrichter erlässt einen Haftbefehl und ordnet die Untersuchungshaft an
  4. Die Dauer der Untersuchungshaft
  5. Entschädigung
  6. Haftprüfung / Haftbeschwerde
  7. Fluchtgefahr
  8. Verdunklungsgefahr
  9. Gesetzliche Haftgrund bestimmter schwerer Straftaten
  10. Gesetzlicher Haftgrund bestimmter Anlasstaten
  11. Wiederholungsgefahr
  12. Haftgrund der Sicherung der Durchführung des Strafverfahrens im beschleunigten Verfahren
  13. Kein strafrechtlicher Haftbefehl: Freiheitsentziehung nach Aufenthaltsgesetz
  14. Kein strafrechtlicher Haftbefehl: Unterbringungshaftbefehl
  15. Kein strafrechtlicher Haftbefehl, sondern eine Zwangseinweisung
  16. Kein strafrechtlicher Haftbefehl: die verschiedenen Formen des Gewahrsams
  17. 16.1 Arten des Gewahrsams
  18. 16.2 Rechtsgrundlage und Dauer des Gewahrsams
  19. 17. Wann liegt welche Art der Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentziehung vor?

1. DER STRAFRECHTLICHE HAFTBEFEHL

Gleichgültig, ob Sie vermuten, dass ein Haftbefehl gegen Sie ergangen ist oder ein solcher tatsächlich vorliegt, bedürfen Sie umgehend anwaltlicher Hilfe. Dazu sind Sie berechtigt, telefonisch und brieflich mit uns in Kontakt zu treten. Wir setzen uns für Ihre Freilassung 24 Stunden, an 7 Tagen der Woche und 365 Tagen im Jahr ein.

Ein Haftbefehl ergeht auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch den zuständigen Ermittlungsrichter, wenn diese den Beschuldigten einer Straftat für dringend verdächtig hält, ein Haftgrund besteht und der Haftbefehl im Hinblick auf den Tatvorwurf nicht unverhältnismäßig ist, sowie die Sicherung des Strafverfahrens nicht durch andere, weniger einschneidende Mittel - Sicherheitsleistung (Kaution), Meldeauflagen, Passabgabe, Bedeutung sozialer Bindung vor Ort - erreicht werden kann.

Haftgrund sind namentlich Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr. Ein (Untersuchungs-) Haftbefehl kann nur aufgrund von Fluchtgefahr, Wiederholungsgefahr, Verdunkelungsgefahr oder bestimmter Anlasstaten / Katalogtaten (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Nachstellen, Gefahr anderer schwerer Straftaten) erlassen werden. Zu unterscheiden ist der (Untersuchungs-) Haftbefehl vom Sicherungshaftbefehl, Vollstreckungshaftbefehl, Arresthaftbefehl und der Form nach vom Internationalen Haftbefehl und Europäischen Haftbefehl. Der so genannte Vorführungshaftbefehl ist ein gewöhnlicher Haftbefehl, der bei Ausbleiben des Angeklagten ohne genügende Entschuldigung erlassen wird (§ 230 StPO).

Die Fluchtgefahr, d.h. die Gefahr, dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren durch Flucht entzieht, kann durch Sicherheitsleistung, welche die Durchführung des Strafverfahrens sichern soll und bei Einhaltung der Verschonungsauflagen im Verschonungsbeschluss (z.B. Meldepflicht, Kontaktverbot, Wohnungsnahme) nach Beendigung des Verfahrens zurückgewährt wird, ausgeräumt werden; dies gilt jedoch nach überwiegender Meinung nicht für die Verdunkelungsgefahr (Einflussnahme auf von Zeugen und andere Beweismittel) und Wiederholungsgefahr (Gefahr der Begehung einer gleichen Tat).

2. DIE ENTSCHEIDUNG: UNTERSUCHUNGSHAFT, VERSCHONUNG ODER FREIHEIT

Entweder wird der Beschuldigte auf Antrag der Staatsanwaltschaft dem Haftrichter vorgeführt oder aufgrund eines bereits ergangenen Haftbefehls verhaftet. Der Beschuldigte muss spätestens am Tag nach der Ergreifung dem zuständigen Gericht und, wenn dies nicht möglich ist, dem nächsten Amtsgericht vorgeführt werden. Nach Ablauf von 48 Stunden muss der in Gewahrsam genommene entweder einem Haftrichter vorgeführt worden sein. Die Vorführung vor den Richter muss innerhalb von 48 Stunden erfolgen. Wird der Haftbefehl aufgrund Verhaftung an einem anderen Orte als dem Gerichtsbezirk, in dem dieser erlassen wurde, verkündet, kann der Beschuldigte die Vorführung vor den zuständigen Richter beantragen. Der zuständige Haftrichter entscheidet, ob

  • bei Vorführung (Anhörung des Beschuldigten) ein Haftbefehl auf Antrag der Staatsanwaltschaft ergeht, 
  • ein bereits erlassener Haftbefehl aufrechterhalten wird (§ 115 Abs. 4 StPO), 
  • der Haftbefehl aufgehoben wird (§ 120 StPO) oder 
  • der Haftbefehl aufgrund weniger einschneidenden Maßnahmen als die Freiheitsentziehung vorläufig außer Vollzug gesetzt wird, d.h. der Beschuldigten unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt wird (§ 116 StPO). 

Wird der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt, bedeutet dies jedoch nicht, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Das Ermittlungsverfahren wird fortgesetzt. Der Beschuldigte wird lediglich von der Vollziehung des Haftbefehls verschont. Verletzt der Beschuldigte die Verschonungsauflagen oder entzieht er sich dem Strafverfahren, z.B. indem er untertaucht, wird der ausgesetzte Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt oder erneut ein Haftbefehl erlassen.

3. DER HAFTRICHTER ERLÄSST EINEN HAFTBEFEHL UND ORDNET DIE UNTERSUCHUNGSHAFT AN 

Ergeht auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach Anhörung des Beschuldigten Haftbefehl ohne Verschonung oder entscheidet der Haftrichter den Haftbefehl aufrecht zu erhalten, ordnet er Untersuchungshaft an. In der Untersuchungshaft ist der Beschuldigte zwar von den bereits rechtskräftig Verurteilten räumlich getrennt, jedoch aufgrund der Haftkontrolle des Telefon-, Post- und Besuchskontakt von in der Regel nur eine Stunde im Monat teilweise strengeren Regeln unterworfen. 

In der Untersuchungshaft hat der Beschuldigte das Recht, wenn möglich telefonisch und natürlich persönlich nicht überwachten Kontakt zum Anwalt seines Vertrauens aufzunehmen. Nur in besonderen Fällen darf der Kontakt gemäß § 148 StPO kontrolliert werden.  

4. DAUER DER UNTERSUCHUNGSHAFT

Die Dauer der Untersuchungshaft ist nicht nur vom Umfang des Verfahrens, Art des Vorwurfes, sondern auch von der rechtlichen Einschätzung der Staatsanwaltschaft und des Haftrichters abhängig. Die Untersuchungshaft kann bis zum Prozess andauern. Nach sechs Monaten prüft automatisch das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft. Es gilt zwar das Beschleunigungsgebot. Dieses wird jedoch häufig nicht ausreichend beachtet.

In der Regel ist die Haftprüfung das geeignete Mittel zur Prüfung der Haftvoraussetzungen, welche bei drohender Negativentscheidung wegen möglicher präjudizierender (vorverurteilender) Wirkung zurück genommen werden kann. Die Haftbeschwerde und weitere Haftbeschwerde sollte in der Regel nur bei sicheren Erfolg eingelegt werden, da bei einer Negativentscheidung des höheren Gerichts zum einen eine Verschonung durch den zuständigen Haftrichter au längere Sicht nicht zu erwarten ist und auch hier die besondere präjudizierende Wirkung der Entscheidung des höheren Gerichts wie eine Vorverurteilung in der Sache wirken kann. 

Die erlittene Untersuchungshaft wird gemäß § 51 StGB eine später ausgeurteilte Geld- oder Freiheitsstrafe angerechnet. 

Eine Untersuchungshaft im Ausland wird aufgrund besonderer Härten nach in der Rechtsprechung festgelegten Regeln höher angerechnet.

5. ENTSCHÄDIGUNG

Wird der Beschuldigte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt, ist er nach dem Strafentschädigungsgesetz zu entschädigen. 

Die Höhe der Strafentschädigung beträgt ohne Nachweis zur Zeit Euro 11,00. Die Geltendmachung eines höheren Anspruches muss nachgewiesen werden, was bei Selbstständigen regelmäßig hinsichtlich des Nachweises eines potentiellen Gewinns sehr schwer ist.

Bei Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft muss der Betroffene innerhalb von einem Monat einen Antrag auf Feststellung des Anspruches stellen. Wird das Verfahren durch den Richter beendet, wird von Amts wegen der Entschädigungsanspruch dem Grunde nach geprüft.

Jedes Strafverfahren bedarf einer individuellen Prüfung, Vorgehens und Abwägens. Sie sollten keinen Anwalt vertrauen, der Ihnen verspricht, dass er den Beschuldigten schon morgen "rausholen" wird.

6. HAFTPRÜFUNG / HAFTBESCHWERDE

Der Haftbefehl kann durch einen Haftprüfungsantrag auf mündliche Haftprüfung oder im schriftlichen Verfahren durch die Haftbeschwerde mit der Begründung angegriffen werden, dass Haftgründe nicht vorliegen oder der Haftbefehl nicht dem Verhältnismäßigkeitsmaßstab genügt, weil mildere, ebenso wirksame Mittel zur Sicherung der ungestörten Durchführung des Strafverfahrens vorhanden sind, die Fluchtgefahr durch Kaution ausgeräumt ist, ein dringender Tatverdacht nicht vorliegt usw..

Solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist, kann er jederzeit die gerichtliche Prüfung beantragen, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug nach § 116 StPO auszusetzen ist (Haftprüfung). Neben dem Antrag auf Haftprüfung ist die Beschwerde unzulässig. Die Beschwerde gegen die Haftprüfungsentscheidung ist zulässig. 

Ohne anwaltliche Hilfe werden Sie erfahrungsgemäß Ihre Freiheit nicht so schnell wiedererlangen. (Siehe Strafrecht)

In Notfall rufen Sie uns unter 040/ 39 14 08 oder auch außerhalb der Geschäftszeiten unter 0177/ 447 40 40 an. Wir werden uns unverzüglich Ihrer Sache annehmen.

Die Ermittlungsbehörden können bei Gericht einen Haftbefehl beantragen und das Amtsgericht bzw. unter bestimmten Verfahrensumständen und Verfahrensarten höhere Gerichte den Haftbefehl erlassen, wenn ein dringender Tatverdacht und mindestens ein Haftgrund besteht. Die Haft darf nicht angeordnet werden, wenn diese zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht (Verhältnismäßigkeit). Es gibt folgende Haftgründe:

7. FLUCHTGEFAHR

Fluchtgefahr liegt vor, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen festgestellt wird,

  • dass der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
  • bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (§ 112 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 StPO),

8. VERDUNKLUNGSGEFAHR

Verdunklungsgefahr ist gegeben, wenn das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde

  • Beweismittel vernichten, verändern, beiseiteschaffen, unterdrücken oder fälschen oder
  • auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
  • andere zu solchem Verhalten veranlassen (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO) ,

und wenn deshalb die Gefahr droht, dass die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr). Ist die Tat nur mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bedroht, so darf die Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr nicht angeordnet werden. In diesen Fällen darf die Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr nur angeordnet werden, wenn der Beschuldigte

  • sich dem Verfahren bereits einmal entzogen hatte oder Anstalten zur Flucht getroffen hat,
  • im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder
  • sich über seine Person nicht ausweisen kann (§ 113 StPO)

9. GESETZLICHER HAFTGRUND BESTIMMTER SCHWERER STRAFTATEN

Bei dringenden Tatverdacht in Bezug auf eine Straftat der Schwerstkriminalität nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 211, 212, 226, 306 b oder 306 c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches, darf die Untersuchungshaft angeordnet werden, auch wenn der Haftgrund der Flucht- oder Verdunklungsgefahr nicht besteht.

10. GESETZLICHER HAFTGRUND BESTIMMTER ANLASSTATEN

Bei dringenden Tatverdacht einer so genannten Anlasstat nach den §§ 174, 174 a, 176 bis § 179 StGB oder nach § 238 Abs. 2 und 3 StGB (Strafgesetzbuch) bedarf es wegen des Schutzes der Bevölkerung keiner weiteren Haftbefehlsvoraussetzungen.

11. WIEDERHOLUNGSGEFAHR

Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist, wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach § 89 a, nach § 125 a, nach den §§ 224 bis 227, nach den §§ 243, 244, 249 bis 255, 260, nach § 263, nach den §§ 306 bis 306 c oder § 316 a des Strafgesetzbuches oder nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, 4, 10 oder Abs. 3, § 29 a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30 a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde, die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich und in den Fällen der Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. In die Beurteilung des dringenden Verdachts einer Tatbegehung im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 sind auch solche Taten einzubeziehen, die Gegenstand anderer, auch rechtskräftig abgeschlossener, Verfahren sind oder waren.

12. HAFTGRUND DER SICHERUNG DER DURCHFÜHRUNG DES STRAFVERFAHRENS IM BESCHLEUNIGTEN VERFAHREN

Ein Haftbefehl (§ 128 Abs. 2 Satz 2) darf nach vorläufiger Festnahme eines auf frischer Tat Betroffenen oder Verfolgten ergehen, wenn

  • eine unverzügliche Entscheidung im beschleunigten Verfahren wahrscheinlich ist und
  • auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, dass der Festgenommene der Hauptverhandlung fernbleiben wird,
  • gegen den der Tat dringend Verdächtigen die Durchführung der Hauptverhandlung binnen einer Woche nach der Festnahme zu erwarten ist.

Der Haftbefehl ist auf höchstens eine Woche ab dem Tage der Festnahme zu befristen.

13. KEIN STRAFRECHTLICHER HAFTBEFEHL: FREIHEITSENTZIEHUNG NACH AUFENTHALTSGESETZ

Freiheitsentziehung nach Aufenthaltsgesetz erfolgt auf richterliche Anordnung zur Sicherung der Abschiebung.

  • Vorbereitungshaft bis zu sechs Wochen zur Sicherung der Abschiebung, wenn über diese nicht sofort entschieden werden kann.
  • Sicherungshaft zur Sicherung der Abschiebung wenn
    • ein Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist,
    • die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort gewechselt hat, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
    • ein Ausländer aus von ihm zu vertretenden Gründen zu einem für die Abschiebung angekündigten Termin nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde,
    • er sich in sonstiger Weise der Abschiebung entzogen hat oder
    • der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden; in Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um bis zu zwölf Monate verlängert werden.

14. KEIN STRAFRECHTLICHER HAFTBEFEHL: UNTERBRINGUNGSBEFEHL

Kein Haftbefehl, sondern ein Unterbringungsbefehl (§ 126 a StPO) angeordnet, wenn gleichzeitig

  • dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und
  • die öffentliche Sicherheit und Ordnung die einstweilige Unterbringung erfordert (z. B. bei Gefahr weiterer schwerwiegende rechtswidrige Taten) und
  • dringende Gründe für die Annahme bestehen, das Gericht werde wegen einer verminderten Schuldfähigkeit oder der Schuldunfähigkeit des Beschuldigten dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt anordnen

15. KEIN STRAFRECHTLICHER HAFTBEFEHL, SONDERN EINE ZWANGSEINWEISUNG

Kein Haftbefehl, sondern eine Zwangseinweisung in eine geschlossene Anstalt kann nach dem Psychisch Kranken Gesetz (PsychKG) oder BGB erfolgen, wenn

  • eine unmittelbare Selbstgefährdung vorliegt oder bei der Betreuung chronisch Kranker oder verwirrter Personen psychischen Störungen oder Erkrankungen mit einer akuten Selbstgefährdung auftreten und eine freiwillige verlässliche Behandlung nicht gesichert ist. Psychosomatische Störungen und Anorexie fallen in der Regel nicht unter die genannten Voraussetzungen, wohl aber unmittelbare suizidale Gefährdungen, Nichtbehandlung schwerster körperlicher Leiden, schwerste Verwahrlosung, die Gefahr einer schweren Verfestigung chronischer psychischer Störungen, Hilflosigkeit mit Gefahr des Verhungerns oder Erfrierens oder Herumirrens, z.B. bei Demenz, chronischen Psychosen wie Schizophrenie oder schweren Suchtleiden.
  • Eine Einweisung aufgrund unmittelbarer Fremdgefährdung ist bei anders nicht abwendbarer akuter Gefahr, dass Dritte zu Schaden kommen, gegeben, z.B. wenn der Betroffene andere Personen durch krankhafte Verkennung angreift, unkontrolliert am Straßenverkehr teilnimmt oder massiv andere öffentliche Rechtsgüter gefährdet, z.B. aufgrund alkohol- oder drogenbedingter Störungen oder auch Persönlichkeitsstörungen. 

16. KEIN STRAFRECHTLICHER HAFTBEFEHL: DIE VERSCHIEDENEN FORMEN DES GEWAHRSAMS

16.1 Arten des Gewahrsams

a) sie die Begehung der Tat angekündigt oder dazu aufgefordert hat oder Transparente oder sonstige Gegenstände mit einer solchen Aufforderung mit sich führt; dies gilt auch für Flugblätter solchen Inhalts, soweit sie in einer Menge mitgeführt werden, die zur Verteilung geeignet ist, oder

b) bei ihr Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände aufgefunden werden, die ersichtlich zur Tatbegehung bestimmt sind oder erfahrungsgemäß bei derartigen Taten verwendet werden, oder ihre Begleitperson solche Gegenstände mit sich führt und sie den Umständen nach hiervon Kenntnis haben musste, oder

c) sie bereits in der Vergangenheit mehrfach aus vergleichbarem Anlass bei der Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit als Störer betroffen worden ist und nach den Umständen eine Wiederholung dieser Verhaltensweise zu erwarten ist, oder

Jedoch ist diese Maßnahme als ultima ratio zu verstehen. Im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessenausübung ist stets zu prüfen, ob es nicht mildere gleichwirksame oder bessere Maßnahmen / Minusmaßnahmen zur Verfügung stehen (z.B. Verbringungsgewahrsam).

In der Praxis wird mit dem Präventivgewahrsam vor allem den Dauerdelikten wie Hausfriedensbruch oder Fahren eines Kfz unter Drogen- oder Alkoholeinfluss begegnet.

  • Schutzgewahrsam wird angewandt, um eine Gefahr für Leib und Leben abzuwenden, wenn die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet. Eine allgemeine Gefahr reicht nicht aus. Vielmehr muss es sich um eine konkrete Gefahrenlage handeln. Hierbei ist die Polizei beispielsweise im Falle einer versuchten Selbsttötung, die als Unglücksfall i.S.d. § 323 c StGB anzusehen ist (BGHSt 6, 147), nicht nur zum Einschreiten befugt, sondern sogar verpflichtet (vgl. VG Karlsruhe, NJW 1988, 1536, mit Anm. Herzberg, JZ 1988, 182; tlw. strittig).
  • Verbringungsgewahrsam, Durchsetzungsgewahrsam kann dann unter Umständen mithilfe unmittelbaren Zwanges gegen den Willen der betroffenen Person durchgesetzt werden, um Personen gegen ihren Willen beispielsweise mit Dienstfahrzeugen an einen entfernten Ort verbracht, um die Fortdauer einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu verhindern. Diese Form des Gewahrsams ist nur zulässig, wenn andernfalls eine Gefahr für erhebliche Rechtsgüter droht (BayVGH, NVwZ 1991, 711). Insofern muss die Gefahr bereits konkret sein. Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein. Zu beachten sind Wetter, körperlicher Zustand des Störers etc.
  • Zuführungsgewahrsam dient dazu Minderjährige, die sich der Obhut der oder des Sorgeberechtigten entzogen haben, wieder den Sorgeberechtigten, einer Fürsorgestelle oder dem Jugendamt zu zuführen. Der Zuführungsgewahrsam ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, welche dem Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen dient.
  • Rückbringungsgewahrsam dient dazu Personen, die dem Vollzug einer Untersuchungshaft oder einer Freiheitsstrafe entwichen sind, können ebenfalls in Gewahrsam genommen werden.

Der Betroffene ist dem Richter innerhalb von 48 Stunden vorzuführen und kann je nach den landesgesetzlichen Regelungen bis zu 7 Tage, in Bayern bis zu 14 Tagen in Gewahrsam gehalten werden.

16.2 Rechtsgrundlage und Dauer des Gewahrsams

Die Rechtsgrundlage ist in den Polizeigesetzen der Länder normiert. Im Gegensatz zur polizeiliche Ingewahrsamnahme spätestens nach Ablauf des folgenden Tages (= spätestens nach 48 Stunden) enden muss, wenn kein Richter die Freiheitsentziehung durch Haftbefehl,  Unterbringungsbeschluss,etc. bestätigt (Art. 104 Abs. 2 und 3 GG), kann durch einen Richter eine Verlängerung des Präventivgewahrsams (Sicherungsgewahrsam, Sicherheitsgewahrsam, Unterbindungsgewahrsam, Verhütungsgewahrsam oder Vorbeugegewahrsam) nach den jeweils geltenden landesrechtlicher Regelungen  bis zu 14 Tagen anordnet werden. Die Höchstdauer des Gewahrsams ist je nach Bundesland abweichend (Baden-Württemberg: § 28 PolG (max. 14 Tage); Berlin: §§ 30, 31, 33 ASOG (max. 1 Tag); Niedersachsen: §§ 18, 19, 21 SOG (max. 10 Tage); Rheinland-Pfalz: §§ 14, 15, 17 Abs. 2 POG (max. 7 Tage)).

Der Präventivgewahrsams (Sicherungsgewahrsam, Sicherheitsgewahrsam, Unterbindungs-gewahrsam, Verhütungsgewahrsam oder Vorbeugegewahrsam) wird damit begründet, dass durch die Ingewahrsamnahme die mittelbare / vermutete Gefahr der Verübung / Begehung einer Straftat durch die betroffene Person verhindert werde.

17. Wann liegt welche Art der Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentziehung vor?

Faktisch ist der Präventivgewahrsam wegen nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar drohender Straftaten eine Maßnahme des Feindstrafrechts und als Verletzung rechtsstaatliche Grundsätze und als zumindest verfassungsrechtlich bedenklicher Eingriff in die Freiheitsrechte zu werten, da es sich um eine Freiheitsentziehung ohne Straftat handelt. Der Prävention einer nicht konkretisierten Straftat wird der Vorrang vor dem Rechtsstaat eingeräumt.

Die Frage, ob ein Haftbefehl oder eine andere freiheitsentziehende Anordnung vorliegt, kann durch einen Rechtsanwalt beantwortet werden, der Akteneinsicht beantragt, verbunden mit der vorherigen Anfrage, ob bereits ein Ermittlungs-, Freiheitsentziehung-, Einweisungsverfahren etc. vorliegt. Auch hier kann aber - sofern die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind - die Akteneinsicht verweigert werden.

Liegt ein Haftbefehl vor, haben die Polizeibeamten Zugriff auf die Daten, vorausgesetzt die jeweiligen Staaten haben das Schengener Abkommen unterzeichnet. Dänemark gehört zu diesen Ländern. Neben Nachnamen, Vornamen, Aliasnamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Geschlecht und Nationalität steht auch der Grund der Eintragung im Schengener Informationssystem (SIS), also auch der Haftbefehl. Des Weiteren werden dort Besonderheiten vermerkt wie die Tatsache, ob die Person tätowiert, gewalttätig, bewaffnet ist etc.. Die Auslieferung richtet sich nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen und wird danach auch von den Ländern der Ostblockstaaten durchgeführt.

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