Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB)

Unsere Empfehlung:

  • Sie haben eine Vorladung erhalten oder eine Hausdurchsuchung erdulden müssen.
  • Gehen Sie nicht auf Vorladung zur Polizei !
  • Machen Sie keine Angaben !
  • Füllen Sie den Anhörungsbogen nichts aus !
  • Versenden Sie nicht den Anhörungsbogen !
  • Vereinbaren Sie einen Termin mit einem Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Strafrecht.
  • Sie sind weder als Beschuldigter noch als Zeuge verpflichtet vor der Polizei zu erscheinen.
  • Schweigen ! Schweigen ! Schweigen ! Reden Sie nicht mit der Polizei !

Jede unkontrollierte Informationshereingabe in das Ermittlungsverfahren führt Sie ihrer Verurteilung zu !

Sofort-Kontakt:

LAUENBURG | KOPIETZ | HERZOG | HOFFMANN
     Rechtsanwälte     Strafverteidigung

Tel.: 040 / 39 14 08 (Rückruf-Service)
oder Anwaltsnotdienst außerhalb unserer Bereitschaften.

JETZT TERMIN  VEREINBAREN

E-Mail: lauenburg@ihr-anwalt-hamburg.de oder Kontaktformular 

Anfahrt mit dem Pkw oder ÖPNV.

1. Die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren bestraft.
2. Was ist eine Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes?
3. Normzweck: Schutz der nicht öffentlicher Äußerungen / Aussagen
4. Die Aussage muss geeignet sein, berechtigte Interessen des Betroffenen zu beeinträchtigen
5. Wodurch kann die Vertraulichkeit des Wortes verletzt werden?
5.1. Unbefugtes Aufnehmen (§ 201 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB)
5.2. Gebrauchen oder einem Dritten zugänglich machen (§ 201 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB)
5.3. Abhören mit einem Abhörgerät (§ 201 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB)
5.4. Das öffentliche Mitteilen des Inhalts einer Aufnahme bzw. des Abgehörten (§ 201 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB)
6. Wann ist die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nicht rechtswidrig und damit straflos ?
7. Ist das Belauschen oder heimliche Ton- und/ oder Videoaufnahmen von Skype-, Zoom-, Teamsgesprächen strafbar?
8. Darf man Polizeieinsätze filmen? 
9. Zivilrechtliche Folgen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes
10. Antragsdelikt und öffentliches Interesse, Antragsrecht der Erben
11. Verfolgungsverjährung bei Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes § 201 StGB
12. Sie haben eine Vorladung wegen des Vorwurfes der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes erhalten?

1. Die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren bestraft.

Wird die Vertraulichkeit des Wortes als Amtsträger oder als Verpflichteter für den öffentlichen Dienst verletzt, droht gemäß § 201 Abs. 3 StGB eine Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren.

2. Was ist eine Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes?

Die Vertraulichkeit des Wortes kann man auf verschiedene Weisen verletzen.

Gemäß § 201 StGB ist die unbefugte Aufnahme und das unbefugte Abhören oder eine unbefugte Aufnahme zu gebrauchen, Dritten zugänglich zu machen oder öffentlich mitzuteilen, strafbar.

Strafgesetzbuch (StGB)
§ 201 Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt 

  1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder
  2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt

  1. das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen mit einem Abhörgerät abhört oder
  2. das nach Absatz 1 Nr. 1 aufgenommene oder nach Absatz 2 Nr. 1 abgehörte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen im Wortlaut oder seinem wesentlichen Inhalt nach öffentlich mitteilt.

Die Tat nach Satz 1 Nr. 2 ist nur strafbar, wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen. Sie ist nicht rechtswidrig, wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Amtsträger oder als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter die Vertraulichkeit des Wortes verletzt (Absätze 1 und 2).

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) Die Tonträger und Abhörgeräte, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können gemäß  § 74a StGB eingezogen werden.

3. Normzweck: Schutz der nicht öffentlicher Äußerungen / Aussagen

Geschützt wird das Selbstbestimmungsrecht der Reichweite des eigenen gesprochenen Wortes im Rahmen des Schutzes des höchstpersönlichen Lebensbereichs und des Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 1, 2, 5 Abs. 2 GG sich ungezwungen frei und privat zu äußern und auf die Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes und des unumkehrbaren Verhallens vertrauen zu können. 

Eine Vertraulichkeit des Wortes besteht sinngemäß nicht bei Äußerungen in einem öffentlichen Rahmen. Dennoch dürfen Gespräche von Privatpersonen im öffentlichen Raum - ohne Rechtfertigung gemäß § 201 Abs. 4 StGB oder im Rahmen der Notwehr, Nothilfe, zur Beweissicherung von Straftaten, Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB - ohne Zustimmung oder Genehmigung der Betroffenen insbesondere bei Äußerungen zum höchstpersönlichen Lebensbereich nicht aufgenommen werden. 

Die Vertraulichkeit einer gesprochenen Aussage oder mündlichen Äußerung wird als Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs, des informationellen Selbstbestimmungsrecht und Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 1, 2, 5 Abs. 2 GG geschützt. In der Regel darf nicht jeder allgemein und willkürlich aufgenommen werden, da dies die Freiheitsrechte, der Schutz von Informationen über und des höchstpersönlichen Lebensbereichs, der Persönlichkeitsrechte des Individuums verletzt oder verletzen kann.

In der Regel kann eine Aussage oder Äußerung nach deren Verhallen bzw. Verklingen nicht mehr wahrgenommen werden. 

Unter Umständen kann eine Aussage oder Äußerung durch Zeugen vom Hörensagen wörtlich oder sinngemäß wiedergegeben, nicht aber wortgetreu. Mitschriften in wörtlicher Rede haben eher den Charakter eines Inhaltsprotokolls als eines Wortprotokolls, weil erfahrungsgemäß schneller gesprochen wird, als die Äußerungen aufgeschrieben werden können. 

Das Abhören von Telefongesprächen ist grundsätzlich unzulässig und nur z.B. auf staatsanwaltliche Anordnung bei Gefahr im Verzug oder gerichtlichen Telekommunikationsüberwachungsbeschluss oder gemäß § 201 Abs. 2 Satz 3 StGB, § 32 ff. StGB erlaubt, wenn 

  • einerseits nicht der höchstpersönliche Lebensbereich respektive der Kernbereich seiner persönlichen Lebensgestaltung des Abgehörten berührt werden und
  • andererseits die betroffenen Rechtsgüter desjenigen, der das Gespräch abhört, aufnimmt oder abhören oder aufnehmen lässt, die grundrechtlich geschützten Rechtsgüter des Abgehörten oder Aufgenommen deutlich überwiegen. 

„Die Wiedergabe und Verwertung von Telefongesprächen, die von Dritten mitgeschnitten wurden, ist schlechthin unzulässig, soweit der Inhalt dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, der sogenannten Intimsphäre, zugeordnet werden muss. Gesprächsteile, die nicht dem Kernbereich privater Sphäre angehören, können verwertet werden, wenn die Interessen der Allgemeinheit im Verhältnis zu den grundrechtlich geschützten Belangen der Gesprächspartner so überwiegen, dass eine Verwertung der Tonbandaufnahmen als zulässig anzusehen ist.“ – Bayerisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 20. Januar 1994, Aktenzeichen 5 St RR 143/93.

„a) Zu dem von Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG - u. a. - geschützten Recht am gesprochenen Wort gehört auch die Befugnis, selbst zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt einzig dem Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein soll. 

b) Der Schutz des Rechts am gesprochenen Wort hängt weder davon ab, ob es sich bei den ausgetauschten Informationen um personale Kommunikationsinhalte oder gar um besonders persönlichkeitssensible Daten handelt, noch kommt es auf die Vereinbarung einer besonderen Vertraulichkeit des Gesprächs an. 

c) Allein das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, reicht nicht aus, um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der anderen Prozesspartei zu rechtfertigen. 

d) Stellt die Vernehmung eines Zeugen über ein von ihm belauschtes Telefonat einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Gesprächspartners dar, kommt eine Verwertung der Aussage als Beweismittel im zivilgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht.“ – Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Februar 2003, Az. XI ZR 165/02. NJW 2003, 1727

Gemäß § 201 StGB soll das Vertrauen des Einzelnen und der Allgemeinheit geschützt werden, dass eine Meinung oder auch Unsinn frei ausgesprochen werden können und diese mündlichen Äußerungen verhallen und unmittelbar vergänglich und flüchtig sind, d.h. nur in dem Moment ihrer Aussprache gegenwärtig sind und nicht aufgenommen und gespeichert werden. Damit wird die Unbefangenheit verbaler Kommunikation geschützt.

Dieses Vertrauen ist bei Äußerungen in der Öffentlichkeit naturgemäß geringer als in der eigenen Wohnung.

Demgegenüber findet beim Schreiben als verkörperte Gedankenerklärung eine stärkere gedankliche Kontrolle statt, bei der sich der Urheber und Autor des Geschriebenen sich des Risikos bewusst ist, dass die verkörperte Erklärung durch Dritte zur Kenntnis genommen werden kann.

4. Die Aussage muss geeignet sein, berechtigte Interessen des Betroffenen zu beeinträchtigen

Gemäß § 201 Abs. 2 Satz 2 StGB (Bagatellklausel) ist nicht jede unbedeutende Aussage oder Alltagsäußerung geschützt, dass deren öffentliche Wiedergabe bestraft wird.

Denn die öffentliche Wiedergabe einer Äußerung im Wortlaut oder als wesentlicher Inhalt der Aussage muss gemäß § 201 Abs. 2 S. 2 StGB dazu geeignet sein, „berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen“.

Unabhängig davon ist das Abhören und Aufnehmen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes strafbar.

5. Wodurch kann die Vertraulichkeit des Wortes verletzt werden? 

Die Vertraulichkeit des nichtöffentlich gesprochenen Wortes kann auf verschiedene Weise verletzt werden.

Der Täter muss unbefugt, d.h. gegen den Willen des Betroffenen, vertragswidrig oder rechtswidrig, ohne rechtsfertigenden Grund gemäß § 201 Abs. 2 Satz 3 StGB, § 32 ff StGB aufgrund von Notwehr, Nothilfe handeln. Ein Rechtfertigungsgrund ist der Schutz oder die Abwehr eines Angriffes auf eigene in widerstreitender Abwägung schwerer wiegender Verletzungen grundrechtlich geschützter Rechtsgüter.

Ein Einverständnis der aufgenommenen Person schließt eine Strafbarkeit aus. 

5.1. Unbefugtes Aufnehmen (§ 201 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB)

Unbefugtes Aufnehmen ist das heimliche Aufnehmen eines Gesprächs strafbar? Es ist strafbar, unbefugt eine Aufnahme von einer nichtöffentlichen Aussage einer anderen Person auf einem Tonträger herzustellen (§ 201 Abs.1 Nr.1 StGB).

Ein Tonträger ist jedes Medium, auf das gesprochene Wort gespeichert und anschließend abgespielt werden kann. Ein Abspielgerät kann ein Smartphone sein.

Wie oben ausgeführt, wird das Selbstbestimmungsrecht der Reichweite des eigenen gesprochenen Wortes als Teil des Schutzes des höchstpersönlichen Lebensbereichs und Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 1, 2, 5 Abs. 2 GG, sich ungezwungen frei und privat zu äußern und auf die Flüchtigkeit der Äußerung und deren Verhallen vertrauen zu können, geschützt. 

Dies bedeutet, dass die Strafnorm sowohl gegen heimliche Aufnahmen des gesprochenen Wortes als auch während des Sprechens bemerktes, aber nicht geduldetes Aufnehmen des gesprochenen Wortes insbesondere bei Berufsgeheimnisträgern gemäß § 53 StPO wie Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Psychologen, Priester etc., schützt. Die Aufnahme muss also nicht heimlich erfolgen.

Ein Journalist, der das Büro also einen geschützten Bereich betritt oder ein erkennbar privates Gespräch des Betroffenen mit einem sichtbaren Mikrofon proaktiv (= vorausplanend, zielgerichtet) aufsucht und wider den Willen des Betroffenen aufgezeichnet, verletzt die Vertraulichkeit des Wortes. Vgl. OLG Thüringen, Urteil v. 24.04.1995 – 1 Ss 184/94 in NStZ 1995,

5.2. Gebrauchen oder einem Dritten zugänglich machen (§ 201 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB)

Wer eine unbefugt aufgenommene Tonträgeraufnahme des gesprochenen Wortes gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht, macht sich strafbar. Dabei muss der Täter die Tonaufnahme nicht selbst angefertigt haben. Es genügt die Verwertung der Aufnahme. Das Gebrauchen der Tonaufnahme ist das Abspielen.

Die Tatvariante 2, in welcher der Täter das gesprochene Wort einem Dritten zugänglich macht, ist bereits durch Abspielen vor einer dritten Person und natürlich durch Veröffentlichung in einem Medium z.B. Internet, Podcast etc. erfüllt.
Denn Zugänglichmachen ist das Ermöglichen der Kenntnisnahme. Ermöglichen bedeutet, dass der Dritte die Aufnahme nicht tatsächlich zur Kenntnis nimmt, sondern nehmen könnte.

5.3. Abhören mit einem Abhörgerät (§ 201 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB)

Das unbefugte Belauschen eines nicht öffentlichen Gespräches mithilfe eines Abhörgerätes ist gemäß § 201 Ab. 2 Nr. 1 StGB  strafbar, wenn das Gesprochene nicht zur Kenntnisnahme des Belauschenden bestimmt ist. Dabei muss sich der Täter tatsächlich eines Abhörgerätes bedienen. Ein Lauschen an der Wand mittels der eigenen Ohren ist nicht strafbar.

5.4. Das öffentliche Mitteilen des Inhalts einer Aufnahme bzw. des Abgehörten (§ 201 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB)

Das öffentliche Mitteilen der unbefugt hergestellten Tonbandaufnahme oder des unbefugt mit einem Abhörgerät Abgehörten ist folgerichtig ebenfalls strafbar. Dafür genügt die Veröffentlichung des genauen Wortlauts des unbefugt Aufgenommenen oder Abgehörten auch wenn nur der wesentliche Inhalt des Gesprochenen veröffentlicht wird. Es bedarf für eine Strafbarkeit in diesem Falle nicht des Abspielens der Aufnahme.

Für das öffentlich Mitteilen genügt die Veröffentlichung auf einer Plattform oder in sozialen Medien, die definitionsgemäß für eine meist unbestimmte Vielzahl von Personen zugänglich sind (vgl. BT Drucksache 11/6714 S.3).

6. Wann ist die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nicht rechtswidrig und damit straflos ?

Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Verletzung der Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes unter Abwägung der betroffenen Rechtsgüter bzw. Grundrechte und Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt.

 § 201 Abs. 2 Satz 3 StGB regelt Ausnahmen im Verhältnis zur Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art.5 GG , welche die öffentliche Mitteilung einer unbefugt abgehörten oder aufgenommenen Aussage rechtfertigen respektive die Rechtswidrigkeit entfallen lassen.

Dies gilt, wenn „die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird“ (§ 201 Abs. 2 S. 3 StGB).

Aus der Formulierung ergibt sich, dass in einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Interessen und geschützten Rechtsgüter, nämlich der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs und Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 1, 2, 5 Abs. 2 GG, § 201 StGB einerseits und gemäß § 201 Abs. 2 Satz 3 StGB, §§ 32 ff. StGB die Grundrechte wie die Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte, freie Entfaltung, körperliche Unversehrtheit, Familie, Eigentum, Vermögen, Gleichheitsrechte, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit usw. andererseits, den Schutz der Rechtsgüter des § 201 StGB überwiegen. Das können in nicht abschließender Aufzählung folgende Fälle sein:

  • Meinungs- und Pressefreiheit bei Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecke, z.B. Aufdeckung von Missständen, illegale Spenden, demonstrierte Verfassungstreue in der Öffentlichkeit bei intern geplanten Demokratieabbau, Vermischungen politischer und wirtschaftlicher Interessen der Beteiligten
  • Aufdeckung oder Abwehr von Straftaten
  • Prozessbetrug vor Gericht
  • Kunstfreiheit
  • Wissenschaftsfreiheit, Forschung, Lehre 

7. Ist das Belauschen oder heimliche Ton- und/ oder Videoaufnahmen von Skype-, Zoom-, Teamsgesprächen strafbar?

Das Belauschen eines Gespräches ist dann strafbar, wenn technische Hilfsmittel verwandt werden. Das Belauschen eines nicht öffentlichen Gespräches mit den eigenen Ohren ist nicht strafbar. 

Das heimliche Abfilmen von Videochats, Sexvideochats,  Zoommeetings am Laptop oder Handy mit einen (zweiten) Handy oder Kamera ist akustisch gemäß § 201 StGB hinsichtlich des Filmens nur bei Intim-, Sexvideos, Aufnehmen des höchstpersönlichen Lebensbereichs unter Verletzung von Persönlichkeitsrechten gemäß § 201a StGB strafbar, wenn dies nicht erlaubt wurde. 

8. Darf man Polizeieinsätze filmen? 

Polizeieinsätze sind grundsätzlich öffentlich-rechtliches Handeln und damit ohne weiteres videografierbar. Mit dem Video ist jedoch regelmäßig die Aufnahme des gesprochenen Wortes verbunden. Handelt es sich um öffentliche Anordnungen der Polizei, dürfen diese aufgenommen werden. Werden jedoch polizeiliche Maßnahmen bei einem Beschuldigten vorgenommen, kann deren akustische Aufnahme bzw. Tonaufnahme des Polizeieinsatzes die Vertraulichkeit des Wortes zum Nachteil des Festgenommenen oder Beschuldigten in strafbarer Weise verletzen; es sei denn, dass der Festgenommene oder Beschuldigte z.B. allgemein, zur Wahrnehmung seiner berechtigter Interessen oder Verletzung seiner Beschuldigtenrechte mit der Tonaufnahme einverstanden ist oder die Polizei rechtswidrig handelt.

Entscheidend ist hier, ob eine begrenzte geringere Anzahl von ca. höchstens 10- 15 Personen das Gespräch wahrnehmen kann. Dann ist die Äußerung nicht - öffentlich.

Erfolgt die Äußerung öffentlich, kann keine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes vorliegen, wenn faktisch eine Öffentlichkeit besteht.

Maßgeblich ist zur Bestimmung der Öffentlichkeit – so das LG Osnabrück – nicht, dass das Gespräch ohnehin von vielen Personen gehört wird, sondern ob dies möglich ist (Vgl. LG Osnabrück (10. Große Strafkammer), Beschluss v. 24.09.2021 – 10 Qs/120 Js  32757/21 – 49/21 in BeckRS 2021, 28838)

9. Zivilrechtliche Folgen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes

Die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes kann im Rahmen unerlaubter Ton- und Videoaufnahmen Schadensersatzansprüche, Löschungsansprüche, Unterlassungsansprüche und Schmerzensgeldansprüche sowie urheberrechtliche Schadenersatzansprüche begründen.

Grundsätzlich findet auch hier eine Abwägung der widerstreitenden Interessen und beeinträchtigten Rechtsgüter und Grundrechte statt. Dabei können die Eingriffe in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht durch Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB, § 201 Abs. 2 Satz StGB und im Rahmen der Notwehr, der Nothilfe, des rechtfertigenden und entschuldigenden Notstand gemäß §§ 32 StGB und anderer zivilrechtlicher Abwehrrechte, die bei Abwägung gegeneinander das Allgemeine Persönlichkeitsrecht überwiegen, gerechtfertigt sein und damit einen Schadenseratzanspruch ausschließen.

10. Antragsdelikt und öffentliches Interesse, Antragsrecht der Erben

In der Regel ist gemäß § 205 StGB wie den §§ 201 ff StGB ein Strafantrag notwendig, damit die Tat strafrechtlich verfolgt wird.
Denn in den Fällen des § 201 Abs. 1 und 2 StGB und der §§ 202, 203 StGB und § 204 StGB wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Der Antrag muss gemäß § 77b StGB innerhalb einer Frist von 3 Monaten ab Kenntnis gestellt werden.

Stirbt der Verletzte, so geht das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 StGB auf die Angehörigen über. Gehört das Geheimnis nicht zum persönlichen Lebensbereich des Verletzten, so geht das Antragsrecht bei Straftaten nach den §§ 203 und 204 StGB auf die Erben über. Offenbart oder verwertet der Täter in den Fällen der §§ 203 und 204 StGB das Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen, so gelten die Sätze 1 und 2 sinngemäß. 

11. Verfolgungsverjährung bei Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes § 201 StGB

Die Verfolgungsverjährung bei Verwirklichung des Tatbestandes der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes StGB (§ 201 StGB) tritt grundsätzlich nach 5 Jahren ein.

12. Sie haben eine Vorladung wegen des Vorwurfes der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes erhalten?

Ein Ermittlungsverfahren wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden, da die angebliche oder tatsächliche Tatbestandsverwirklichung mit einem Strafbefehl mit einer empfindlichen Geldstrafe oder in einer Hauptverhandlung mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bestraft werden kann. Es ist von entscheidender Bedeutung so früh wie möglich in die zu einer Verurteilung neigende Dynamik des Ermittlungsverfahrens einzugreifen und diese zur Not z.B. durch eine außergerichtliche Einigung mit dem Verletzten zu durchbrechen und das Ermittlungsverfahren frühzeitig zur Einstellung zu bringen

Die Verteidigung gegen den Vorwurf der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 StGB entscheidet sich in der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen anhand des möglichst genau rekonstruierten Sachverhalts.

Lag eine mündliche, schriftliche oder konkludente Einwilligung vor ?
Überwogen berechtigte Interessen, Rechtsgüter und Grundrechte die etwaige angebliche oder tatsächliche Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ?
Haben Sie berechtigte Interessen wahrgenommen ?
In welchem Umfeld hat die Aufnahme statt gefunden ?  Handelte es sich um einen öffentlichen, halböffentlichen oder tatsächlich privaten Ort ?

Letztlich hängt davon die Höhe der Strafe ab.

Grundsätzlich gilt für als Betroffenen oder Beschuldigten: Schweigen, Schweigen, Schweigen ! Lassen Sie sich nicht durch Versprechungen oder Ansprache der Polzei oder wegen eines empfundenen Rechtsfertigungsdrucks davon abbringen und verführen, Angaben, die Sie für richtig oder unbedeutend halten, zu machen. Die meisten Betroffenen führen sich durch Informationshereingaben in das Verfahren selbst der Verurteilung zu. 

Sie sind lediglich verpflichtet, soweit die Polizei nicht weiß, wer sie sind, ihre Personalien anzugeben, deren Verweigerung oder Falschangabe lediglich eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 OwiG darstellt. Sie sind nicht verpflichtet bei der Polizei zu erscheinen, schriftliche Angaben zum Sachverhalt oder ihren weiteren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen.

Füllen Sie den Vorladungsbogen nicht aus und versenden Sie diesen nicht.

Rufen Sie uns an oder wenden Sie sich an einen erfahrenen und spezialisierten Anwalt für Strafrecht. Dieser wird Sie bei der Polizei entschuldigen und auf eine etwaige Stellungnahme und/oder Einlassung nach Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft verweisen.

In einer Vernehmungssituation auf dem ureigensten Terrain der Polizei mit der angeblichen oder tatsächlichen Wissensüberlegenheit des Akteninhalts können Sie mit spontanen Antworten auf polizeiliche Fragen, deren Interpretationshintergrund Sie nicht kennen und kontrollieren können, nur verlieren.
Jede unbedeutende Nuance, Gestik oder Mimik, informell geführten Gespräch kann und wird im Zweifel gegen Sie verwandt werden. Lassen Sie sich von ihrem Schweigerecht nicht abbringen. Beauftragen Sie einen versierten Strafverteidiger oder Fachanwalt für Strafrecht.

Nur mit einem versierten Strafverteidiger oder Fachanwalt für Strafrecht und unserer Expertise können Ihnen im Ermittlungs- und Strafverfahren die größtmögliche Freiheit garantieren, einen Überblick verschaffen und Ihnen die Möglichkeit geben, gemeinsam mit Ihnen eine erfolgreiche Verteidigungsstrategie zu erarbeiten und bis zum bestmöglichen Ergebnis durchführen und durchsetzen.