Üble Nachrede, § 186 StGB
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- Es sollten frühzeitig Beweismittel (Zeugen, Gedächtnisprotokolle, Fotos, Filme, Aufnahmen von Überwachungskameras) gesichert werden, um etwa die Kausalität oder den vorsätzlichen Verletzungserfolg widerlegen zu können.
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1. Abgrenzung des Tatbestands der üblen Nachrede vom Tatbestand der Beleidigung und der Verleumdung
2. Tathandlung
2.1. Tatgegenstand: Individuum und abgrenzbare Gruppen
2.2. Was ist eine Tatsachenbehauptung
2.3. Vorausetzung Drei-Personen-Verhältnis
2.4. Behaupten oder Verbreiten: Kommunikation als Voraussetzung
2.5. Geeignetheit zur Verächtlichmachung und Herabwürdigung
2.5.1. Was ist Verächtlichmachung oder Herabwürdigung
2.6. Die Kundgabe der Tatsache
2.6.1. Was ist Behaupten
2.6.2. Was ist Verbreiten
3. Subjektiver Tatbestand
4. Nichterweislichkeit der Wahrheit der Tatsache
5. Öffentliche Begehung der Tat oder Begehung durch Verbreiten von Schriften
5.1. Öffentliche Begehung
5.2. öffentliches Verbreiten
6. Rechtswidrigkeit und Schuld
7. Brauche eine Rechtsberatung oder einen Anwalt ?
1. Abgrenzung des Tatbestands der üblen Nachrede vom Tatbestand der Beleidigung und der Verleumdung
Der Tatbestand der üblen Nachrede gemäß § 186 StGB schützt die Reputation respektive den guten Ruf des Opfers, da bestimmte Tatsachenbehauptungen, die nicht erweislich wahr sind und gegenüber Dritten aufgestellt werden, unter Strafe stellt. Bei dem Tatbestand der üblen Nachrede gemäß § 186 StGB trägt der Täter das Risiko, dass die Wahrheit der von ihm aufgestellte Tatsachenbehauptung nicht bewiesen werden kann. Demgegenüber stellt der Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB und Verleumdung gemäß § 187 StGB darauf ab, dass die Behauptung unwahr ist. Folglich macht sich ein Beschuldigter der üblen Nachrede schon dann strafbar, wenn sich im Nachhinein nicht beweisen lässt, ob die von ihm gegenüber Dritten aufgestellte Tatsachenbehauptung wahr ist.
Die Nichterweislichkeit der Wahrheit ist eine objektive Strafbarkeitsbedingung, d.h. der Täter muss nicht wissen, dass die Tatsachenbehauptung nicht beweisbar wahr ist.
Wird die nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptung öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften im Sinne des § 11 Abs. 3 StGB begangen, so liegt eine Qualifikation des Tatebstandes der üblen Nachrede vor.
2. Tathandlung
Der Tatbestand der üblen Nachrede gemäß § 186 setzt voraus, dass der Täter in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist.
2.1. Tatgegenstand: Individuum und abgrenzbare Gruppen
Gegenstand der üblen Nachrede oder taugliche Tatobjekte sind wie bei der Beleidigung einzelne Personen z.B. unter einer Kollektivbezeichnung oder Kollektive Gruppen, d.s. Gruppen, die sich einer gemeinsamen Sache oder Überzeugung verschreiben.
2.2. Was ist eine Tatsachenbehauptung
Es muss sich um Tatsachenbehauptungen, d.h. einem objektiven Beweis durch Zeugen, Sachverständige, Urkunden, Augenschein, Protokolle zugängliche Behauptungen. Werturteile scheiden aus und werden gegebenenfalls durch den Tatbestand der Beleidigung erfasst.
2.3. Voraussetzung Drei-Personen-Verhältnis
Die Tatsache muss „in Beziehung auf einen anderen“ folglich in einem Drei-Personen -Verhältnis behauptet oder verbreitet werden, sodass Tatsachenbehauptungen gegenüber dem Betroffenen selbst nur Beleidigungen sein können.
2.4. Behaupten oder Verbreiten: Kommunikation als Voraussetzung
Die Tatsache über den Betroffenen muss der Täter gegenüber einem Dritten kommuniziert haben. Die Schaffung einer kompromittierenden Sachlage wird nicht von Tatbestand der üblen Nachrede erfasst.
Der / die Verlassene einer Beziehung, der sich unter dem Namen eines anderen, hier dem ehemaligen Beziehungspartners durch anonyme Behauptungen, Eintragungen in politischen, sozialen oder kompromittierenden Plattformen z.B. Sexplattformen in den sozialen Medien rächen möchte und dadurch unerwünschte Reaktionen und Kontaktaufnahmen bei der betroffenen Person veranlasst, begeht keine üble Nachrede, da er unter der Identität des „Anderen“ und nicht ersichtlich „in Beziehung auf einen anderen“ handelt. Es fehlt am Drei-Personen-Verhältnis. Es kommt jedoch eine Strafbarkeit wegen Nachstellung gemäß § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB und Beleidigung in mittelbarer Täterschaft durch Dritte gemäß § 185 StGB in Betracht
2.5. Geeignetheit zur Verächtlichmachung und Herabwürdigung
Die Tatsache muss geeignet sein, den anderen verächtlich zu machen oder ihn in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Hier kommt es allein auf die Kundgabe einer ehrenrührigen Tatsache an. Die Unwahrheit der Tatsache muss im objektiven Tatbestand hingegen nicht festgestellt werden. Es kommt allein auf die Ehrenrührigkeit an.
2.5.1. Was ist Verächtlichmachung oder Herabwürdigung
Eine Tatsache ist zur Verächtlichmachung eines anderen geeignet, wenn die betroffene Person durch die Behauptung der Verletzung ethischer, moralischer, gesellschaftlicher / sozialer Pflichten als verachtenswert dargestellt wird.
Herabwürdigung bedeutet, jeamnden etwas Negatives, Entwertendes, Ehrabschneidenes nachsagen, ehtisch, moralisch, sozial Standards oder Rechte absprechen, unterstellen, ins Gerede bringen, negative Behauptungen in die Welt setzen, Lügen verbreiten, in Verruf bringen, schlecht reden, · schlechtmachen, verleumden oder verunglimpfen.
Die Geeignetheit der Tatsache zur Verächtlichmachung oder Herabwürdigung bedingt nicht, dass diese Tatfolge tatsächlich eintritt.
2.6. Die Kundgabe der Tatsache
Die Kundgabe der Tatsache erfolgt gemäß § 186 StGB durch ein Behaupten oder Verbreiten.
2.6.1. Was ist Behaupten
Behaupten bedeutet, etwas mit Bestimmtheit und nach eigener Überzeugung oder Wahrnehmung als richtig und wahr darstellen, obgleich der Behauptende es nur vom Hörensagen weiß. Es genügt in diesen Fällen, dass sich der Erklärende den Tatsachengehalt zueigen macht.
Das tatbestandsmerkmal des Behauptens umfasst, etwas nahe legen, Äußerung eines Verdachts liegen, suggestiver (=vorgebender, sich selbst in bestimmter Weise beantwortender) Fragen oder Insinuierung (= Nahelegen, Unterstellung, Andeutung) einer Schlussfolgerung.
2.6.2. Was ist Verbreiten
Unter Verbreiten ist die Weitergabe einer fremden Äußerung zu verstehen.
Im Gegensatz zu demjenigen, der eine Tatsache behauptet, macht sich derjenige, der eine Tatsachenbehauptung verbreitet die behauptete Tatsache nicht zueigen. ,Der Täter muss folglich nicht für die Richtigkeit der Aussage einstehen. Vielmehr gibt er die Tatsachenbehauptung als eine fremde Äußerung weiter. Der Täter kann sich nicht dadurch entlasten, dass er sich ausdrücklich von diesen Äußerungen distanziert.
Der Täter behauptet gegenüber Dritten, dass gegen eine diese bekannte Person wegen Kinderpornografie oder Kindesmissbrauch ermittelt werde. Diese Behauptung verbreitet er, indem er erklärt, dass er selbst dies nicht glaube, aber die Dritten dieses Gerücht kennen sollten.
Eine Strafbarkeit wegen übler Nachrede kommt hier unabhängig davon, dass der Verbreiter die Tatsachenbehauptung als Gerücht bezeichnet und sich davon distanziert hat, in Betracht.
3. Subjektiver Tatbestand
Im subjektiven Tatbestand genügt für die üble Nachrede die billigende Inkaufnahme bezüglich der Tathandlung.
4. Nichterweislichkeit der Wahrheit der Tatsache
Objektive Bedingung der Strafbarkeit, die nicht vom Wissen und Wollen des Täters erfasst werden muss, die die Frage, ob die vom Täter behauptete Tatsache erwiesenermaßen wahr ist.
Ist die Tatsache erwiesenermaßen wahr, so ist der Täter gemäß § 186 StGB straflos; es sei denn es liegt gleichzeitig eine Formalbeleidigung gemäß § 192 StGB vor, z.B. B arbeite als Hure, wenn B als Prostituierte arbeitet. Lässt sich die Wahrheit der Tatsachenbehauptung nicht feststellen, so gilt die Tatsache als nicht erweislich wahr, mit der Folge, dass eine Strafbarkeit wegen übler Nachrede gemäß § 186 StGB in Betracht kommt.
Bei einem Wahrheitsbeweis durch Strafurteil gemäß § 190 StGB ist im Falle, dass die behauptete oder verbreitete Tatsache eine Straftat ist (A hat B vergewaltigt, ist wahr), der Beweis der Wahrheit erbracht, wenn der Beleidigte wegen dieser Tat rechtskräftig verurteilt worden ist. Demgegenüber ist der Beweis der Wahrheit ausgeschlossen, wenn der Beleidigte vor der Behauptung oder Verbreitung der Tatsachenbehauptung rechtskräftig freigesprochen worden ist.
5. Öffentliche Begehung der Tat oder Begehung durch Verbreiten von Schriften
Wird die üble Nachrede öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften im Sinne des § 11 Abs. 3 StGB begangen, so erhöht sich der mögliche Strafrahmen auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.
5.1. Öffentliche Begehung
Die üble Nachrede ist öffentlich erfolgt, wenn sie von einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten oder durch nähere Beziehung nicht verbundenen Personenkreis unmittelbar wahrgenommen werden kann.
Inwieweit der fragliche Tatort öffentlich zugänglich ist, spielt keine Rolle. Handelt es sich aber um eine geschlossene Gesellschaft, so sind die gerade genannten Voraussetzungen der Definition nicht erfüllt.
5.2. Öffentliches Verbeiten
Eine öffentliche Verbreitung kann durch Bereitstellung der Äußerungen in den sozialen Medien oder durch Äußerungen im Rundfunk oder Fernsehen bewirkt werden.
Beim Verbreiten durch Schriften müssen Sie § 11 Abs. 3 StGB beachten, wonach Ton- und Bildträger, Datenspeicher und Abbildungen den Schriften gleichstehen.
6. Rechtswidrigkeit und Schuld
Die Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB kann als besondere Rechtfertigung die Rechtswidrigkeit entfallen lassen. Ein schuldhafte Begehen wird im allgemenen gegeben sein.
7. Brauche ich eine Rechtsberatung oder einen Anwalt ?
An der Komplexität des Tatbestandes der üblen Nachrede erkennen Sie, dass bei einer Vorladung eine Verteidigung gegen diesen Vorwurf anwaltliche Hilfe das Risko einer Verurteilung minimieren kann. Denn bei dem Tatbestand ist die Strafbarkeit der üblen Nachrede bereits ehrenrührige Tatsachen ins blaue Hinein strafbar sind, die nicht erweislich wahr sind. Rufen Sie uns an. Tel, 39 14 08 oder lauenburg@ihr-anwalt-hamburg.de.
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