Zwischenverfahren
Unsere Empfehlung:
- Einstellungsmöglichkeiten im Zwischenverfahren nutzen
- wenn sich die Staatsanwaltschaft nicht durch die Verteidigung überzeugen ließ, läßt ggbfs. das Gericht gewinnen und überzeugt die Staatsanwaltschaft.
- Chance erneut die Arguemnte der Verteidigung zu platzieren und Gehör zu verschaffen
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I. Zwischenverfahren
Das Ermittlungsverfahren endet mit der Vorlage der Anklage mit den Akten bei dem zuständigen Gericht mit dem Antrag, das Hauptverfahren zu eröffnen. Damit beginnt das Zwischenverfahren, welches in den §§ 199 bis 211 StPO geregelt ist.
Im Zwischenverfahren prüft das Gericht, ob gegen den Angeschuldigten das Hauptverfahren zu eröffnen ist und ob die Anklage mit welchem Inhalt und rechtlicher Wertung zugelassen werden kann.
Gemäß § 157 StPO wird der / die Beschuldigte nunmehr als Angeschuldigter*e bezeichnet. Mit Ergehen des Eröffnungsbeschlusses mit dem das Gericht über den hinreichenden Tatverdacht hinsichtlich des Tatentwurfs entscheidet, beginnt das Hauptverfahren, mit dem die / der Beschuldigte / Angeschuldigte als Angeklagter*e bezeichnete wird.
Hält das Gericht die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft für lückenhaft oder unvollständig, kann es gemäß § 202 StPO zur Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen, wovon das Gericht nur selten Gebrauch macht. Im Zwischenverfahren kann die Verteidigung, nachdem gemäß § 201 Abs. 1 StPO dem Angeklagten / der Angeklagten die Anklageschrift zugestellt worden ist, Beweiserhebungen beantragen oder Einwendungen gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vorbringen.
Dem Zwischenverfahren kommt eine Kontrollfunktion zu, die darin besteht, dass das für die Hauptverhandlung zuständige Gericht als unabhängige Instanz über den hinreichenden Tatverdacht zu entscheiden hat und zum anderen, dass dem Angeklagten rechtliches Gehör zu gewähren ist.
Ein hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn eine Verurteilung in der Hauptverhandlung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein wird. Diese Überzeugung darf sich das Gericht ausschließlich aufgrund der Beweismittel bilden, die voraussichtlich zulässigerweise dem späteren Urteil zugrunde gelegt werden dürfen.
Eine (vorläufige) Einstellung im Zwischenverfahren kommt in Betracht, wenn
- gemäß § 205 StPO einer Hauptverhandlung die Abwesenheit des Angeschuldigten
- ein anderes in seiner Person liegendes Hindernis (Tod, Krankheit, Verhandlungsunfähigkeit) entgegensteht gemäß § 204 StPO
- das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder ohne deren Antrag wegen einer anderen erfolgten oder zu erwartenden Verurteilung gemäß § 154 Abs. 2 - 4 StPO eingestellt wird
- das Verfahren gemäß § 153, 153 a ff StPO kann das Gericht das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft aus verschiedensten Gründen z.B. mit Auflagen oder Rücknahme der Anklage einstellen oder
- die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird.
Aufgabe der Strafverteidigung ist es, die Überzeugung und die Argumentation, angeblichen Plausibilitäten und kognitiven Verzerrungen der Staatsanwaltschaft zu widerlegen und Zweifel zu streuen, um Staatsanwaltschaft und letztlich das entscheidende Gericht zu einer möglichst günstigen Bewertung des Sachverhalts und Ergebnis (Freispruch, Einstellung, Einstellung mit Auflage, Geldstrafe auf Bewährung, usw.) zu beeinflussen.
Der Anfangsverdacht führt zur Einleitung der Ermittlungen durch die Polizei oder Staatsanwaltschaft. Im Rahmen der Ermittlungen bedienen sich die Ermittlungsbehörden häufig zu enger einseitiger eindimensionaler Tat- und Täterhypothesen, welche den Sachverhalt aufgrund kognitiver Verzerrungen verkürzen und gegenläufige Beweismittel ausblenden und unumkehrbar vernichten und ohne kriminalistische reflektierende Alternativhypothesen den Sachverhalt im Hinblick auf die einseitige Tat- und Täterhypothese verdichten. Die Staatsanwaltschaft verdichtet den Sachverhalt weiter in der Anklageschrift und das Gericht eröffnet das Hauptverfahren, weil es eine Verurteilung für wahrscheinlich hält. Der Rechtsbegriff des hinreichenden Tatverdachts ist jedoch einen erheblichem Ermessensspielraum unterworfen, welches der Verteidigung den Spielraum für eine positive Beeinflussung des Verfahrens zugunsten des Angeschuldigten eröffnet.
Mit der Verteidigungsschrift und Anträgen gegen das Vorliegen dieses Tatverdachts die Anklage und Tatvorwurf angegriffen werden. Die Staatsanwaltschaft kann die Anklage im Zwischenverfahren zurücknehmen, außerdem kann das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen.
Das Zwischenverfahren eröffnet erneut die Möglichkeit den Tatvorwurf anzugreifen und das Verfahren zu dem bestmöglichen Ergebnis zu führen. Dafür ist eine erneute Prüfung und Bewertung jedes Beweismittels notwendig; insbesondere unter dem Aspekt, dass auf den ersten Blick oder tatsächlich entlastende Beweismittel durch die Staatsanwaltschaft und Gericht unter unbedingtem Festhalten am Tatvorwurf belastend umgedeutet oder entwertet werden. Deswegen muss jedes Beweismittel und dessen verfahrenstaktischer Einsatz kritisch hinterfragt und bewertet werden. Insbesondere bei einer Aussage gegen Aussage Konstellation können Beweisanträge zur Glaubhaftigkeit der Belastungszeugen etwa durch Zeugen von Hörensagen, psychischen Erkrankungen der / des Belastungszeugen / -zeugin oder ein Gutachten zur Glaubhaftigkeit entscheidungserheblich sein. Ferner kann die Gesamtheit der Beweismittel ein völlig anderes Bild ergeben, als es die Anklageschrift auf den ersten Blick erwarten lässt. Hinzu tritt, dass im Ermittlungsverfahren das Vorbringen der Verteidigung teilweise nicht berücksichtigt wird. Im Zwischenverfahren geht es darum, dem Gericht die Argumente der Verteidigung erneut nahezubringen und bewerten zu lassen.
II. Bestellung eines Pflichtverteidigers im Zwischenverfahren
Der unverteidigte Angeschuldigte wird mit Zustellung der Anklageschrift für den Fall, dass die Voraussetzungen einer notwendigen Verteidigung gemäß §§ 140 ff. StPO vorliegen, aufgefordert, meist innerhalb einer Woche einen Pflichtverteidiger zu benennen, da andernfalls das Gericht irgendeinen Anwalt beiordnet. Es ist also unbedingt anzuraten, sein Recht eine(n) Verteidiger(in) auszuüben.
III. Die Eröffnung des Hauptverfahrens oder Ablehnung der Eröffnung
Erscheint der Angeschuldigte nach den Ergebnissen des Zwischenverfahrens der ihm vorgeworfenen Straftat hinreichend verdächtig, beschließt das Gericht nach § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens.
Lehnt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ganz oder teilweise ab, kann die Staatsanwaltschaft gegen diesen Beschluss innerhalb einer Woche sofortige Beschwerde gemäß § 210 Abs. 2 StPO erheben.